Eine Frist zum Atomabkommen wollen sich die Europäer vom Iran nicht stellen lassen. Gleichzeitig gilt es, mögliche Eskalationsszenarien abzuwenden und die Vereinbarungen aufrecht zu erhalten. Geht das gegen den Widerstand der USA?
Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben das iranische Ultimatum zum Atomabkommen gemeinsam mit der EU als nicht akzeptabel zurückgewiesen.
„Wir fordern den Iran nachdrücklich auf, weiterhin vollständig seinen Verpflichtungen (...) nachzukommen und von Eskalationsschritten Abstand zu nehmen“, heißt es in einer am Donnerstag von den Außenministern und der EU-Außenbeauftragten veröffentlichten Erklärung. Die europäische Seite sei entschlossen, den legitimen Handel mit dem Iran aufrechtzuerhalten, um das Abkommen zu erhalten. Jegliche Ultimaten weise man aber zurück.
Bundeskanzlerin Angela Merkel appellierte an die Regierung in Teheran, auch die eigenen Chancen des Abkommens zu sehen und betonte die Gesprächsbereitschaft der deutschen Regierung. „Unsere Hand bleibt an dieser Stelle jedenfalls ausgestreckt. Wir wollen weiter auf die diplomatische Lösung setzen“, sagte sie am Rande des EU-Gipfels im rumänischen Sibiu.
Der Iran hatte zuvor gedroht, nach Ablauf einer 60-Tages-Frist den Ausstieg aus dem Abkommen einzuleiten. Grund ist, dass wegen US-Sanktionsdrohungen kaum noch ausländische Unternehmen mit dem Iran Geschäfte machen wollen. Dem Iran war für den Verzicht auf sein Atomprogramm allerdings die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen versprochen worden. Er ist wirtschaftlich vor allem auf die Aufhebung von Sanktionen im Öl- und Bankensektor angewiesen.
Die nächsten zwei Monate seien die letzte Frist für die Diplomatie, warnte Vizeaußenminister Abbas Araghchi laut iranischen Medien am Donnerstag. Auch ein kompletter Ausstieg aus dem Abkommen stehe auf der Agenda. „Diese zweimonatige Frist wird definitiv nicht verlängert.“
Die Ankündigungen aus Teheran überschatteten auch den EU-Gipfel in Sibiu. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief zu einem geschlossenen Einsatz für den Erhalt des Atomabkommens mit dem Iran auf. Der Atomdeal sei zwar nicht ausreichend und sollte um Absprachen für die Zeit nach 2025 sowie zum ballistischen Raketenprogramm und zu den regionalen Aktivitäten des Irans ergänzt werden, sagte Macron. Frankreich wolle aber dennoch an dem derzeitigen Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atomwaffe festhalten.
Der CSU-Politiker und Europawahl-Spitzenkandidat Manfred Weber bezeichnete die jüngsten Äußerungen aus dem Iran als „nicht hilfreich, um die Spannungen in der Region zu senken“. „Ich denke, die Europäische Union muss wieder Gespräche mit unseren iranischen Freunden beginnen, denn wir wollen keinerlei Eskalation sehen“, sagte er.
Die USA verschärften derweil ihre Gangart gegen den Iran weiter. Während strategische Bomberflotten und ein Flugzeugträgerverband in den Nahen Osten verlegt wurden, verhängte US-Präsident Donald Trump am Mittwoch per Dekret neue Sanktionen gegen die Metallbranche der Islamischen Republik. „Wir setzen erfolgreich die mächtigste Kampagne des maximalen Drucks aller Zeiten ein“, ließ Trump mitteilen.
Russland forderte die USA hingegen erneut auf, jegliche Maßnahmen zu unterlassen, die die Zusammenarbeit anderer Staaten mit dem Iran in finanzieller, wirtschaftlicher, politischer und anderer Hinsicht behindern. „Wir verurteilen diesen Schritt nachdrücklich“, kommentierte das russische Außenministerium die neuen Sanktionen.
Die USA waren vor einem Jahr einseitig aus dem Atomabkommen ausgestiegen, weil sie den Iran für einen Unruhestifter und Unterstützer von Terrorismus in der Region halten. Die Europäer sehen die Rolle des Irans in der Region ebenfalls sehr kritisch. Sie wollen allerdings das Atomabkommen mit dem Land erhalten und verweisen darauf, dass der Iran bislang alle schriftlich eingegangenen Verpflichtungen einhält.
Das internationale Wiener Atomabkommen war im Juli 2015 geschlossen worden. Es sollte dem Iran mit strengen internationalen Kontrollen unmöglich machen, Atomwaffen zu entwickeln. Im Gegenzug stellten die Vertragspartner, vor allem die USA, einen Abbau von Sanktionen und eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen in Aussicht.
dpa
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