Einweg-Geschirr zur vielfachen Verwendung

15.10.2009 | Stand 03.12.2020, 4:35 Uhr

An die Fabrikantenfamilie erinnert heute nur noch diese Gedenktafel an der Filialkirche.

Schamhaupten (DK) Früher waren sie wichtige Gebrauchsgegenstände im Alltag. Heute kommt den Flaschen, Krügen und Trinkgefäßen aus Ton im Altmannsteiner Marktmuseum keine große Bedeutung mehr zu. Sie sind nur noch stumme Zeitzeugen einer wirtschaftlich bedeutenden Epoche.

Wenige Einheimische wissen überhaupt noch von der großen Steinzeugfabrik der Familie Görz in Schamhaupten. Sie existierte von 1784 bis 1831. Dann verlagerte sie ihren Standort nach Sandersdorf, wo sie bis 1901 produzierte. Nach einem Brand wurde die Fabrik nicht mehr aufgebaut, die Produktion eingestellt.

Thomas Artmeier, er starb 1997, kaufte etwa 40 Jahre vor seinem Tod das Wohnhaus der Familie Görz, das vor dem Feuer verschont geblieben war. Er erwarb es von Anni Görz, einer Nachfahrin der Steinzeugfabrikanten-Familie Görz. Das Haus stand am Görzenberg, der seinen Namen der Familie verdankt. Den dort Wohnenden ist der Namensgeber längst kein Begriff mehr.

Billiger als Glas

Die Produktpalette der Steinzeugfabrik war vielfältig. Vor Einführung der früher teuren Glasflaschen wurden ab Mitte des 18. Jahrhunderts zylindrische Henkelflaschen aus Ton, so genannte Brunnenkrüge, zum Abfüllen und zum Versand von Mineralwasser und Bier hergestellt. Auch Steinzeugrohre für sanitäre Zwecke wurden vor über 100 Jahren in Sandersdorf gefertigt.

Wie ein Blick in die Chronik von Altmannstein ergibt, liegt der Ursprung des früheren so bedeutenden Gewerbes weder in Schamhaupten noch in Sandersdorf, sondern im benachbarten Bettbrunn. 1784 gründete Ulrich Einweg, "Krugbereiter" zu Philipsburg bei Salzbach, dort eine Steingutfabrik. Mangels Wasser zog er 1784 nach Schamhaupten und errichtete dicht an der Schambach ein Fabrikgebäude. Fortgeführt wurde der Betrieb bis 1816 von Sohn Josef. Die Konkurrenz des Westerwälder Geschirrs, möglicherweise auch die Qualität seiner Erzeugnisse, kostspielige Prozesse und andere Schwierigkeiten führten zum Niedergang, die Fabrik wurde versteigert. Josef Einweg wanderte nach Wien aus, kehrte aber 1822 wieder zurück.

Die Gemeinde Schamhaupten erbaute ihm ein kleines Haus, wo er einen Brennofen einrichtete und wieder produzierte. 1829 setzte sein Sohn Simon mit dem Bruder Alois Einweg das Gewerbe mit großen Schwierigkeiten fort. Da Schamhaupten die Abtretung des Wohnhauses verweigerte, half die Gutsherrschaft Sandersdorf aus der Verlegenheit und stellte 1830 ein Ökonomiegebäude und ein Darlehen von 400 Gulden zur Verfügung.

Dann begann in Sandersdorf die Ära der Familie Görz. In der Chronik im Markmuseum heißt es: "1833 verkaufte die Familie Einweg die Fabrik an Jakob Goerz von Pressath. Die Tongruben lagen in den Flurbereichen von Winden, Bitz und Megmannsdorf. Jährlich wurde 25 bis 30 Mal gebrannt." Der Betrieb muss schon vor gut 150 Jahren sehr bedeutend gewesen sein. Allein 1835 sollen demnach etwa 40 000 Flaschen, 2000 bauchige Krüge, 1000 Häfer, 3000 weiße Maßkrüge, 1000 halbe Maßkrüge und 1000 Deichel (Röhren) zu drei Schuh Länge, insgesamt also fast 50 000 Gegenstände produziert worden sein. Zum Kundenkreis gehörten der Magistrat von Innsbruck und die Stadt München, die Wasserrohre orderten.

Ein großer Teil der Bevölkerung verdiente in der Steingutfabrik ihren Lebensunterhalt. Neben der Brennerei ließen die Goerz’schen Familien einige Wohnhäuser errichten. Damals gehörte unter anderem das Anwesen Nummer 44 mit Ökonomie zum Familienbesitz. Es war das Haus der Fabrikanten, gleichzeitig diente ein Teil davon als Gastwirtschaft. An die Familie Görz erinnert heute noch eine Gedenktafel, eingelassen an der südlichen Außenwand der Filialkirche Sandersdorf. Die Inschrift lautet: "Hier ruht die gute Frau Elis Goerz, Steingut-Fabrikantensgattin von hier; geb. 29. Sept. 1845 zu Preßsath, gest. 22. April 1895." Ein Feuer besiegelte schließlich das Ende der Steingutfabrikation in Sandersdorf.

Heute Abend Vortrag

Wer mehr über dieses Thema wissen will: Mit der ehemaligen Fabrik und den dort herbestellten Produkten hat sich auch Richard Kürzinger aus Kasing befasst. Heute Abend spricht er ab 19.30 Uhr im Wirtshaus De Bassus Stuben in Schamhaupten über hochwertiges Steingeschirr aus Sandersdorf und Schamhaupten. Dabei handelt es sich nicht um eine Verkaufsveranstaltung. Vielmehr wird er die bedeutende wirtschaftliche Epoche von allen Seiten beleuchten. Organisiert hat den Abend der Garten- und Landschaftspflegeverein Schamhaupten.