Ingolstadt
Einer, der vorangeht

Vor Duell mit St. Pauli: Philipp Tschauner ist beim FCI die unumstrittene Nummer eins

22.02.2019 | Stand 23.09.2023, 6:03 Uhr
Seine Stärken liegen auf der Linie und im Eins-gegen-Eins: Neuzugang Philipp Tschauner wurde von Bundesligist Hannover 96 ausgeliehen und hinterließ bisher einen guten Eindruck. −Foto: Schultz

Ingolstadt (DK) Aus Vier mach' Eins: Damit kann die kuriose Torhüter-Situation beim FC Ingolstadt wohl am besten beschrieben werden. Mit Philipp Tschauner, Fabijan Buntic, Philipp Heerwagen und Marco Knaller stehen bei den Schanzern gleich vier Profis unter Vertrag, die in der aktuellen Saison schon zum Einsatz kamen. "Wir haben uns mit der Situation arrangiert", meint Stammtorwart Tschauner vor der Partie beim FC St. Pauli (Samstag, 13 Uhr).

Die beste Abwehr der Rückrunde, zwei Zu-Null-Spiele gegen Greuther Fürth (1:0) und Erzgebirge Aue (3:0) sowie eine Glanztat im vergangenen Heimspiel gegen den VfL Bochum (2:1): Für Tschauner und den FCI ließ sich die Restrunde nach der Winterpause vielsprechend an. Als vor wenigen Tagen auch noch seine Ehefrau Jenny und die beiden Söhne nach Ingolstadt nachkamen, war das Glück nahezu perfekt. "Es tut mir persönlich gut, wenn ich meine Familie um mich herum habe", gibt der 33-Jährige einen privaten Einblick und ergänzt aus sportlicher Sicht: "Wir verteidigen sehr gut und haben dem Gegner in den ersten drei Spielen nie wirklich Torchancen zugelassen. Das ist die Qualität, die wir für die restliche Saison brauchen."

Vor seiner Rückkehr nach St. Pauli - zwischen 2011 und 2015 absolvierte Tschauner 109 Partien für den Kiezklub - hat der Torhüter vergleichsweise leicht Reden. Schließlich ist er es, der den Vierkampf zwischen den Pfosten für sich entschieden hat - sofern es diesen nach seinem Wechsel in der Winterpause ernsthaft gegeben hat. Tschauner gibt offen zu, dass es zu Beginn der Vorbereitung schon ein "komisches Gefühl" gewesen sei, dass sich gleich vier Spieler um den begehrten Platz zwischen den Pfosten duellieren. Inzwischen habe das Quartett die außergewöhnliche Konstellation aber "gut angenommen" und sich "mit der Situation arrangiert", meint der gebürtige Schwabacher.

Einer der Leidtragenden ist Philipp Heerwagen - und der 35-Jährige macht erst gar keinen Hehl aus seiner Enttäuschung. "Klar tut es weh", sagt der Routinier, der in der aktuellen Saison fünfmal zum Einsatz gekommen ist. "Es ist eine ungewöhnliche Situation, die ich so in meinen 17 Jahren Profifußball auch noch nicht erlebt habe. Aber der FC Ingolstadt hatte wahrscheinlich auch noch nie so eine ungewöhnliche Hinrunde. Es sind besondere Zeiten, die besondere Maßnahmen erfordern, von daher habe ich das zu respektieren", berichtet der gebürtige Kelheimer.

Am meisten an der Situation zu knabbern hat offenbar Marco Knaller, der sich anders als Heerwagen nicht äußern wollte - kein Wunder, möchte man fast sagen. Schließlich ging der 31-Jährige als Nummer eins in die Spielzeit, fand sich nach einigen Unsicherheiten bei insgesamt neun Einsätzen zunächst aber nur noch auf der Auswechselbank wieder und zählt inzwischen nicht mal mehr zum Kader. "Marco und ich sind halt die, die zu Hause bleiben", stellt Heerwagen ernüchtert fest. Erster Ersatzkandidat für Tschauner ist Nachwuchshoffnung Fabijan Buntic, der bis zur Verpflichtung des neuen Stammtorwarts auf vier Partien kam.

