Ingolstadt (DK) Streik an Kitas und Kindergärten, städtischen Einrichtungen und Kliniken war heute in Ingolstadt und der Region angesagt. Mit Trillerpfeifen verschafften sich rund 400 Streikende bei einer Kundgebung von GEW und Verdi auf dem Ingolstädter Rathausplatz Gehör. Zehn Busse mit insgesamt 456 Teilnehmern machten sich zudem heute Morgen auf den Weg zur zentralen Kundgebung nach Nürnberg.
„Wer eine Horde Kinder managt, verdient ein Managergehalt“, stand auf einem der vielen Plakate auf dem Ingolstädter Rathausplatz. So weit wollen die Streikenden und Gewerkschaften aber gar nicht gehen. Ihre tatsächlichen Forderungen sind deutlich bescheidener: „Bessere Anerkennung, bessere Arbeitsbedingungen, eine bessere Personalbesetzung, mehr Gehalt“, wünschen sich die vornehmlich weiblichen Erzieherinnen, die sich hier zur Streikkundgebung mit anschließendem Marsch durch die Innenstadt eingefunden haben. Isabella Tieber, Leiterin des Kindergartens in Kösching, ist mit ihrem Team auf dem Rathausplatz dabei. Auch der Gemeindekindergarten und die Krippe in Großmehring sind mit voller Mannschaft vertreten. Und die meisten Kitas der Stadt, die gestern bis auf wenige Ausnahmen geschlossen hatten.
Als „Zeichen des guten Miteinanders“ war auch Oberbürgermeister Christian Lösel auf dem Rathausplatz präsent. Und machte in seinem Grußwort klar, dass die Forderung der Gewerkschaften für den öffentlichen Dienst bei ihm auf offene Ohren stoße. Gerade in Ingolstadt, einem Standort mit florierender Wirtschaft, gebe es zunehmend Wettstreit um die besten Köpfe. „Wir müssen schauen, dass wir als öffentlicher Dienst in der Summe nicht abgekoppelt werden.“ Lösel sprach sich für eine Reallohnsteigerung aus, bat aber darum, die Tarifverhandlungszeit kurz zu halten.
„Wir legen den Grundstock für unsere Gesellschaft“, hob der Erzieher, Kinderpfleger und Heilerziehungspfleger Andreas Fischer aus Neuburg die Verantwortung der Erzieherinnen und Erzieher in Krippen und Kindergärten hervor. Es werde höchste Zeit, dass der wichtige Beitrag, den diese für die Gesellschaft und das Land leisteten, entsprechend honoriert werde. „Warum verdient jemand, der Autos baut, mehr als die, die an Menschen arbeiten?“, fragte sich die Landtagskandidatin der Linkspartei, Eva Bulling-Schröter.
GEW-Landesvorsitzender Anton Salzbrunn monierte, dass es in Bayern immer noch keine Lehrerentgeltordnung für Lehrkräfte, die bei Kommunen beschäftigt sind, gebe. Das müsse sich ändern. Applaus von den an der Kundgebung teilnehmenden Mitarbeitern des Berufsbildungszentrums. Für Gebiete wie Ingolstadt, in denen die Mieten horrend seien, sei zudem eine Ballungsraumzulage „längst überfällig“. Die Tatsache, dass die Arbeitgeber noch nicht einmal ein Angebot auf den Tisch gelegt hätten, zeige „die Arroganz gegenüber den Beschäftigten“, so Salzbrunn in seiner von Trillerpfeifen und Applaus begleiteten Rede. Sollte bei der dritten Tarifrunde am Wochenende immer noch kein Angebot vorliegen, „kommen wir wieder“. Dann würden „die Maikundgebungen zu Streikkundgebungen“.
Von einer „überfälligen und realistischen Forderung“ sprach DGB-Sekretär Christian De Lapuente. „Wir brauchen gut qualifizierte und motivierte Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Gute Arbeit braucht gute Leute. Und die müssen ordentlich für ihre Arbeit bezahlt werden“, lautete seine Botschaft an die örtlichen Arbeitgeber. Auch für den neuen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte er einen Rat parat: „Nehmen Sie die Beschäftigten ernst!“
Verdi und die GEW fordern für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Kommunen sechs Prozent mehr Lohn und Gehalt, mindestens aber 200 Euro im Monat. Gleichzeitig sollen die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte um 100 Euro pro Monat angehoben und die Vorschrift, Azubis nach abgeschlossener Ausbildung zu übernehmen, wieder in Kraft gesetzt werden.
Von dem Streik betroffen waren neben städtischen Kindertageseinrichtungen und Tochtergesellschaften auch Einrichtungen des Bundes, darunter das Ausbildungszentrum Pioniere in Ingolstadt und die Wehrtechnische Dienststelle in Manching. Auch in den Landkreisen Eichstätt, Pfaffenhofen und Neuburg-Schrobenhausen standen viele vor verschlossenen Kita- oder Behördentüren. Vom Ingolstädter Klinikum sind gestern rund 80, von den Kliniken im Naturpark Altmühltal gut 50 Mitarbeiter zur zentralen Kundgebung nach Nürnberg aufgebrochen. Eine Notdienstvereinbarung gab es am Klinikum nicht, weil eine deutliche Einschränkung der medizinischen Versorgung nicht zu erwarten gewesen sei, so Pressesprecherin Katja Vogel. Der Betrieb lief weitgehend normal. Allerdings mussten fünf geplante Operationen verschoben werden. In Kösching wurde streikbedingt ein Operationssaal nicht genutzt.
Größere Beschwerden gab es gestern bei der Stadtverwaltung nicht, so Pressesprecher Michael Klarner. Der DK traf vor der geschlossenen Kita Grüne Insel zufällig den Fahrer eines Kühlwagens, der Gefriergut anliefern wollte und vor verschlossenen Türen stand. Schon am Dienstag musste ein Termin in der Audi-Duft-Werkstatt entfallen. Der Bürgermeister aus Grasse und sein Begleiter waren „Opfer“ der Flughafenstreiks. Ihr Lufthansaflug aus Nizza wurde annulliert.
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