Beilngries
Ein Ort, um zu trauern

Karl Metz und Heinrich Peter auf der Suche nach den Gräbern von in Frankreich gefallenen Angehörigen

31.10.2012 | Stand 03.12.2020, 0:53 Uhr

 

Beilngries (DK) Nicht alle Hinterbliebenen haben an Allerheiligen die Möglichkeit an einer Begräbnisstätte Abschied zu nehmen und der Toten zu gedenken. Das gilt besonders für Angehörige von Kriegsopfern, die am Ende blutiger Schlachten meist fern der Heimat bestattet, vielfach auch hastig und unbekannt verscharrt wurden.

Eine Benachrichtigung über den „Heldentod“ war in Kriegszeiten oft das Einzige, was vom Sohn, vom Bruder, vom Ehemann oder vom Vater blieb.

Beispielgebend für ein solches Schicksal ist der 1892 in Aschbuch geborene Kajetan Metz. Der hoch talentierte Schüler wollte eigentlich Pfarrer werden, aber der Ausbruch des Ersten Weltkriegs beraubte ihn seiner Zukunftsträume. Wie viele andere junge Männer aus der Region musste er 1914 in das Rekrutendepot Ingolstadt einrücken. Im Februar 1915 begann sein Kampfeinsatz in Frankreich. Von einem Patrouillengang im Juli 1915 kehrte der damals 23-Jährige nicht mehr zurück und galt bis 2005 als vermisst.

Ungewissheit quälte die Familie über Jahrzehnte, einen Ort zum Trauern gab es nicht. Erst 87 Jahre nach Ende des Ersten Weltkrieges konnte das Schicksal des Gefreiten geklärt werden. Dank der unermüdlichen Arbeit des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge und eigener Nachforschungen war es dem Aschbucher Karl Metz vor einigen Wochen einmal möglich, an der Grabstätte seines Onkels zu stehen. Er und Heinrich Peter aus Beilngries nahmen an einer beeindruckenden Kriegsgräberreise des Bezirksverbandes Oberpfalz des Volksbunds teil. Dessen Geschäftsführer Kaspar Becher organisiert seit Jahren Fahrten zu Soldatenfriedhöfen. Nicht wenige Angehörige verdanken ihm das Glück, nach Jahrzehnten an einer Grabstelle trauern zu können.

Den ersten Friedhof auf dieser mehrtägigen Reise erreichte die Gruppe in St. Mihiel im Departement Meuse. Zusammen mit 6036 Gefallenen, ein großer Teil davon stammte aus Bayern, fand auch Kajetan Metz hier die letzte Ruhestätte. Sein Name ist auf der Tafel eines Massengrabes zu finden. Wie Karl Metz bei seinen Nachforschungen herausgefunden hatte, war sein Onkel bei der Patrouille am 25. Juli 1915 erschossen und an Ort und Stelle begraben worden. Im Rahmen von Zubettungen rund um die damaligen Kampfstätten wurde er später auf dem Soldatenfriedhof beigesetzt.

Nach dem Besuch des Friedhofes Troyon (5590 deutsche Gefallene) erreichte die Reisegruppe den wohl grausamsten Kriegsschauplatz des Ersten Weltkrieges. Von Februar bis Dezember 1916 tobte rund um Verdun eine Schlacht. Die „Blutpumpe Verdun“ wurde zum Sinnbild des Schreckens moderner Kriegführung. Der Stellungskrieg degradierte Soldaten zu Menschenmaterial, schätzungsweise 700 000 Menschen verloren beim Kampf um wenige Meter Boden ihr Leben.

Im Beinhaus von Douaumont werden die Überreste von über 130 000 nicht identifizierten Soldaten aufbewahrt. Im September 1984 reichten sich Staatspräsident François Mitterrand und Bundeskanzler Helmut Kohl über den Gräbern von Verdun die Hände zur endgültigen Versöhnung. Die Gedenktafel am Beinhaus trägt seither die Inschrift „Wir haben uns versöhnt, wir haben uns verständigt. Wir sind Freunde geworden.“

Letzte Station und eigentliches Ziel der Reise war der Deutsche Soldatenfriedhof in Andilly. Hier sind 33 000 Gefallene des Zweiten Weltkriegs begraben. Auf dieser größten Deutschen Kriegsgräberstätte des Zweiten Weltkriegs in Frankreich fanden Metz und Peter auch das Grab von Richard Euringer. Am 25. November 1944 starb der erst 20-Jährige aus Paulushofen fern der Heimat. Im Auftrag der Familie schmückten sie das schlichte Soldatengrab mit einem Kranz.

„Es ist schon beeindruckend und ergreifend, wie auf den Soldatenfriedhöfen in Frankreich das Gedenken an die Gefallenen gepflegt wird. Sowohl die Franzosen als auch die deutsche Kriegsgräberfürsorge kümmern sich gemeinsam um die Friedhöfe. Über den Gräbern der Kriegsopfer ist eine sichtbare Freundschaft entstanden“, resümiert Karl Metz die Erfahrungen dieser Reise. Dem pflichtet auch Heinrich Peter bei, der sich zusammen mit dem erst kürzlich verstorbenen Georg Ott für eine Gedenktafel mit den Namen der Beilngrieser Gefallenen eingesetzt hat. Und angesichts der unvergesslichen Erlebnisse sind sich die beiden einig, dass dies nicht ihre letzte Kriegsgräberreise gewesen ist.