Pfaffenhofen
"Einfluss am Abfluss"

Jens Rohrer gewinnt zum zweiten Mal den Dichter-Wettstreit um "Goethes Schlittschuh"

06.03.2016 | Stand 02.12.2020, 20:07 Uhr

Jens Rohrer gewann zum zweiten mal Goethes Schlittschuh.
- Foto: Schüler

Pfaffenhofen (PK) Jens Rohrer, Leiter des Autorenkreises Ingolstadt, hat am Samstagabend vor etwa 60 Besuchern den Literatenwettstreit im Pfaffelbräu gewonnen. Schon zum zweiten Mal verlieh ihm die Fachjury den Preis "Goethes Schlittschuh". Auch 2012 hatte er diesen Preis gewonnen.

Zum neunten Mal wurde das Dichter-Casting "Goethes Schlittschuh" vom Kulturverein Mobile ke.V. organisiert. Der Jury gehörten Arlett Seidel vom Vorstand des Mobile e.V., die Literaturwissenschaftlerin Astrid Shchekina-Greipel sowie der Münchener Autor, Schaupieler und Kabarettist Moses Wolf an. Er ist als Drehbuchautor für "Hubert & Staller" sowie den Kinofilm "Highway to Hellas" bekannt. Moderiert wurde der Literaturreigen von Frieder Leipold. "Goethes Schlittschuh" versteht sich in erster Linie als eine Plattform des kreativen Denkens und des freien Wortes. Als Preis gibt es den Schlittschuh, den Goethe, einer nie belegten Legende nach, auf der Ilm zurückließ, nachdem er im Eis eingebrochen war.

Den Anfang machte Dominik Neumayr. Der Lehrer aus Reichertshofen ist Autor aus Leidenschaft und hat sogar schon einen eigenen Verlag gegründet. Er hatte vor zwei Jahren den Schlittschuh gewonnen. In seiner Kurzgeschichte erzählt er von einem Jugendlichen, dessen Freund an Blutkrebs erkrankt ist und noch ein letztes Mal Weihnachten feiern will - mitten im August. In der Geschichte trifft die Traurigkeit des Themas auf die Komik der Situation.

Als nächster nahm Stefan Reischl auf dem Dichterstuhl Platz. Er startet eine Karriere als Kabarettist und hatte schon öffentliche Auftritte in Pfaffenhofen. Er trug das Stück "Die Meise" vor. Es handelt von einer Meise, die in einen Schweinetrog fällt, weil sie während des Fliegens immer lustig gesungen hat. Dass das auf den ersten Blick sehr lustige Gedicht auch tiefgründig ist, merkt man erst im letzten Satz, nachdem die Meise von allen möglichen Tieren für ihre tollpatschige Art gerügt wurde - sie war einfach nicht integriert.

Das nächste Stück stammt aus der Feder von Barbara Jonasch aus Nürnberg. Es handelt von einem Roboter-Eichhörnchen mit einem eingebauten Gut-Böse-Schalter aus einer parallelen Müllwelt, von einer Zombi-Zyklopen-Raupe und von einem Zombi-Zyklopen-Raupen-Double. "Möge die Nuss mit dir sein", hieß es da in dieser sonderbaren und befremdlichen Geschichte, die die Jury durchaus überzeugte.

Jens Rohrer war zum wiederholten Mal Teilnehmer des Wettbewerbs. Er hält auch gerne spontane Guerilla-Lesungen, wie beispielsweise eine Lesung aus "Der alte Mann und das Meer" in einer Nordsee-Filliale. Er erzählte die Geschichte "Einfluss am Abfluss", die vom Besuch eines Handwerkers handelt, aus dem sich dann jede Menge Klischees und Vorurteile auf beiden Seiten ergeben. So stellt sich der Autor die Frage, wie man wohl als veganer und antialkoholischer Handwerker bei all den Bier- und Leberkässemmelspenden ordentlich seinen Job machen kann.

Die nächste Autorin war etwas Außergewöhnliches - und nicht nur, weil sie nicht anwesend sein konnte und einen Freund gebeten hatte, für sie teilzunehmen. Laura Lange ist Autistin und kann nicht sprechen. Ihre einzige Möglichkeit zur Kommunikation ist das gestützte Schreiben, das sie an der Fördereinrichtung Hohenwart gelernt hat. Mit Hilfe ihrer Mutter hat sie so in der Vergangenheit einige Gedichte und Geschichten geschrieben. Ihr Gedicht war eine nachdenkliche und bewegende Darstellung der aktuellen Flüchtlingssituation in unserem Land und die Jury war sich auch hier einig: "Selbst wenn man keine Stimme hat, kann man doch eine sehr eindeutige Sprache sprechen". Gerhard Trautmannsberger aus Geisenhausen, neben Dominik Neumayr die zweite Hälfte im Bayerischen Poeten- und Belletristik-Verlag, brachte eine nachdenkliche Geschichte mit dem Titel "Heimatschützer". Auch dieses Gedicht greift die Flüchtlingsdebatte auf und endet damit, dass sich der Heimatschützer besinnt, als er erkennt, wie ähnlich er Nazis geworden ist.

Die letzte Vortragende war Lucia Pobitscha. Sie schreibt bereits an ihrem ersten Buch und trug nach eigenen Worten eine Fantasy-Fabel vor, in der überhaupt keine Tiere vorkommen.

Nachdem sich die Jury zur Beratung zurückgezogen hatte, war es nach über zwei Stunden unterhaltsamen Programms so weit und der Gewinner stand fest. Zunächst verständigte sich die Jury darauf, Laura Lange für ihren Mut einen Sonderpreis zu verleihen. So wird sie künftig auf der Website von Mobile e.V. genannt, um sie und ihre Texte bekannter zu machen. Den dritten Platz belegte Stefan Reischl, auf dem zweiten Platz landete "Das Roboter-Eichhörnchen" von Barbara Jonasch. Schlittschuh-Preisträger wurde Jens Rohrer mit seiner Kurzgeschichte "Einfluss am Abfluss".