Pfaffenhofen
Freier ÖPNV in Pfaffenhofen lässt sich kaum auf andere Kommunen übertragen

25.10.2021 | Stand 23.09.2023, 21:29 Uhr
Für den Pfaffenhofener Stadtbus müssen Fahrgäste seit drei Jahren keine Entgelte mehr entrichten. Diesen kostenfreien ÖPNV lässt sich die Kommune 2,1 Millionen Euro im Jahr kosten. −Foto: Kraus

Pfaffenhofen - Dass der Kampf gegen den Klimawandel auch einen Umstieg vom eigenen Auto auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bei deutlich mehr Menschen notwendig macht, ist eine Binsenweisheit.

Doch wie die Leute dazu motivieren? Einige bayerische Kommunen gehen dabei den Weg, ihren Busverkehr kostenfrei anzubieten. Zu den Vorreitern in Bayern zählt die Stadt Pfaffenhofen. Für deren Bürger ist der kostenlose Stadtbus fast schon eine Selbstverständlichkeit. Andernorts sind solche Offerten hingegen nur selten von Dauer. Denn solche Projekte setzen solide Finanzen voraus. Und Städte bekommen dadurch eher weniger als mehr Fördergelder vom Freistaat.

Zuletzt boten einige Landkreise im Münchner MVV, darunter Fürstenfeldbruck, an Sonntagen kostenlosen Busverkehr. Das wurde zwar gut angenommen von der Bevölkerung, wird aber wohl temporär bleiben. Von 2018 bis 2020 bot das unterfränkische Aschaffenburg an Samstagen kostenlosen Busverkehr an. Dann war Schluss.

Pfaffenhofen hingegen weitet den kostenfreien Busverkehr ab 2022 sogar noch aus. Los ging es dort im Dezember 2018. Im Jahr davor hatte die heute knapp 27000 Menschen zählende Kommune die Gartenschau "Natur in Pfaffenhofen 2017" ausgerichtet - und mit den für Fahrgäste kostenlosen Stadtbussen in dieser Zeit gute Erfahrungen gemacht.

Ob Pfaffenhofen dabei als Vorbild für andere Kommunen taugt, ist fraglich. Denn ohne Weiteres nachziehen können andere kreisangehörige Städte nicht: Nach Artikel 8 des ÖPNV-Gesetzes ist dieser Aufgabe der Landkreise, nicht der Gemeinden. Die Stadt Pfaffenhofen hat für den nur im eigenen Stadtgebiet verkehrenden Stadtbus eine sogenannte Sondergestattung erhalten. Bedingung ist, dass der Busverkehr auf das Gebiet der Stadt beschränkt bleibt.

Wenn eine Kommune ÖPNV-Fahrgäste umsonst transportiert, kann sie außerdem Gefahr laufen, dass ihr nicht nur die Fahrtentgelte entgehen, sondern auch die allgemeine ÖPNV-Förderung des Freistaats: Dieser beäugte derartige Großzügigkeit schon immer etwas skeptisch und tut es jetzt noch mehr - nach dem Motto: Denen scheint es ja gut zu gehen, die brauchen wohl keine finanzielle Unterstützung von der Landesregierung mehr. "Wenn man als Stadt ein solches kostenfreies Angebot macht, ist es immer die Kunst, dem Freistaat zu begründen, warum", erläutert Pfaffenhofens geschäftsleitender Beamter und Stadtjurist Florian Erdle die Gratwanderung.

Auch wenn der Freistaat im Einzelfall weiterhin Zuschüsse zahlt, ist so ein Schritt kostspielig. In Pfaffenhofen liegt das Stadtbus-Defizit trotzdem bei 2,1 Millionen Euro im Jahr 2022. Für eine Kommune dieser Größenordnung ist das sehr viel Geld. Und als unwahrscheinlich gilt, dass der Freistaat kostenlosen ÖPNV künftig extra bezuschusst. Man fördere zwar jährlich mit 30 Millionen Euro die Beschaffung von Linienbussen, so eine Sprecherin von Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU). Und bis einschließlich 2022 stehen zusätzliche Mittel für mit Luftverschmutzung belastete Städte zur Verfügung. Zusätzlich würden "innovative Projekte und nachhaltige Angebote" - etwa die Förderung von E-Ticketing, die Einführung einer kostenfreien Cityzone oder die Integration von Car- und Bikesharing in das bestehende Abo - der Aufgabenträger mit rund 65 Millionen Euro im Jahr gefördert. Aber die Kosten eines komplett kostenfreien Busverkehrs wird Schreyers Haus nicht kompensieren. Die Städte werden also weiter selbst kreativ werden und tief in die Tasche greifen müssen, wenn sie das Auto stärker zurückdrängen wollen.

PK


Andre Paul