Mit hartnäckigem Nebel kennen sich die Menschen im Donau-Tal auch aus. Fast schon traditionell legt sich die graue Suppe im Herbst wie ein Teppich über die Region. Die Sonne kennt man dann nur noch vom Hörensagen. Doch was Sam Bartram vor 82 Jahren widerfuhr, sucht bis heute seinesgleichen.
November 1937, England. In der Football League First Division, dem Vorgänger der heutigen Premier League, gastiert Charlton Athletic beim FC Chelsea. Wie es sich für ein ordentliches Inselwetter gehört, zieht an der Stamford Bridge im Londoner Südwesten Nebel auf. Um genauer zu sein: dichter Nebel. Mittendrin steht Bartram, der seit 1934 bei Charlton das Tor hütet. Und das macht der Mann aus Jarrow auch an jenem November-Tag äußerst gewissenhaft. Denn nur so ist seine äußerst kuriose Geschichte zu erklären.
Obwohl der Brite während der Erstliga-Partie immer weniger Spieler vor sich sieht und wegen der Nebelsuppe irgendwann komplett den Durchblick verliert, wird er nicht stutzig. Im Gegenteil. Er habe das Gefühl gehabt, „dass wir den Gegner einschnüren“, wird Bartram später zitiert. Doch damit liegt der Torhüter kräftig daneben.
Nachdem er minutenlang niemanden sieht und freilich auch keinen Schuss abwehren muss, taucht plötzlich doch eine Gestalt vor ihm auf. Es ist allerdings kein Spieler, sondern ein Polizist. Der Ordnungshüter informiert den einsamen Keeper, dass die Partie wegen der widrigen Bedingungen längst abgebrochen sei. Beide Mannschaften sind schon vor einer Viertelstunde in der Kabine verschwunden – nur eben Bartram nicht.
Dem Schlussmann, der ausschließlich für Charlton spielte und 1981 verstarb, ist daraufhin der Spott seiner Teamkollegen sicher. So ist überliefert, dass ihn seine Mitspieler für seine vorbildliche Einstellung gegen den unsichtbaren Gegner feierten. Eine unglaubliche Geschichte, an die die Fans des heutigen Zweitligisten bei allen Heimspielen immer wieder erinnert werden. Vor dem „Valley“, wie das Stadion von Charlton heißt, steht nämlich eine Statue von Bartram – und das knapp drei Meter hohe Denkmal dürfte man sogar im dichtesten Nebel nicht übersehen.
Julian Schultz
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