Ingolstadt - Nach etwas mehr als elf Jahren hört Franz Spitzauer an diesem Freitag als Geschäftsführer beim FC Ingolstadt auf. Dank des 56-Jährigen ist der Drittligist finanziell bestens aufgestellt. Zum Abschied wünscht sich der Kaufmann die Rückkehr der Schanzer in die 2. Bundesliga und mehr Akzeptanz für den Verein in der Region.
Ein paar lose Zettel liegen auf seinem Schreibtisch, über dem Arbeitsplatz hängt ein überdimensionales Gemälde von Fans, und auf der Magnettafel daneben sind auch nur noch ein paar Überbleibsel aus der vergangenen Saison übriggeblieben. „Es ist schon ganz schön leer hier“, stellt Franz Spitzauer in seinem Büro im Funktionsgebäude des FC Ingolstadt selbst etwas überrascht fest. Nach etwas mehr als elf Jahren hat der 56-Jährige an diesem Freitag seinen letzten Arbeitstag als Geschäftsführer. In beratender Funktion bleibt der gebürtige Geisenfelder dem Klub zwar noch bis Juni 2021 erhalten. „Aber ich weiß sehr wohl, dass demnächst viele Besprechungen ohne mich stattfinden werden und dass ich nicht in jede Entscheidung eingebunden werde“, sagt Spitzauer: „Es fällt mir schwer, aber es ist der beste Zeitpunkt.“
Der nach Prokurist Florian Günzler dienstälteste Mitarbeiter beim FCI ist mit sich im Reinen, als er unsere Zeitung zum letzten Gespräch in seiner Funktion als Geschäftsführer empfängt. Spitzauer – ansonsten eher kein Mann der großen Worte – ist regelrecht in Erzähllaune, als er seine Amtszeit Revue passieren lässt. „Ganz ehrlich: Der schönste Moment waren die letzten 16 Jahre. Es war eine unglaubliche Zeit. Ich hätte nie geglaubt, dass ich das alles erleben darf.“
Spitzauer: FCI-Mann der ersten Stunde
Spitzauer ist beim FCI ein Mann der ersten Stunde. Als der Verein im Jahr 2004 gegründet wird, übernimmt der Kaufmann das Amt des Schatzmeisters – und erhält den Mitgliedsausweis mit der Nummer vier. „Wir haben vor der Gründungsversammlung alle angerufen, die wir kannten“, erzählt er mit einem Grinsen. Die Schanzer starteten damals in der Bayernliga, der Etat betrug mit rund 150 000 Euro nur einen Bruchteil des aktuellen Budgets, und zu den Spielen im MTV-Stadion kamen rund 200 Zuschauer. „Da hat niemand daran geglaubt, dass der FCI diese Entwicklung nimmt“, erinnert Spitzauer, der den Klub 2006 aus beruflichen Gründen verlässt, um 2009 als Geschäftsführer zurückzukehren.
„Ich hatte damals keine Ahnung davon, wie man einen Verein führt“, gibt der 56-Jährige heute zu. Doch an der Seite von Harald Gärtner, der für die Themen Sport und Kommunikation verantwortlich zeichnet, treibt Spitzauer als Finanz-Geschäftsführer die Professionalisierung des Klubs voran. Über allem steht der Bau des Audi-Sportparks, der am 24. Juli sein zehnjähriges Bestehen feierte. Zudem wird dem FCI im Jahr 2009 vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) in den Bereichen Buchhaltung und Controlling eine beispielhafte Vorgehensweise bescheinigt. „Das zeigt, dass bei uns nicht alles falsch gelaufen sein kann. Schulden mache ich nicht!“, sagt Spitzauer damals unserer Zeitung.
