Pfaffenhofen
Fips fürs Feuilleton

Hellmuth Karasek gastiert in Pfaffenhofen

23.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:23 Uhr

Pfaffenhofen (DK) Eine Mischung aus teils ziemlich deftigen Witzen, Anekdoten und philosophierenden Betrachtungen präsentierte der Journalist, Schriftsteller und TV-Moderator Hellmuth Karasek im Pfaffenhofener Rathaussaal bei der Vorstellung seines Buchs „Das find ich aber gar nicht komisch!“.

„Was ist der Unterschied zwischen Grießbrei und einem Epileptiker? Antwort: „Der Grießbrei liegt in Zucker und Zimt, der Epileptiker liegt im Zimmer und zuckt.“ Nicht witzig? Das sah vor 50 Jahren Marion Gräfin Dönhoff, die damalige Chefredakteurin der Wochenzeitung „Die Zeit“, genauso – und bestellte den Jungredakteur Karasek in ihr Büro, um ihm ziemlich deutlich klarzumachen, dass sie Ähnliches aus seiner Feder auf der Humorseite des Blattes künftig nicht mehr lesen möchte. „Sie hatte Recht. Witze über Behinderungen gehen wirklich nicht, ich habe so was auch nie wieder geschrieben“, berichtet mehr als ein halbes Jahrhundert später der inzwischen 80-Jährige launig. Obwohl: So ganz stimmt das dann doch nicht. Zumindest das Nacherzählen von Witzen, die die diversen Malaisen der Menschen zum Gegenstand haben, das hat er sich bis heute nicht abgewöhnt. Oder muss nach der Tabu-Maxime für Behinderte ein Stotterer weniger geschont werden als ein Epileptiker?

Der Humor Karaseks ist, daraus macht er während seiner knapp anderthalbstündigen Vorstellung vor den rund 60 Besuchern kein Hehl, stark geprägt durch die Zusammenarbeit mit dem legendären, inzwischen verstorbenen Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, einem Meister des subtilen jüdischen Humors. Mehr liebevolle denn wirklich boshafte Seitenhiebe auf den „Allmächtigen“ im Juden- und Christentum gehören ebenso dazu wie Respektlosigkeit vor Autoritäten und Vorschriften. Gemeinsam mit zwei Gästen moderierten die beiden fast 15 Jahre lang im ZDF die Sendung „Das literarische Quartett“. Aus dem doch eher trockenen Anliegen, Bücher vorzustellen, machte Reich-Ranicki großes Entertainment.

Die Erinnerungen an seinen langjährigen Freund Reich-Ranicki sind die nachdenklicheren, leiseren Momente im Programm. Ansonsten mag es Karasek durchaus heftig und deftig. Er tischt denn auch jede Menge Witze aus der Sparte alte Männer/Sex/Krankheiten auf – am besten alles zusammen:

„Herr Doktor, ich habe nach dem Beischlaf immer so ein Pfeifen im Ohr.“ „Was erwarten Sie in Ihrem Alter? Standing Ovations“

Es gab mal einen Fernsehkomiker, der konnte solche Schenkelklopfer zwei Stunden am Stück erzählen, Fips Asmussen war sein Name. Dessen Adressaten waren aber auch eher die Nicht-Abiturienten. Karasek schafft es – mit tollem Timbre in der Stimme und Goldknopf-Zweireiher –, dieses Humorlevel auch für das Rathausfestsaalpublikum kompatibel zu machen. Bei seiner Lesung hat man das beruhigende Gefühl, nicht unter dem eigenen Niveau zu kichern. Karasek ist der Fips fürs Feuilleton.

Apropos „Lesung“: Gelesen hat der Künstler den Abend über genau genommen nicht, sondern immer nur frei zitiert – was eigentlich nicht schlimm ist, das Buch kann man sich unter anderem bei der Buchhandlung „Osiander“ (sie organisierte den Abend) ja kaufen: Es ist im Quadriga-Verlag erschienen.