Ingolstadt
Eine Atmosphäre der Geborgenheit

Neues Projekt der Ingenium-Stiftung: Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenzerkrankungen

19.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:22 Uhr

Jeder hat ein eigenes Zimmer, Bäder und Gemeinschaftsräume werden – wie die Küche – geteilt. Die Ingenium-Stiftung bietet erstmals Wohngemeinschaften für Demenzerkrankte. Beim Tag der offenen Tür zeigten Katharina Derr (links) und Nicole Kreuzer (Mitte) gestern die neuen Räume - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Über vier Jahre lang hat die Ingenium-Stiftung an dem Konzept getüftelt, gestern wurden die neuen Wohngemeinschaften „Helmut“ und „Mathilde“ in Friedrichshofen offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Für Mathilde Greil, Vorstandsvorsitzende der Ingenium-Stiftung und Ehrenvorsitzende der Ingolstädter Alzheimer-Gesellschaft, war es ein ganz besonderer Tag: „Mein Mann hätte morgen seinen 84. Geburtstag. Heute weihen wir ihm zum Gedächtnis das ,Haus Helmut’ ein.“

Nach Mathilde und Helmut Greil, der an Alzheimer erkrankt war und bis zum Tod von seiner Frau Mathilde gepflegt wurde, sind die beiden Wohngruppen benannt. Das Außergewöhnliche daran: Es sind Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenzerkrankungen. Sie ermöglichen ein weitgehend selbstbestimmtes Leben, wenn der Aufenthalt in den eigenen vier Wänden nicht mehr möglich ist. Jeweils acht Bewohner können die Räume anmieten und gemeinsam nutzen. Jeder hat dabei – ähnlich wie in einer Familie – sein eigenes Zimmer. In jeder Wohngemeinschaft ist eine Fachkraft als „Moderatorin“ tätig, um bei großen und kleinen Problemen weiterzuhelfen: Katharina Derr und Nicole Kreuzer. Im Obergeschoss sind je neun Zweizimmerwohnungen für betreutes Wohnen. Den ambulanten Pflegedienst wählen die Mieter selbst aus.

Von außen sehen die beiden Gebäude aus wie eine Wohnanlage der gehobenen Art. Flach geneigte Dächer erinnern an Toskanahäuser. Teile der Fassade und der Dachstuhl sind in Holzskelettbauweise. „Das verbessert die Ökobilanz des Gebäudes“, betont Architekt Bertold Ziersch, der für die Ingenium-Stiftung bereits das Danuviushaus in der Blücherstraße geplant hat. Durch eine Grundwasserwärmeanlage werden die Gebäude hauptsächlich mit regenerativer Energie beheizt. Wichtig bei der Planung: Freundlich wirkende Farben und Oberflächen, Bewegungsflächen als Rundgang mit offenem Blick nach außen, kurzum, eine Atmosphäre der Geborgenheit zu schaffen.

Rund drei Millionen Euro hat sich die Ingenium-Stiftung ihr neuestes Projekt kosten lassen. Einschließlich Grundstückskauf, der notwendig war, um an entsprechende Zuschüsse zu kommen. So wurde der Bau nicht zuletzt aufgrund großzügiger Spenden aus der regionalen Wirtschaftswelt und der Familie Greil, aus Zuschüssen der bayerischen Staatsregierung und der Deutschen Fernsehlotterie „Ein Platz an der Sonne“ finanziert. Bei der Eröffnung gab es dafür viel Applaus. Oberbürgermeister Alfred Lehmann nannte das neue Angebot eine „Bereicherung für die Stadt“. Die Stadttochter IFG hat der Stiftung das Grundstück in der Neidertshofener Straße verkauft. „Und zwar zu einem möglichst niedrigen Preis“, wie der OB betonte.

Maria Weigand, Leiterin des Referates Pflege des bayerischen Sozialministeriums, freute sich, dass endlich die gesetzlichen Rahmenbedingungen für solche Wohnformen geschaffen worden seien. Der Staat hat seither 47 Projekte mit insgesamt 1,5 Millionen Euro gefördert.

Die Pfarrer Paul Hauber (katholisch) und Sonja Schobel (evangelisch) gaben dem Gebäude den kirchlichen Segen. Warum solche Einrichtungen immer notwendiger werden, fasste Sonja Schobel in Worte: „Jeder will alt werden, alt sein, das will keiner.“