Frisches Brot beim Discounter

Bäckereien aus der Region Ingolstadt beliefern Aldi Süd - Landesinnungsverband warnt vor Abhängigkeit

05.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:13 Uhr
Waren von 44 regionalen Bäckereien bietet Aldi Süd inzwischen in seinen Filialen an. Auch in Ingolstadt und Pfaffenhofen ist der Discounter bereits Kooperationen mit örtlichen Backstuben eingegangen. −Foto: Aldi Süd

München - Frische Semmeln, Schokocroissants, ein Baguette oder Brot in Supermärkten und Discountern kaufen zu können, ist für viele eine Selbstverständlichkeit. Aldi Süd kooperiert dafür auch in Ingolstadt und Pfaffenhofen mit regionalen Bäckereien. Und das hat für die durchaus Vorteile. Der Landesinnungsverband des bayrischen Bäckerhandwerks warnt die Kollegen gegenüber unserer Zeitung jedoch, sich nicht von Lieferkunden abhängig zu machen.

 

Wie Stammkunden von Edeka Südbayern wissen, kann man in dessen Filialen sein Brot etwa bei der Backstube Wünsche kaufen. Die Spezialität von Edeka Südbayern seien frische Lebensmittel aus Bayern, teilt Christian Strauß, Pressesprecher des in Gaimersheim nahe Ingolstadt sitzenden Händlers, mit. Die hauseigene Backstube setze auf "eine traditionelle und handwerkliche Herstellung" und beziehe "ausnahmslos Mehle von Landwirten und Müllern aus der Region".

Aldi Süd hingegen setzt nicht auf eine hauseigene Backstube, sondern auf Kooperationen. 44 regionale Bäckereien hat sie inzwischen als Partner, wie es einer Pressemitteilung der Kette zu entnehmen ist. Über 1000 Filialen werden von ihnen beliefert. Auf eine Anfrage unserer Zeigung hin, hebt Tobias Neuhaus, Sprecher von Aldi Süd, hervor: "Auch in und um Ingolstadt kooperieren bereits einige Filialen mit Bäckereien aus der Region." So erhält man in manchen Ingolstädter Aldi-Filialen Produkte des Backhauses Hackner und des Bäckers Bachmeier. Zudem beliefert auch die Pfaffenhofener Naturbackstube Wiesender Aldi Süd.

Die ersten Kooperationen mit regionalen Bäckereien begann Aldi Süd vor rund eineinhalb Jahren. Christian Bachmeier, Geschäftsführer der gleichnamigen Bäckerei, erklärt auf Anfrage unserer Zeitung: "Im Bereich ,Regionales Backen' arbeiten wir seit Mitte 2019 mit Aldi zusammen." Und Thomas Hackner sagt, sein Backhaus kooperiere seit Oktober 2020 mit Aldi Süd.

Was verspricht und erhofft sich Aldi Süd von solchen Kooperationen? Die Kunden würden "auf eine gesunde, hochwertige und auch nachhaltige Ernährung" Wert legen, antwortet Neuhaus. "Der regionale Bäcker hat für viele Menschen einen besonderen Stellenwert. Deshalb versuchen wir in so vielen Filialen wie möglich auch regionale Backwaren anzubieten." Bachmeier erklärt zudem, der Bereich sei ein weiterer Vertriebskanal "mit dem gemeinsamen Ziel der Markenbekanntheit und Zusammenarbeit, auch um den Anforderungen und Nachfragen der Region gerecht zu werden." Damit gemeint ist auch der Wunsch nach regionaler Qualität vom heimischen Bäcker.

"Spezialisierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" von Aldi Süd suchten nach Kooperationspartnern und Produkten, "die für den Verkauf in den umliegenden Filialen geeignet sind", teilt Neuhaus mit. "Sie nehmen Kontakt zu ihnen auf und bei Interesse wird gemeinsam überlegt, wie eine Kooperation aussehen könnte." Hackner meint hierzu, Aldi Süd suche gezielt den "qualitativen Marktführer" in den Regionen und gehe auf diesen zu. Filialen in Regensburg zum Beispiel könnte Hackner also demnach nicht beliefern. Laut dem Backhaus-Geschäftsführer nehmen die Kunden das Angebot gut an. Und auch Aldi-Sprecher Neuhaus bestätigt, dass das Feedback der Kunden positiv sei.

Laut ihm profitieren auch die Partner von der Zusammenarbeit. Sie gewännen einen weiteren Betriebskanal. Hackner sagt, für sein Unternehmen sei die Zusammenarbeit ein weiterer Absatzmarkt. Gerade im Moment helfe es sehr, "wo die Cafés geschlossen haben". Der zurückgegangene Verkauf von Kaffee und Kuchen tue schon weh, meint Hackner. Neuhaus ergänzt, Aldi Süd mache mit Marketingmaßnahmen auf die Produkte der Bäckereien aufmerksam. Das biete diesen die Chance, "neue Kunden für ihre Produkte zu begeistern". Heinrich Traublinger, Landesinnungsmeister für das bayerische Bäckerhandwerk, bewertet die Kooperationen lieber vorsichtiger. Zwar teilt er auf Anfrage unserer Zeitung mit: "Wir sehen es gerne, wenn Discounter ihre Geschäftspolitik stärker an der Qualität, der Regionalität und damit der Umweltfreundlichkeit ausrichten." Allerdings habe diese Ausrichtung ihren Preis, und jeder Kollege sei gefragt, "seine Preise ordentlich zu kalkulieren".

Tatsächlich sagt Hackner, für ihn sei es für eine Zustimmung zur Kooperation mit Aldi Süd wichtig gewesen, "dass wir das Gefühl haben, dass unsere Ware nicht verramscht wird". Die Preise bei Aldi Süd unterscheiden sich laut ihm wenig zu denen in den eigenen Filialen. "Absolute Top-Produkte" wie zum Beispiel die Brezen seines Backhauses würden außerdem weiter nur in den eigenen Filialen angeboten. Dort werden die Kunden zudem beraten, hebt der Geschäftsführer noch hervor. Höchstens 20 verschiedene seiner Erzeugnisse liefere Hackner an Aldi Süd.

Das dürfte im Sinne des Landesinnungsverbandes sein. Denn Traublinger mahnt, die Kollegen sollten darauf bedacht sein, "dass wenn sie ihre Produktion jetzt anpassen, es oftmals schwierig werden kann, wieder aus diesem Fahrwasser herauszukommen, wenn der Discounter seine Preispolitik überdenkt und die Backwaren dann doch zu ,Dumping-Preisen' anbietet." Dann könne der Landesinnungsverband den Handwerksbäckern nur raten, sich aus den Verträgen umgehend zu lösen. Kein Betrieb dürfe sich zu sehr von einem Lieferkunden abhängig machen und darauf eine Produktionsstruktur aufbauen, "aus der es dann schwer wird, wieder zurück zu rudern".

Traublinger meint, das Bäckerhandwerk müsse sich und seinen Werten treu bleiben und dürfe sich auf keinen Fall verkaufen. Hackner derweil zieht zur Zusammenarbeit mit Aldi eine positive Zwischenbilanz und sagt, es wäre schön, wenn sie weiter so funktioniere.

DK

 

Christine Zinner