Ein Symbol für Freiheit und Einheit

18.09.2012 | Stand 03.12.2020, 1:03 Uhr
Barbara Wieben und Christoph Lickleder vor der Befreiungshalle in Kelheim −Foto: Picasa

Kelheim (DK) Die Befreiungshalle in Kelheim wird 150 – und noch immer ist ihre Faszination ungebrochen.
Christoph Lickleder, Projektkoordinator des Jubiläumsjahres, und Tourismusreferentin Barbara Wieben erklären im Interview, was die Menschen an dem Bau derart verzaubert.

Frau Wieben, Herr Lickleder, worin liegt der besondere Reiz der Befreiungshalle?

Christoph Lickleder: Die Halle ist wirklich ein monumentales Bauwerk, das sich hervorragend in die Landschaft einfügt. Errichtet wurde sie aber in Gedenken an die Befreiungskriege. Die damals entscheidenden Begriffe der Freiheit und Unfreiheit sind noch heute für die Menschen wichtig.

Barbara Wieben: Gleichzeitig hat die Halle eine sehr große Magnetwirkung und zieht jedes Jahr Tausende Menschen an. Sie gehört zu Kelheim, ohne sie gibt es unsere Stadt nicht.

Dennoch ist die Befreiungshalle gerade für viele Kelheimer nichts Besonderes mehr.

Wieben: Die breite Bevölkerung erreichen wir im Jubiläumsjahr aber sicher gut. Denn wir rücken die Halle und ihre Bedeutung wieder ins Bewusstsein. Die Kelheimer werden kommen.

Lickleder: Wir profitieren auch von der Natur. Schon 1840 hat Ludwig I. einen besonderen Schutz für die Weltenburger Enge festgelegt – wir haben hier also eines der ersten Naturschutzgebiete. Das lockt die Menschen an.

Trotz allem ist die Halle eine Gedenkstätte. Wie lässt es sich verhindern, dass diese Bedeutung in Vergessenheit gerät?

Lickleder: Napoleon spielt dabei eine große Rolle. Er wollte Europa unterjochen. Das zu verhindern, war mit hohem Blutzoll verbunden. Die Erinnerung daran ist hier Stein geworden. Und das muss man immer wieder betonen. So etwas darf sich nie wiederholen.

Was viele Bayern heute gerne vergessen: Das Königreich stand bis 1813 auf Seiten Napoleons. Welche Rolle spielt dieser Umstand heute?

Lickleder: Gar keine. Denn gelitten haben damals alle Menschen. Wichtiger ist, dass wir hier ein Denkmal haben, das die Bedeutung des Friedens in den Vordergrund rückt. Ich erinnere mich noch gut, dass bei der Jubiläumsfeier 1963 drei Mal sechs französische Düsenjäger über die Halle dröhnten. Das war sicher kein Freundschaftsakt. Aber diese Zeiten sind vorbei. 2013 feiern wir auch 50 Jahre deutsch-französische Freundschaft.

Für den Tourismus ist das Bauwerk ein Glücksfall.

Wieben: Das stimmt. Dennoch kommt beim Tourismus die kulturelle Wertschöpfung nicht zu kurz. Wir haben durchaus gut informierte Besucher, die sich für den Hintergrund interessieren. Wir tragen der Geschichte also Rechnung.

Im Zweiten Weltkrieg hat die Geschichte die Befreiungshalle eingeholt. Was ist damals genau passiert?

Lickleder: Am Ende des Krieges war das Bauwerk mit einem Tarnnetz umgeben – aus der Luft war es ja gut zu sehen. Später stand die Halle auch unter Artilleriebeschuss aus Richtung Ihrlerstein. Die Schäden sind verschwunden. Diese Epoche wird aber die Historiker im Jubiläumsjahr beschäftigen.

Der Begriff der Freiheit war bis zur Wiedervereinigung auch in Deutschland ein Thema. Jetzt erleben wir die erste Jubiläumsfeier nach der Wende. Welche Bedeutung messen Sie diesem Umstand bei?

Lickleder: Bei der 125-Jahr- Feier 1988 waren wir von der Wiedervereinigung noch weit entfernt. Nach der Wende sind aber viele Menschen aus der ehemaligen DDR gezielt zur Befreiungshalle gekommen. Vielleicht haben wir hier wirklich ein Symbol, das für die Einheit in Europa steht. Dazu passt, dass die bayerische Europawoche im kommenden Jahr mit einem Staatsakt in Kelheim eröffnet wird.

Mit der Walhalla bei Donaustauf erinnert nur 40 Kilometer entfernt ein weiteres Bauwerk an die Zeit der Befreiungskriege. Wie ergänzen sich beide?

Wieben: Es gibt große Synergien. Die meisten Besucher wollen sowohl Befreiungshalle als auch Walhalla sehen.

Lickleder: Ludwig I. lag vor allem die Trias aus den beiden Gebäuden und dem Regensburger Dom am Herzen. Außerdem fand nur einen Tag nach der Einweihung der Walhalla die Grundsteinlegung für die Befreiungshalle statt.

Apropos Regensburg: Die Stadt bekommt das Museum für bayerische Landesgeschichte, um das sich auch Kelheim beworben hatte. Wie ergänzt sich diese Einrichtung mit der Befreiungshalle?

Wieben: Ganz gut. Kelheim profitiert sicher viel von Regensburg und andersrum auch.

Lickleder: Das sehen wir auch am 9. November. Die Jubiläumsfeiern beginnen mit einer Ausstellung zur Befreiungshalle – und zwar im Historischen Museum Regensburg.

Wie schätzen Sie den Bau der Befreiungshalle eigentlich aus heutiger Sicht ein?

Lickleder: Das war eine kolossale Leistung. Während der Dachsanierung kam zutage, dass die Kuppel ein wahres Wunderwerk ist.

Ganz einfach war der Bau aber nicht.

Lickleder: Es gab sogar drei Unterbrechungen. Dass die Befreiungshalle überhaupt steht, ist wohl nur der Initiative Ludwigs I. zu verdanken. Der König hat sogar Geld aus seiner Privatschatulle zur Verfügung gestellt.

Aktuell läuft die Dachsanierung noch. Gab es dabei neue Erkenntnisse zur Baugeschichte?

Lickleder: Es gibt einige interessante Überraschungen, die uns noch beschäftigen werden. Mehr will ich aber noch nicht verraten.

Zum Jubiläum: 1913 reiste sogar der deutsche Kaiser Wilhelm II. zur 50-Jahr-Feier nach Kelheim. Wer kommt 2013?

Lickleder: Ministerpräsident Horst Seehofer wird wohl kommen. Die Festrede am 18. Oktober, dem eigentlichen Jahrestag, hält Innenminister Joachim Herrmann. Außerdem kommen Umweltminister Marcel Huber und Europaministerin Emilia Müller – um nur einige zu nennen.

Worauf darf sich die Öffentlichkeit freuen?

Lickleder: Favorisieren kann man keine der Veranstaltungen. Das Festjahr ist für alle Kelheimer und für alle Gäste gedacht.