Ingolstadt
Fränkische Frechheiten

Michl Müller im Zwiegepräch mit Shakespeares Totenkopf

11.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:30 Uhr
Michl Müller im Zwiegespräch mit Shakespears Schädel. An witzigen Einfällen ist der Kabarettist nicht verlegen. −Foto: Foto: Schulze-Reimpell

Ingolstadt (DK) Bei Michl Müller geben sich alle die Klinke in die Hand: Shakespeare, Ed Sheeran, Martin Schulz, der Mann mit dem 72-Stunden-Deo und Erwin aus Karlskron.

Sie und noch mehr traten in der Show des quirligen Kabarettist en am Sonntag im Festsaal des Ingolstädter Stadttheaters auf.

Der bunte Reigen charakterisiert Müllers neues Bühnenprogramm ganz gut, denn der singende Kabarettist streift darin, so wie man ihn kennt, hunderterlei unterschiedliche Aspekte menschlichen Zusammenlebens.

Klammer ist dieses Mal der englische Dichterfürst; "Müller . . . nicht Shakespeare! " lautet der aktuelle durchaus Selbstbewusstsein vermittelnde Programmtitel. Mit seinem frechen fränkischen Mundwerk nimmt sich Michl Müller Shakespeare und viele andere vor, zeigt keinerlei Respekt und ist ganz bestimmt nicht politisch korrekt - dafür aber witzig und pointensicher. Nebenbei deckt er bislang verborgene Geheimnisse der Weltliteratur auf und scheut vor Klamauk nicht zurück. Wie Hamlet hält er Zwiesprache mit einem Totenkopf, der sich rasch als der Schädel von Shakespeare entpuppt, der nicht nur durch rot und grün glitzernde Augen überzeugt, sondern auch durch sein kräftiges Sächseln. Denn dass er ein Angelsachse sei, beruhe auf einem Irrtum, so der Totenkopf; er sei lediglich ein angelnder Sachse. Auch seine Werke habe er nicht er geschrieben, sondern sein Bruder Heiko. Aber dessen Name sei halt nicht so publikumswirksam, daher sei er in die Bresche gesprungen . . . .

Als Kulisse hat der Franke ganz stimmig die Fassade des Julia-Hauses in Verona aufgebaut, nebst Nachbildung des berühmten Balkons. Selbstredend hat Müller eine eigene Version der Balkon-Szene dabei. Als moderner Romeo fährt Hassan vor, mit seinem Dreier-BMW. Begrüßt wird er von Julia mit den Worten: "Herzlich willkommen bei McDonalds. Ihre Bestellung bitte. " Aber Hassan hat sowieso keine Chance, denn Julia ist schon versprochen, nämlich dem Erwin aus Karlskron. Erwin, ein Mann im Publikum, hält an diesem Abend als "Running Gag" her, den Michl Müller bei jeder Gelegenheit ins Programm einbaut, eben auch als G'spusi von der Julia.

Die thematischen Sprünge im Programm sind atemberaubend: Den Schwenk von der Balkonszene von Romeo und Julia zum Möbelkauf und der Einrichtung des neuen Heims nach den Regeln des Feng Shui - und wieder zurück - muss ein Kabarettist erst einmal hinbekommen. Müller hat's meisterlich geschafft. Bei den Pointen kann Michl Müller oft noch draufsatteln. Eierlikör habe mehr Prozente als die SPD. Applaus "Und auch mehr Eier. " Das sitzt. Und Politiker jeder Couleur bekommen was ab. Der Kabarettist scheut kein Thema. Da gebe es ein 72-Stunden-Deo und auch Leute, die an so was glauben. Denen begegnet man dann bei 35 Grad im Schatten im Bus, während sie sich gerade an der oberen Stange festhalten. Das Publikum im Saal juchzt.

Müller wäre nicht Müller, wenn er sein Programm nicht auch durch flotte Lieder bereichern würde. Sein großes Vorbild ist der rothaarige Ed Sheeran, dessen Songs der Kabarettist "rückübersetzt" hat und die seltsamerweise neue Inhalte aufweisen, etwa über einen romantischen Abend unter neuen gesetzlichen Vorschriften: "Wir sind zu heiß für unser Haus, sind wir in wilder Extase, löst der Rauchmelder aus. " Die Begeisterung des Publikums hätten auch mehrere Rauchmelder nicht ausschalten können.
 

Josef Bartenschlager