Beilngries (DK) Es ist ein Szenario, das man sich nicht gern vorstellen mag: Eine Katastrophe ist passiert, die Menschen irren umher, suchen nach ihren Angehörigen, wissen nicht, ob diese noch leben, ob sie unter den Opfern sind oder vielleicht irgendwo in einem Krankenhaus verletzt liegen.
Wie finde ich nun in solch einem Ausnahmezustand mein Kind, meine Eltern, Freunde?
Es gibt Helfer, die in dieser Situation schnellstens tätig werden. Ehrenamtliche, die nicht nur Verletzten helfen, sondern auch bei solchen sogenannten "Großschadensereignissen" Auskunft geben können. Bei der Bereitschaft des Roten Kreuzes Beilngries haben gerade rund 20 Personen die "Fachdienstausbildung Suchdienst" absolviert, um als Kreisauskunftsbüro (KAB) des Roten Kreuzes zu unterstützen. An zwei Wochenenden lernten sie, wie im schlimmsten Fall der Fälle Daten gesammelt werden, also Personen registriert werden, die verletzt oder getötet wurden. So können die Anfragen von Verwandten oder besorgten Bürgern schnell beantwortet werden. Das Seminar für Helferregistrierung dauerte zwei Wochenenden, jeweils Samstag und Sonntag, gesamt 32 Stunden. Das KAB arbeitet mit dem Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes zusammen, der Menschen hilft, die aufgrund bewaffneter Konflikte, Katastrophen oder anderer humanitärer Notlagen verzweifelt auf Nachricht von ihren Angehörigen warten oder ihre Nächsten vermissen sowie Familien, die aufgrund ungünstiger politischer Verhältnisse getrennt voneinander leben müssen und auf eine Zusammenführung in Deutschland hoffen.
Für die Teilnehmer des Seminars wurde nach drei Tagen mit viel Theorie am vierten Tag ein praktischer Katastrophen-Fall inszeniert. Jeder hatte dabei die Möglichkeit, an allen Stationen tätig zu werden: bei der Registrierung der Helfer, der Verletzten und Evakuierten ebenso wie bei der Erfassung von Suchanfragen, persönlich oder telefonisch, sowie beim Datenabgleich, durch den Übereinstimmungen festgestellt werden konnten - und im besten Fall der Suchende schließlich Nachricht über den Verbleib seines Vermissten erhielt.
"Wozu das denn alles, schließlich gibt es Handy? ", ist vielleicht eine spontane Frage nach dem Sinn einer solchen Anlaufstelle. Die Antwort ist ebenso nachvollziehbar: Im Fall einer großen Überschwemmung oder einer Naturkatastrophe würde wohl auch die technische Infrastruktur zusammenbrechen, Handys würden verloren gehen, Telefonnummern nicht mehr greifbar sein. "Die Angehörigen sind dann natürlich froh, wenn sie einen direkten Ansprechpartner haben, der ihnen vielleicht Auskunft geben kann", erklärt Erhard Schmailzl vom BRK Beilngries. Er gehörte zu den ehrenamtlichen Seminarteilnehmern und ist Leiter des KAB. Er weiß genau Bescheid über den Ablauf einer solchen Aktion - mit Registrierungskarten anlegen, Personenlisten erstellen und dem anschließenden "Verkarten". Denn um überhaupt Auskunft über vermisste Angehörige geben zu können, müssen im Vorfeld die notwendigen Personendaten natürlich einzeln erfasst werden. Dies geschieht eben durch die Einsatzkräfte vor Ort mit Hilfe der Registrierungsmaterialien des Roten Kreuzes. "Dieses System ist bewährt. Jedes Kreisauskunftsbüro in Deutschland arbeitet nach wie vor nach den Regeln der manuellen, papiergebundenen Karteiführung und Registrierung", erklärt Schmailzl. Wer an der Ausbildung teilnehmen wollte, musste zuvor erfolgreich einen Sanitäts- und einen Betreuungsgrundkurs absolviert haben. "Denn natürlich werden von uns vor Ort nicht nur Daten gesammelt, sondern helfen wir im Notfall auch, Verletzte zu retten oder zu versorgen. Patientenrettung geht vor Registrierung", so Schmailzl.
Drei Teilnehmer werden nun noch an einem Gruppenführerlehrgang teilnehmen, damit aus dem KAB eine SEG (schnelle Einsatzgruppe) werden kann. "Wir sind sicherlich keine Truppe, die wöchentlich zum Einsatz kommt, zum Glück", sagt Schmailzl. Sein Motto: "Wenn wir nichts zu tun haben, dann geht es den Leuten gut. Je weniger wir arbeiten müssen, desto besser also für alle. "
Regine Adam
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