Ingolstadt
"Eine unglaubliche Dankbarkeit"

Wie ein Ingolstädter Ehepaar jungen Menschen in Ruanda durch einen Schulneubau Perspektiven gibt

15.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:47 Uhr
Das Ingolstädter Ehepaar Antje Meinen und Jürgen Hackbarth vor "seiner"Schule in Mpara in Ruanda. −Foto: Privat

Ingolstadt (DK) Menschen verlassen ihre Heimat nicht ohne triftigen Grund. Wenn schon die selbstverständlich erscheinende Möglichkeit fehlt, einen ordentlichen Schulabschluss zu machen oder einen Beruf zu erlernen, verwundert es kaum, dass die Zahl der Flüchtlinge aus Afrika nicht sinkt.

Das Problem anzugehen, ist aber nicht allein Sache der Politik, denn jeder kann dabei helfen, Perspektiven zu schaffen. Ein Ehepaar aus Ingolstadt mochte jedenfalls nicht tatenlos zuschauen und hat den Bau einer Unterrichtsstätte in Ruanda finanziert. Inzwischen sammelt es Spenden, um weitere Schulbauten zu sanieren.

Antje Meinen (54) und Jürgen Hackbarth (58) hatten 2016 einen bewegenden Vortrag von Reiner Meutsch gehört, der mit seiner Stiftung Fly & Help Schulen in Ländern baut, wo Unterrichtsstätten noch keine Selbstverständlichkeit sind. Sie waren beeindruckt. "Da sind wir infiziert worden", sagt der 58-jährige Hubschrauberpilot und Fluglehrer bei Airbus und lacht. Schnell war klar: Die Eheleute wollten ihr Scherflein dazu beitragen, jungen Menschen in Afrika eine Perspektive zu geben. Die Stiftung machte den beiden zwei, drei Vorschläge. "Wir wollten schon ein komplettes Projekt durchziehen, haben mal Kassensturz gemacht und festgestellt: Es geht!" Die Wahl fiel auf die Ecole Primaire Mpara in Ruanda, 44000 Euro sollte der Neubau der Schule kosten. 2017 erfolgte die Umsetzung, im Februar 2018 die Einweihung. Antje Meinen und Jürgen Hackbarth flogen nach Mpara und waren bei der Feier dabei - stolz und zugleich überwältigt davon, wie die Menschen sie dort empfingen. "Es war eine überschäumende Freude und unglaubliche Dankbarkeit, die wir erfahren haben", erzählt Antje Meinen. "Das war für uns beide das größte Geschenk", findet die freiberufliche Fotografin.

Doch das Gebäude reicht bei Weitem nicht aus für die 830 Schüler und 160 Kindergartenkinder, die in der Einrichtung zu betreuen sind. "Das alte Schulhaus stand nebenan, recht marode und das Dach nach einem Sturm halb abgedeckt", erinnert sich Hackbarth. Zusammen mit seiner Frau beschließt er, auch dessen Sanierung über Spenden anzupacken, 31000 Euro waren dafür veranschlagt. Wieder daheim, bitten sie Familie, Bekannte, Freunde und Kollegen um Unterstützung und bringen die benötigte Summe tatsächlich zusammen. "Im November 2018 waren wir wieder unten, da ist das renovierte Schulhaus in Betrieb gegangen."

Doch noch immer reicht der Platz für die vielen Kinder nicht aus. Es gibt drei weitere Gebäude, die das Problem lösen würden, aber sie sind baufällig. Das Ingolstädter Ehepaar nahm die Herausforderung an und sammelt seit Mai erneut Geld, diesmal müssen 80000 Euro zusammenkommen. Noch sind es erst 5020 Euro (Stand 1. Juli), doch das wird sich diese Woche schlagartig ändern. Die Grundschule in Ingolstadt-Zuchering unterstützt das Vorhaben als Partner der Ecole Primaire Mpara und will den Erlös ihres morgigen Spendenlaufs - erwartet wird ein gut vierstelliger Betrag - zur Verfügung stellen. "Es ist ein so gutes Gefühl, jungen Menschen in Afrika die Chance zu geben, etwas aus ihrem Leben zu machen", sagt Antje Meinen. Das Ehepaar informiert auf seiner Internetseite (help-heal-hope.de), wie es mit seinen Plänen in Ruanda weitergeht.

Unabhängig davon verfolgt der Donauwörther Landrat Stefan Rößle - wie bereits ausführlich berichtet - ein noch ambitionierteres Ziel: "1000 Schulen für unsere Welt", nennt sich ein von ihm initiiertes, bundesweites Vorhaben, das ebenfalls über Fly & Help läuft. Erst im vergangenen Herbst angestoßen, "liegen wir derzeit bei rund 75 Schulneubauten und wollen bis zum Gründungstag des Projekts am 18. November 100 Schulen geschafft haben", sagt Rößle. Viele Landkreise und Gemeinden bayern- und bundesweit unterstützen ihn dabei, aus dem Raum Ingolstadt gibt es bisher noch keine konkrete Zusage.

"Dabei können wir als Kommunen weit mehr bewegen, als viele meinen", weiß der Landrat. Rößle selbst hat ebenfalls bereits eine Schule in Afrika aus privaten Mitteln finanziert und dieselben Erfahrungen wie das Ingolstädter Ehepaar gemacht: "Die Dankbarkeit dieser Menschen ist wirklich enorm. Und es besteht noch ein immenser Bedarf, auch was Berufsschulen betrifft. Dieses Feld müssen wir noch viel mehr beackern."

Horst Richter