Eichstätt
Funde in Hülle und Fülle

Der Speckberg als Wunderland für Pflanzen- und Geschichtsfreunde

23.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:26 Uhr

Schwärmt für den Speckberg: Kreisheimatpfleger Karl Heinz Rieder mit seinem Buch am Speckberg. - Foto: lis

Eichstätt/Nassenfels (lis) Bei einer „Familienführung“ stellten Diplombiologin Brigitte Krach und Kreisheimatpfleger Karl Heinz Rieder botanische und archäologische Gegebenheiten um und auf dem Speckberg bei Nassenfels vor, die in Zusammenhang mit einstigen und aktuellen Funden stehen. Eingeladen hatten die Natur- und kulturwissenschaftliche Gesellschaft, die Freunde des Willibald-Gymnasiums Eichstätt sowie die Katholische Erwachsenenbildung.

In deren Namen begrüßte Karl Röttel jene Gäste, die sich trotz der hochsommerlichen Temperaturen eingefunden hatten. Sie wurden für ihr Kommen reich belohnt.

Brigitte Krach brachte Jung wie Alt durch das Betrachten, Befühlen und Riechen an ausgewählten Exemplaren der dort vorhandenen Trockenrasengesellschaft typische Pflanzenarten nahe. Darunter befanden sich beispielsweise das Echte Wiesenlabkraut, die Pastinake, das Johanniskraut, die Graslilie und die Karthäusernelke. Besondere Beachtung fand die Erläuterung zur Namengebung der Wilden Möhre als der Stammform unserer Gelben Rübe. In der Mitte des Blütenstands dieses Doldenblütlers befindet sich eine schwarze Mohrenblüte, woher der Name „Möhre“ rührt. Dies war keinem der Teilnehmer geläufig.

Der renommierte Botaniker Ernst Jochen Krach, der ebenfalls an der Exkursion teilnahm, hat in einer Bestandsaufnahme auf dem Gelände insgesamt 203 Gefäßpflanzen erfasst. Er zeigte als Besonderheit eine Fundstelle von Potentilla pusilla, einer Fingerkraut-Art.

Auf dem Speckberg befindet sich der mit Abstand westlichste Standort dieser Pflanzenart. Sie besitzt auf der gesamten Pflanze, besonders auf der Blattunterseite zwischen den gewöhnlichen Haaren, winzige Sternhaare und kommt auf trockenwarmen Hügeln, von denen der Speckberg einer ist, vor. Um das Pflanzeneldorado des Speckberges weiterhin zu erhalten, müsste das Areal des Speckbergplateaus im nächsten Jahr wieder gemäht beziehungsweise von Ziegen und Schafen beweidet werden, da sonst Verbuschung droht. Kreisheimatpfleger Rieder regte deshalb an, die Marktgemeinde Nassenfels sollte die Fläche nachhaltig freihalten, weil sonst die gezeigten botanischen Kostbarkeiten bald wieder verschwinden würden.

Rieder gab spannende Erläuterungen zum Speckberg als einem bedeutenden Archäotop. Dieses sei die größte steinzeitliche Freilandstation Süddeutschlands und gelte als die am besten untersuchte altsteinzeitliche Freilandfundstelle in Bayern.

Der Fund eines Faustkeils durch den Nassenfelser Schulleiter Oberlehrer Oswald Böhme im Jahre 1961 habe zu der Erkenntnis geführt, dass der Speckberg ein altsteinzeitliches Jagdlager gewesen sei. Das Foto des von Böhme gefundenen Faustkeils ziert den Einband des von Rieder publizierten Buches über den Speckberg. Bei den Grabungen in den Jahren 1964 bis 1968 seien auf dem Areal des Speckbergs etwa 400 000 Steinartefakte geborgen worden. Der Neandertaler sei über 60 000 Jahre immer wieder auf dem Speckberg anzutreffen gewesen. Auch später, vor dem Kältemaximum der letzten Eiszeit, sei das Gelände vom frühen Homo sapiens aufgesucht worden. Von ihm stammen Klingenwerkzeuge, wie Kratzer, Bohrer, Stichel und Spitzen.

Die Jäger und Sammler der ausgehenden Eiszeit vor ungefähr 12 000 Jahren und deren Nachfolger in der Mittelsteinzeit ließen sich anhand von Steinwerkzeugen belegen. Auch aus späteren Zeitläuften sind Objekte nachweisbar: Keramik aus der Jungsteinzeit, Scherben aus der Urnenfelderzeit, ein römischer Denar, bis hin zu einem Augsburger Pfennig aus dem Jahre 1648. Dies belege, dass der Speckberg immer wieder aufgesucht worden sei.