Ingolstadt (DK) Rechtsextreme Aufmärsche, gespickt mit ausländerfeindlichen Parolen - damit es in der Schanz gar nicht erst so weit kommt, hat sich am Mittwochabend im Gewerkschaftshaus das offene Bündnis "Ingolstadt ist bunt" gegründet. Ziel ist es, sich gegen rechte Gesinnung "gut und demokratisch" aufzustellen.
Rund ein Dutzend aktive Beteiligte hat das neue Bündnis gegen Rechts in Ingolstadt schon hinter sich vereint. Darunter Parteien, Gewerkschaften und Organisationen. Doch das soll nach Vorstellung der Initiatoren erst der Anfang sein. In zwei bis drei Wochen wollen sich laut Organisator Christian De Lapuente die Bündnisvertreter zu ihrer ersten Sitzung treffen. Dann soll sich ein Sprecherkreis formieren, der nach außen durch den DGB Region Oberbayern vertreten werden soll, so der Vorschlag des Gewerkschafters.
Bereits im Oktober vergangenen Jahres hatten die Initiatoren des Bündnisses zu einer ersten Informationsveranstaltung eingeladen. Damals hörten sie sich im Rahmen eines Vortrags an, wie sich das fränkische Pendant "Schweinfurt ist bunt" in den fünf Jahren seines Bestehens entwickelt hat. Am Mittwoch waren die Ingolstädter nun selbst an der Reihe. Zuvor kam - quasi zur Einstimmung aufs Thema - Anna Bräsel zu Wort. Die Referentin von der Regionalen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus für Oberbayern und Schwaben, die darum bat, nicht fotografiert zu werden, da ihr Anfeindungen aus dem rechten Lager entgegenschlagen, klärte auf über den aktiven Rechtsextremismus in Oberbayern, stellte dessen führende Köpfe vor und informierte über die anderen 15 bunten Bündnisse im Regierungsbezirk. Zwei davon gibt es auch in den benachbarten Landkreisen Pfaffenhofen und Neuburg-Schrobenhausen.
Einige Fakten, die aufzeigen, dass Fremdenfeindlichkeit auch in der Mitte der Gesellschaft anzutreffen ist, ließen die Zuhörer aufhorchen. So würden laut einer kumulierten Stichprobe der Universität Leipzig, erfasst von 2002 bis 2014, etwas über 33 Prozent der bayerischen Bevölkerung Aussagen mit ausländerfeindlichen Inhalten zustimmen. Es sei salonfähig zu sagen, "Ich bin kein Nazi, aber €¦", kommentierte Bräsel diese Entwicklung. Rund die Hälfte aller Neonazis sei gewaltbereit, sagte sie und zeigte Fotos von rechten Aufmärschen. Auch machte sie deutlich, wie das rechte Spektrum aktuell in der Jugendkultur nach möglichen Gefolgsleuten fischt. So würden seit Neuestem vegane Kochkurse auf Internetportalen inszeniert.
In der anschließenden Fragerunde wurde deutlich, dass manchem Teilnehmer noch ein konkretes Motto für das Bündnis fehlt. "Wie sollen wir vor Ort vorgehen", lautete demnach die Frage, der sich die neue Gruppierung stellte. "Das Bündnis soll sich finden", meinte Lapuente. Hierzu sollen auch Informations- und Filmabende beitragen. Auch könne man Gegenproteste zu Neonazi-Aufmärschen abhalten, so der Vorschlag eines Zuhörers. Wichtig sei, dass ein Bündnis existiere, wenn die Rechten da seien, sagte der Gewerkschafter. "Am schönsten wäre es, wenn wir wenig Arbeit hätten", fand Lapuente abschließend. "Ingolstadt ist bunt" wurde schließlich mit einer breiten Mehrheit aus der Taufe gehoben.
Artikel kommentieren