Doch weil es eben nur einen geben kann, genießt Tschauner das volle Vertrauen von Trainer Jens Keller. "Er ist sehr wichtig für uns, wie er beispielsweise vor Spielen klare Ansprachen macht und nicht irgendwelche Floskeln raushaut", lobt der 48-Jährige seine Nummer eins und ergänzt über dessen reaktionsschnelle Fußabwehr gegen Bochum: "Er war entscheidend, dass wir das Spiel gewonnen haben."

Damit der nächste Dreier in der Hansestadt dazukommt, fordert Tschauner: "Wir haben zwar aus vier Spielen drei Siege geholt, aber deutlich verbessert hat sich unsere Situation ja nicht. Wir müssen wieder an unsere 100 Prozent herankommen." Dass die Hanseaten um Ingolstadts Ex-Trainer Markus Kauczinski nach nur einem Sieg seit der Winterpause unter Druck stehen, mache die Aufgabe nicht einfacher. "Es ist ein bisschen eine Reise ins Ungewisse, weil sie mit ihrem Rückrunden-Start sehr unzufrieden sind", meint Tschauner.

Zum absoluten Glück fehlt dem Franken übrigens noch etwas - wie auch seiner Rückennummer 22 zu entnehmen ist. "Die Zwei steht für die Zweite Bundesliga. Ich habe mich dann für die 22 entscheiden, weil wir ja auch in der 2. Liga bleiben wollen", erklärt er. Den nächsten Schritt dazu können die Ingolstädter am Samstag machen.

FCI in Kürze

Aufstellungen: Innenverteidiger Mergim Mavraj kehrte am Mittwoch  ins Mannschaftstraining zurück, nachdem er  gegen den VfL Bochum (2:1) pausieren musste. Kapitän Almog Cohen steht wegen des Trauerfalls in seiner Familie  weiter nicht zur Verfügung. Der Israeli wird an diesem Sonntag in Ingolstadt zurückerwartet. 

FC St. Pauli: Himmelmann - Zander, Hoogma, Avevor, Buballa - Knoll, Buchtmann - Möller Daehli, Allagui (Miyaichi), Neudecker - Meier.

FC Ingolstadt: Tschauner - Paulsen, Kotzke, Mavraj, Otavio - Kerschbaumer, Krauße, Träsch - Pledl, Lezcano, Kittel.

Bilanz: In bislang 13 Partien gegen St. Pauli konnten die Ingolstädter erst drei Siege feiern. Vor allem am Millerntor hatten die Schanzer bislang große Probleme. Nur einmal entführten sie die drei Punkte – dafür aber mit einem Rekord. Das 4:0   aus der Vorsaison ist bis heute ligaweit der höchste Auswärtssieg des FCI. Doppeltorschütze Sonny Kittel, Christian Träsch und Dario Lezcano erzielten  die Treffer.

Statistik: Mit vier Gegentoren in den fünf Rückrundenspielen kassierte der FCI die wenigsten aller Zweitligisten. Nur Jahn Regensburg (246) und der SC Paderborn (240) führten in diesem Zeitraum mehr Zweikämpfe als die Mannschaft von Trainer Jens Keller (232).

Soziales Engagement: Auch wenn Torwart Philipp Heerwagen bei den Schanzern inzwischen außen vor ist, wird es dem 35-Jährigen nicht langweilig. Der gebürtige Kelheimer engagiert sich seit Jahren für  „Viva con Agua“. Der gemeinnützige Verein setzt sich dafür ein, dass alle Menschen weltweit Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. „Das ist eine Sache, die ich sehr gerne unterstütze“, sagt Heerwagen, der sich seit seiner Zeit beim FC St. Pauli (2012–2018) für das Projekt einsetzt.

Zuschauer: Rund 650 Fans werden die Ingolstädter an diesem Samstag (13 Uhr) im ausverkauften Millerntor-Stadion unterstützen. 

Julian Schultz