Roth
"Ein überfälliges Werk und ein Appell an unsere Zivilcourage"

Heimatforscher Claus Wittek hat ein Buch über die KZ-Opfer aus dem heutigen Landkreis Roth und der Stadt Schwabach veröffentlicht

21.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:17 Uhr |

Roth (ub) "Es ist in unseren Breiten immer noch kein Thema, das sich ausschließlich sachlich diskutieren lässt: die Aufarbeitung der örtlichen NS-Geschichte in unserem Landkreis Roth". Schreibt es der Eckersmühlener Autor Claus Wittek im Vorwort seines neuen Buches. Im Gegensatz zur Erinnerungskultur an die jüdischen Opfer des NS-Regimes sei über die nicht-jüdischen KZ-Opfer bislang so gut wie kein Wort verloren worden - weder von öffentlicher Seite noch von der Seite der hiesigen Heimatforscher - von wenigen Ausnahmen abgesehen.

"Deren Schicksale (gemeint sind die KZ-Opfer) wurden von den Opfern zumeist selbst verschwiegen, so dass diese Schicksale ins kollektive Vergessen zu versinken drohten." Claus Wittek trägt nun dazu bei, dass diese Schicksale nicht vergessen werden. Nach gründlicher Recherchearbeit legt er nun das Buch "Beschwiegene Schicksale - KZ-Opfer aus dem heutigen Landkreis Roth und der Stadt Schwabach" vor.

Insgesamt schildert der Autor 23 Einzelschicksale von Menschen aus Thalmässing, Obermässing, Schwabach, Stauf, Alfershausen, Altenfelden, Allersberg, Wendelstein, Spalt, Roth, Meckenhausen, Greding, Aberzhausen und Hilpoltstein, die beispielsweise allein durch unbedachte Äußerungen gegen Hitler und seine Schergen ins Visier der Nazis gerieten und dafür ins Konzentrationslager geworfen wurden. Alle beschriebenen Schicksale sind in ihrer Weise jedes für sich bewegend.

Viele der Opfer fielen nicht nur dem Wahn und der Willkür des NS-Apparates zum Opfer, sondern waren Opfer der Boshaftigkeit und Feigheit ihrer Mitbürger in ihrem eigenen Umfeld. "Belege für entsprechende Denunziation in den damaligen Landkreisen Schwabach und Hilpoltstein, beispielsweise aus reiner Boshaftigkeit und Profilierungssucht, sind allein im Nürnberger Staatsarchiv zuhauf vorhanden", schreibt der Autor.

"Mit der vorliegenden Studie über KZ-Opfer aus dem heutigen Landkreis Roth und der Stadt Schwabach leistet Claus Wittek betreffend der örtlichen NS-Geschichte ein weiteres Mal Pionierarbeit", würdigt der Historiker Eckart Dietzfelbinger. "Sie verdient höchste Anerkennung. Seine akribischen wissenschaftlichen Recherchen, insbesondere gestützt auf Aktenbestände des Sondergerichts Nürnberg im Staatsarchiv, weisen ihn als profunden und seriösen Historiker aus." An 23 Fallbeispielen aus der Region gelinge dem Autor die Vermittlung von der Durchdringung der NS-Terrorherrschaft bis in die tiefste Provinz.

Die hier erstmals vorgestellten Fälle stünden stellvertre-tend für alle anderen zur Erinnerung an ihr Leid und ebenso als Mahnung und als Warnung vor einer erneuten möglichen Gefährdung menschlicher Freiheit. Sie müssten deshalb im öffentlichen Gedächtnis bewusst bleiben.

"Leicht macht es sich Claus Wittek und uns nicht, sich mit Schicksalen von Opfern in der Nazi-Zeit zu beschäftigen", schreibt Landrat Herbert Eckstein in seinem Vorwort, "er hat ein überfälliges Werk zusammengestellt." Witteks Buch helfe "ganz stark mit, das Denken und Handeln in der damaligen Zeit nachzuvollziehen - ja den Versuch zu machen, zu verstehen, wenn es zu Denunziationen gekommen ist".

Eckstein macht noch auf etwas Weiteres aufmerksam: "Es war wohl die letzte Chance, noch mit Menschen zu reden, die diese Opfer persönlich gekannt haben." Nur mit den Erfahrungen aus der Vergangenheit könne man die Weichen für die Zukunft richtig stellen: "Das Buch ist ein Appell an unsere Zivilcourage, ja ein Plädoyer für unser demokratisches System", schreibt Eckstein.

Liest man die nüchtern geschilderten Lebenswege der Menschen, die in die Fänge der Nazis gerieten, wird man beklommen und wütend und man fragt sich immer wieder: Wie konnte so etwas nur passieren? Der Staatsterror der Nationalsozialisten stempelte unschuldige einfache Menschen zu Verbrechern, das Unrechtssystem ist ein abschreckendes Beispiel dafür, was Menschen den Menschen antun können. Ein absolut lesenswertes Buch!

Claus Wittek: Beschwiegene Schicksale - KZ-Opfer aus dem heutigen Landkreis Roth und der Stadt Schwabach. Erschienen im Selbstverlag. 133 Seiten, 15 Euro. Erhältlich bei den Rother Buchhandlungen Feuerlein und Genniges, im Museum Schloss Ratibor, im Landratsamt Roth und im Haus des Gastes in Hilpoltstein

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