Diese Maxime prägt bis zuletzt die Schaffenszeit des Geschäftsführers. Nicht ohne Stolz verweist er deshalb darauf, dass der Klub „keine Schulden“ und stattdessen „eine sehr, sehr, sehr hohe Eigenkapitalquote“ habe. Nach Informationen unserer Zeitung ist das Festgeldkonto mit einem unteren zweistelligen Millionenbetrag gefüllt. Spitzauer bestätigt dies zwar nicht, stellt jedoch auch fest, dass der FCI „aus finanzieller Sicht nicht unbedingt aufsteigen“ müsse. „Aus sportlicher Sicht wird natürlich alles dafür getan“, ergänzt er.
Dabei wird der Kaufmann nun aber nicht mehr in vorderster Front mitwirken. „Ich bin der Überzeugung, dass jeder Verein nach einer gewissen Zeit neue Impulse braucht. Du kannst nach so vielen Jahren nicht mehr das geben, was der Verein braucht, weil sich bestimmte Prozesse eingeschlichen haben“, begründet Spitzauer seinen Abschied: „Es war der richtige Schritt, weil ich noch mal alles gegeben habe.“ Sein Entschluss habe auch nichts damit zu tun, dass die Schanzer den erhofften Aufstieg in die 2. Bundesliga verpassten: „Ich wäre auch gegangen, wenn wir aufgestiegen wären.“
Relegations-Drama belastet Spitzauer
Doch wenn Spitzauer auf das Relegations-Drama gegen den 1. FC Nürnberg zu sprechen kommt, kann er seine Enttäuschung nicht verbergen. „Du kannst alles nüchtern sehen – aber der Typ bin ich nicht. Das belastet einen schon intensiv“, erzählt er. Zumal die Wochen zuvor aufgrund der Corona-Krise nicht minder aufreibend gewesen sein. „Man kann gar nicht beschreiben, wie viele Hebel wir in der Zeit in Bewegung gesetzt haben“, sagt Spitzauer, der sich mit dem FCI vehement für die Fortsetzung der Drittliga-Saison eingesetzt hatte: „Wenn du sieben Tage in der Woche in dieser Schleife bist, dann stresst dich so eine Zeit umso mehr.“ Doch damit ist jetzt Schluss. Oder wie Spitzauer sagt: „Ich muss mein Leben nicht mehr nach dem Spielplan ausrichten.“
Dennoch wird er dem Verein noch bis Juni 2021 in beratender Funktion zur Seite stehen. „Er war und ist ein sehr vertrauenswürdiger sowie loyaler Kollege. Die Zusammenarbeit mit ihm hätte kaum besser laufen können. Der Verein kann sehr dankbar sein, was Franz für ihn geleistet hat“, würdigt Sportchef Michael Henke den Geschäftsführer, der weiter die Kontakte zu den Sponsoren pflegen wird. „Da steht ja auch noch einiges an“, verweist Spitzauer auf den 2022 auslaufenden Vertrag mit Hauptsponsor Audi. „Wir wollen die kommende Saison nutzen, um den neuen Verantwortlichen bei Audi den Geist des FC Ingolstadt zu vermitteln. Dass der FCI nicht nur ein reiner Fußballverein ist, sondern der Region einen Mehrwert gibt“, berichtet Spitzauer, der zudem als Geschäftsführer der Audi Events & Services GmbH unter anderem für den Sportpark und den IN-Campus verantwortlich ist.
Spitzauer: "Der FCI gehört in Liga zwei"
„Aber jetzt sollen mal andere ran“, sagt er und spricht seinem Nachfolger Manuel Sternisa das volle Vertrauen aus: „Er muss sein Ding durchziehen – und das macht er auch. Er hat genügend Führungserfahrung gesammelt. Es wäre vermessen, ihm einen Tipp zu geben. Er soll ruhig alles hinterfragen“, sagt Spitzauer über den 46-Jährigen, der nach ersten Gesprächen am kommenden Montag seine Arbeit aufnimmt. Stattdessen wünscht Spitzauer dem FCI, „dass er so schnell wie möglich wieder in die Zweite Liga kommt, denn da gehört er hin, dass er mit seiner hervorragenden Jugendarbeit weitermacht und dass er sich noch mehr in der Region verankert“.
Julian Schultz
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