Neuburg
Fatales Ende einer Urlaubsliebe

Deutsche heiratet ägyptischen Pool-Boy und zeigt ihn später wegen Vergewaltigung an – Freispruch

30.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:45 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: Sebastian Schanz

Neuburg (vb) Die Geschichte, mit der sich Richter Christian Schilcher am Mittwoch am Amtsgericht Neuburg befassen musste, klingt fast wie aus einem Hollywood-Film - nur, sie hat sich im Landkreis Pfaffenhofen abgespielt, zumindest größtenteils.

Die damals 29-jährige Lena S. (alle Namen geändert) lernt im September 2009 im Ägypten-Urlaub ihre große Liebe Omar M. kennen. Der 24-Jährige arbeitet als Pool-Boy im Hotel. Schnell war man verliebt -und fast genauso schnell verheiratet. Im März 2010 sagten die beide in Kairo "Ja", im November folgt der Bräutigam seiner Braut in die oberbayerische Heimat. Gemeinsam beziehen sie eine Einliegerwohnung im Haus der Eltern.
 
Anfangs scheint die Ehe noch intakt zu sein, doch schon bald brechen dunklere Zeiten für das Paar an. Grund dafür ist Alison P. Die Engländerin hat Omar M. ebenfalls im Ägypten-Urlaub kennen und lieben gelernt. Doch da war der schon mit Lena S. verheiratet. Der Ägypter und die Engländerin beginnen eine Affäre - und führen diese auch dann noch fort, als Omar M. bereits im Landkreis Pfaffenhofen wohnt. Ständig schreiben sie sich über das Internet, und schon bald erfährt auch Lena S. davon. Die erzählt vor Gericht, dass sie ihrem Mann vorgeworfen habe, dass sie doch seine Frau sei. Die Antwort von Omar M. habe gelautet: "Ich bin Moslem, ich darf mehrere Frauen haben." Die Beziehung steht mehrmals auf der Kippe.
 
Und dann kommt es zu jenem Abend Mitte Februar 2011, an dem die mutmaßliche Vergewaltigung stattgefunden haben soll. Die Staatsanwaltschaft wirft Omar M. vor, nach einem Streit die Schlafzimmertür gegen den Willen von Lena S. versperrt zu haben, sie gepackt und geschubst und mit seinen Knien ihre Oberschenkel auseinandergedrückt zu haben, um sie anschließend zu vergewaltigen.

Die Version des Angeklagten geht anders: Er habe mit Alison P. gechattet, das habe Lena S. missfallen. Sie habe ihm vorgeworfen, doch nur mit der Frau zusammen zu sein, weil die ihm Geld gebe. Dann habe sie ihm 50 Euro gegeben und gesagt, er solle mit ihr schlafen. Er habe sich zwar erst entrüstet gezeigt, dann aber mit seiner Frau geschlafen – einvernehmlich.

Als er sich dann einige Tage darauf dazu entschloss, die Doppelgleisigkeit zu beenden und Lena S. zu verlassen, brach diese zusammen und ließ sich in die Psychiatrie ins Klinikum Ingolstadt einweisen. Dort hat sie ihr Mann auch besucht, bis er endgültig Deutschland den Rücken kehrte, um zu seiner neuen Freundin und mittlerweile Ehefrau nach England zu fliegen. Psychische Probleme hat die heute 32-Jährige schon seit ihrer Jugend. Mit 16 hat sie zum ersten Mal versucht, sich das Leben zu nehmen, hat sich auch in der Zeit ihrer kurzen Ehe mit einer Rasierklinge geritzt und Zigaretten auf dem Unterarm ausgedrückt. Während der stationären Behandlung hat sie erneut versucht, sich umzubringen. Von einer Vergewaltigung hat sie ihren Ärzten jedoch nichts erzählt, nur zwei Kollegen gegenüber hat sie in dieser Zeit davon vage berichtet. Angezeigt hat sie die mutmaßliche Tat dann auch erst im August – und so stand nun Aussage gegen Aussage vor Gericht.

Staatsanwalt Jürgen Pohle glaubte Lena S. und forderte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Der späte Zeitpunkt der Anklage sei dadurch zu erklären, dass sie immer noch Hoffnung gehabt habe, ihre Ehe zu retten.

Die Verteidigerin des Ägypters, Andrea Kremer, plädierte auf Freispruch. Ihr tue die Frau auch leid, diese sei in einem „völligen Abhängigkeitsverhältnis“ gestanden. „Und ich glaube, dass sie die Geschichte selbst glaubt.“ Das sei aber schlicht Einbildung. Es sei jedoch nicht zu erklären, dass die Frau ihren Mann nach der angeblichen Vergewaltigung immer noch getroffen und die Tat erst viel später angezeigt habe. Außerdem habe sie schon einmal gelogen – nämlich als sie fälschlicherweise behauptet hatte, schwanger von Omar M. zu sein. Richter Christian Schilcher folgte der Verteidigung und sprach den Angeklagten frei. „In dubio pro reo“, erklärte er. „Wir waren nicht dabei und das Gericht kann nicht zweifelsfrei nachweisen, dass die Vergewaltigung stattgefunden hat. Und Lena S. hat ein ganz klares Rachemotiv.“