Fürth
Fürth will die Kofferfabrik retten

Keine Panik: Bürgermeister Thomas Jung erklärt Erhalt der Kulturinstitution zur Chefsache

08.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:16 Uhr
Udo Martin ist seit Februar 2007 Leiter der Fürther Kulturstätte und Kneipe Kofferfabrik. −Foto: Wrede

Fürth - Fürth ist zwar kleiner als Nürnberg.

Die Bürgersteige werden abends trotzdem nicht schneller hochgeklappt. Seit 25 Jahren treffen sich die Fürther Nachtschwärmer am liebsten in einem alten Fabrikgebäude. Die "Kofferfabrik" ist mit ihren Lesungen, Flohmärkten, Konzerten und Quizabenden einfach Kult. Vom Punk bis zum Schlipsträger haben wohl fast alle Fürther den roten Ziegelbau mit den verstreuten Bierbänken, Kulturbühnen und Feuertonnen längst zu ihrem Lieblingswohnzimmer erklärt.

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass die Nachricht vom drohenden Aus der Kofferfabrik in Fürth wie eine Bombe eingeschlagen ist. Die Nachrichtenkanäle haben fast kein anderes Thema mehr gekannt. Was ist geschehen? Ein Kündigungsschreiben des Immobilieneigentümers an den privaten Betreiber und aktuellen "Oberkoffer" Udo Martin ist via Presse an die Öffentlichkeit geraten. In dem brisanten Schreiben hatte der fränkische Immobilienbesitzer das mittlerweile 25 Jahre dauernde Mietverhältnis überraschend zum Herbst gekündigt. Hintergrund sollen Pläne der Lauer Immobilien-Service GmbH sein, aus der alten Kofferfabrik eine moderne Seniorensiedlung zu machen.

Nach den Schlagzeilen in den Nachrichten und dem Aufschrei in der Bevölkerung ist Lauer-Geschäftsführer Fredrik Holmberg zurückgerudert und hat von einer "bedauerlichen Verwechslung" gesprochen. Die Kündigung ist damit zunächst vom Tisch. Die Frage, die sich alle in Fürth stellen, lautet lediglich wie lange?

Viele Fürther machen sich wohl so große Sorgen um die Zukunft ihres kulturellen Wohnzimmers, dass Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) die Kofferfabrik schließlich zur Chefsache erklärt und die verunsicherten Kleeblättler mit der Parole "Keine Panik! " beruhigen musste. In Gesprächen mit dem Eigentümer will sich Jung nun höchstpersönlich um die Zukunft der Kultkneipe kümmern.

Der Oberfürther hat auch schon eine Idee, wie der beliebte Kulturtreffpunkt erhalten werden könnte: Mit einem wohl dosierten Schluck aus der Schatulle des Stadtkämmerers sollen notwendige Reparaturen erledigt werden, ohne "den Charme der Kofferfabrik" zu zerstören. In Gesprächen mit dem Eigentümer soll ein Konsens gefunden werden. Schnelle Lösungen sei allerdings nicht zu erwarten. Damit sind wohl zumindest die nächsten drei bis vier Jahre gerettet.

"Mir fällt ein Stein vom Herzen", teilt die Fürther Kulturreferentin Elisabeth Reichert dementsprechend gelöst auf Anfrage mit und verweist darauf, dass der Kulturausschuss aktuell den Entschluss gefasst habe, die Kofferfabrik am jetzigen Standort erhalten zu wollen. "Ich bin stolz darauf, eine Institution wie die Kofferfabrik in Fürth zu haben", sagt Reichert und verweist darauf, dass man die Kofferfabrik wohl eher in Berlin oder Nürnberg aber kaum in Fürth vermuten würde. Am Ende wird freilich der Eigentümer des alten Geländes das letzte Wort haben.

Kofferfabrik-Betreiber Udo Martin drückt trotz der vorerst gelungenen Rettung wohl deshalb noch etwas auf die Euphoriebremse. Die aktuelle Lage sei weiterhin undurchsichtig, weil noch nichts entschieden sei, teilt Martin mit und verweist darauf, dass nicht nur ein paar Abflussrohre kaputt sind. Auch das Dach und die Fenster müssten "dringend saniert" werden. Nicht auszuschließen, dass die Preisfrage am Ende in Fürth über die Zukunft der Kofferfabrik entscheidet.

Ganz vom Tisch scheint die Sache mit der Kündigung noch nicht zu sein. So teilt die Kofferfabrik aktuell auf Facebook mit: "So, Freunde der Nacht, angekündigt wurde zwar die Rücknahme der Kündigung, aber bis jetzt haben wir das immer noch nicht schriftlich. Die Sache ist unserer Meinung nach auch noch lange nicht ausgestanden, auch wenn es auf den ersten Blick so aussehen mag. " Verbunden ist dies mit dem Aufruf, die Petition auf change. org zu unterschreiben: "Teilt sie, wir brauchen weiter eure Unterstützung! "

HK

Nikolas Pelke