Ingolstadt
Feuer und Flamme für die Kunst

Simone Schimpf ist die neue Leiterin des Museums für Konkrete Kunst – und empfindet das als Traumjob

09.04.2013 | Stand 03.12.2020, 0:17 Uhr

Ingolstadt (DK) Was ist das, die gute Form? Simone Schimpf, neue Leiterin des Museums für Konkrete Kunst und künftig auch vermehrt für Design zuständig, hat sich darüber längst Gedanken gemacht. Natürlich geht es bei dieser Frage um Design, Architektur – aber auch „zum Beispiel um Manieren. Oder um das, was wir heute für eine gute Form des Körpers halten.“ Im Herbst wird eine monatliche Vortragsreihe im Museum das Thema von allen diesen Seiten her beleuchten, erzählt Schimpf und sieht ziemlich begeistert dabei aus.

Seit genau zehn Tagen ist die 40-Jährige im Amt, und die Form-Vortragsreihe ist eine von vielen Ideen, die sie mit an ihren Schreibtisch gebracht hat, um das Haus an der Donaukaserne „noch einmal richtig auszukitzeln“. Zwar sei ihr „Hauptjob“ die Konzeption für den Neubau auf dem Gießereigelände, der 2016 eröffnet werden soll, aber in der Zwischenzeit soll es an der Tränktorstraße „einfach lebendig“ sein. Eine Inszenierung des Ingolstädter Theaters ist im Plan, Videopräsentationen könnten gezeigt werden, viel mehr Veranstaltungen soll es insgesamt geben. Und vor allem sollen die Raumstrukturen im Haus immer wieder aufgebrochen werden. Schon die Ausstellung „Einfach dreifach“ gleich nach der Sommerpause will auf die viel gescholtenen Stellwände verzichten und drei jungen Künstlern jeweils ein eigenes Stockwerk überlassen. Wandmalerei wäre möglich und auch, dass einmal ein Künstler selbst für eine Einzelschau etwa mit Skulpturen des Hauses Innenleben gänzlich neu erfindet. Und wieder leuchten Simone Schimpfs Augen.

Die promovierte Kunsthistorikerin, zuletzt stellvertretende Direktorin am Kunstmuseum Stuttgart, ist eine aufmerksame Gesprächspartnerin, die lebhaft wird, wenn sie von ihrem Beruf erzählt. Es ist ihr Traumjob, keine Frage. „Feuer und Flamme“ für die Kunst sei sie schon während ihres Studiums in Mainz und Freiburg gewesen, sagt Schimpf, und noch heute „empfinde ich es als großes Privileg, mich damit beschäftigen zu dürfen“.

Freilich galt ihre große Liebe zuerst der alten Kunst, der Renaissance etwa oder gotischen Kirchen, promoviert hat sie 2004 über die französische Kunst des 19. Jahrhunderts. Doch mit dem Volontariat im Stuttgarter Museum unmittelbar danach wurde das anders: Ausschließlich Kunst des 20. Jahrhunderts ist seitdem ihr Thema und, nach einer großen Schenkung Konkreter Kunst ans Museum, dieses Genre ganz speziell. Landesweit Aufsehen erregte im vergangenen Jahr die von ihr schon als stellvertretende Leiterin kuratierte Ausstellung „,Das Raster in der Kunst nach 1945“. Ein neues Lieblingsgenre also? „Ich hab Freude dran“, sagt Simone Schimpf auf ihre gelassene Art, „es gibt so viel Spannendes dabei.“

Gelassen freudig – „ja, ich glaub, das ist mein Grundtyp“ – sieht sie auch dem Umzug aufs Gießereigelände entgegen, vielleicht ebenfalls der guten Erfahrungen in Stuttgart wegen. Denn das dortige Museum wurde während Schimpfs Volontariat eröffnet. Fast ein wenig schwärmt sie von der „grandiosen Aufbruchsstimmung“ damals unter allen Mitarbeitern: „Das war toll!“ Dass sie in Ingolstadt, das die unendliche Geschichte des Neubaus nun schon viele Jahre pflegt (noch jetzt prophezeien Skeptiker, es werde nicht gebaut), womöglich auf ganz andere Voraussetzungen trifft, ängstigt Schimpf mitnichten. „Ich kann gut verstehen, dass Tobias Hoffmann in all den Jahren ein wenig mürbe geworden ist“, sagt sie über ihren Vorgänger. „Aber ich bin ja erst jetzt hier. Ich bin frisch.“

Und so stürzt sie sich mit frischer Energie in die täglichen Baugespräche für das neue Haus: Man ist planungsmäßig in der heißen Phase, als „Nutzer“-Repräsentantin muss die Museumsleiterin nun Bedürfnisse, Bedingungen, Besetzungen von musealer Seite her vertreten. Es geht um Zugänge, Klima, Raumbedarf, Sicherheit: „Ein Museum ist ein Hochsicherheitstrakt“, sagt Schimpf.

Wieder bei ihrem ureigenen Thema, der Kunst, ist die Direktorin, wenn sie morgen als Führerin durch die neue Sonderausstellung „S(ch)ichtwechsel“ fungiert. Sie hat sich eingelesen, noch mal die „Hardliner“ der Konkreten Kunst studiert. Obwohl: Die harte, traditionelle Linie vertritt sie nicht. „Ich werde hier anfangen“, sagt sie und deutet auf die große Stirnwand mit russischer Hängung, bei der Altmeister und Newcomer, Konkrete, Abstrakte und Sonstige sich ein munteres Stelldichein geben. „Diese Wand drückt sehr genau meinen Wunsch aus, wie ich das Museum führen will.“