Nürnberg
Für alle Nachfolger "Messlatte sehr hoch gelegt"

Nürnbergs scheidender Oberbürgermeister Ulrich Maly glänzt bei seiner letzten Neujahrsrede

10.01.2020 | Stand 23.09.2023, 9:17 Uhr
Alle sind gekommen, um sich den allerletzten Neujahrsempfang mit dem scheidenden Oberbürgermeister Ulrich Maly auf dem Messegelände nicht entgehen zu lassen. −Foto: Pelke

Nürnberg - Mit Spannung ist der letzte Auftritt von Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) beim Neujahrsempfang der Stadt Nürnberg am Mittwochabend in der Messe erwartet worden.

Mit einer rhetorisch ebenso geschickten wie inhaltlich glänzenden Rede hat Maly seinen Auftritt gemeistert.

Alle sind gekommen. Die Crème de la Crème der Stadt hat sich den allerletzten Neujahrsempfang mit dem scheidenden Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) am Mittwochabend auf dem Messegelände nicht entgehen lassen wollen. Um es kurz vorwegzunehmen: Enttäuscht hat Maly den exklusive Zuhörerkreis nicht. Ganz im Gegenteil. Doch der Reihe nach.

Genau 2000 Nürnberger oder 0,4 Prozent der Stadtbevölkerung seien zum Empfang eingeladen worden, hat Klemens Gsell (CSU), Dritter Bürgermeister der Stadt Nürnberg, vorab mitgeteilt. Fast eine halbe Stunde hat Gsell dafür benötigt, die lange Liste der hochkarätigen Ehrengäste namentlich zu begrüßen. Nach genau 27 Minuten klopft Ulrich Maly seinem Stellvertreter anerkennend auf die Schulter und übernimmt das Mikrofon am blumengeschmückten Pult.

Zu Beginn stellt Maly nüchtern fest: "Meine 18. Neujahrsrede ist und bleibt meine letzte. " Eine kleinkarierte Bilanz wolle er zum Abschied nicht ziehen. Wenn er früher alles gewusst hätte, was er heute wisse, hätte er ganz andere Sachen falsch gemacht, sagte Maly und hatte damit früh die Lacher und die Herzen der illustren Gästeschar auf seiner Seite.

Geschickt hat es das Stadtoberhaupt in seiner Rede vermieden, das eigene Wirken in den großen Kontext der Geschichte zu stellen. Stattdessen hat Maly den knapp zweitausend Zuhörern, die sich trotz unterschiedlichster Couleur doch allesamt auf der Sonnenseite der Gesellschaft befinden dürften - ins Gewissen geredet. Für vieles, was der Republik heute die Zornesröte ins Gesicht treibt, sei "ja schon der Begriff der Krise zu hart".

Malys Zwischenfazit lautete folgerichtig: Früher sei nicht alles besser gewesen. "Früher war Korea-Krieg, Kuba-Krise, Vietnam-Krieg, Tschernobyl, Seveso, Mauer in Deutschland, atomares Wettrüsten, Deutscher Herbst, Massenarbeitslosigkeit und schlechtere Luft. " Heute könne in Deutschland stattdessen die "höchste Zahl von Beschäftigung seit der Wiedervereinigung" sowie "das höchste Sparvolumen aller Zeiten" gemessen werden. Und last but not least würden die Deutschen seit märchenhaften 75 Jahren ohne Krieg in Frieden leben. Nicht nur dem Land, auch den Menschen hat Maly in seiner letzten Neujahrsansprache als Kontrast zur seiner Meinung nach grassierenden Schwarzmalerei ein gutes Zeugnis ausgestellt. Alle einschlägigen Studien würden Deutschen jeden Alters aktuell eine hohe kulturelle Offenheit, Sehnsucht nach Gerechtigkeit, Empathie und Hilfsbereitschaft bescheinigen. Maly würde sich daher wünschen, dass das Gute in der Öffentlichkeit einen stärkeren Widerhall findet. Und die Aufmerksamkeit sich nicht unablässig auf die "Pseudoskandale" richte. Dadurch entstünde ein Klima der Unsicherheit in der Bevölkerung, das von Populisten als Nährboden missbraucht werde. Maly will sich eindeutig als Streiter gegen dieses latente Unsicherheitsgefühl verstanden wissen. "Früher war nicht alles besser. Aber künftig wird auch nicht alles schrecklich", rief Maly den begeisterten Zuhörern im Foyer zu.

Den letzten Satz seiner 20-minütigen Rede hat Maly wie immer dem 1. FC Nürnberg gewidmet. In seiner allerletzten Neujahrsansprache hat Maly ein dunkles Geheimniss seiner 18-jährigen Amtszeit offengelegt: "Nach jeder meiner Wahlen ist der Club abgestiegen: 2003, 2008 und 2014. Nur deshalb an dieser Stelle der Hinweis an die Vereinsverantwortlichen: Ich trete nicht mehr als OB an, macht das Beste draus! "

Anschließend hat ein sichtlich bewegter Oberbürgermeister bis weit in den Abend hinein die Gratulationen der Zuhörer persönlich entgegen genommen. "Die Rede ist glänzend gewesen", lobte beispielsweise der ehemalige Bundesminister Oscar Schneider. "Maly ist ein überragender Oberbürgermeister gewesen, der die Messlatte für alle Nachfolger sehr hoch gelegt hat", lobte der ehemalige Landtagsabgeordnete Hermann Imhoff.

HK


 

Nikolas Pelke