Offenbau
Ein kleiner Bauer sein - jeden Tag

Der Kindergarten auf dem Biohof Dollinger soll im September mit 15 Kindern starten - Großes Interesse am Infotag

07.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:51 Uhr
Einen Stall für die Holztiere bauen die Kinder aus Zweigen, Tannenzapfen und Rinde, während die neuen Erzieherinnen ein Begrüßungslied singen. Foto: Steimle −Foto: Steimle, Tina (Steimle, Tina)

Offenbau (HK) Kühe füttern, Schafe streicheln, Erdbeeren pflücken: Was sich anhört wie ein Urlaub auf dem Bauernhof wird für 15 Kinder bald Alltag sein. Am Sonntag stellte der neue Kindergarten auf dem Hof Dollinger sein Konzept vor, für das sich viele Eltern und vor allem viele Kinder interessierten.

Deshalb passen auch nicht alle Besucher auf einmal in den Kuhstall, sondern müssen sich auf drei Gruppen aufteilen. "Hier dürft ihr gleich mal mithelfen und die Kühe mit Heu füttern", sagt Hofchefin und Sozialpädagogin Claudia Dollinger und das lassen sich die Kinder nicht zweimal sagen. Marlene und Xaver verschwinden fast hinter den Futterbergen, die sie zu den Tieren schleppen, während die Bäuerin mit der Heugabel nachhilft.

Auch schon zu Beginn werden alle Hände gebraucht. In der Einfahrt des Biolandhofs haben die drei neuen Erzieherinnen Ulrike Schleehahn , Ann-Katrin Frisch und Simone Menath Decken ausgelegt und Körbe mit Naturmaterialien bereitgestellt. "Die Kühe bekommen einen Stall und die Weide eine Einzäunung", lädt Schleehahn die Kinder zum Spielen ein. Nach anfänglichem Zögern - vielleicht hilft auch das Lied "Hallo du, hallo du, ich geh einfach auf dich zu" - bauen die kleinen Bauern Stall und Landschaft aus Tannenzapfen, Zweigen und Rinde.

Gegenstände, mit denen die 15 Kinder, die ab September in der Einrichtung aufgenommen werden, öfter spielen dürfen, denn sie werden viel Zeit im Freien und auf dem Hof verbringen. "Wir haben gemerkt, dass viele Kinder über die Zusammenhänge nicht mehr so genau Bescheid wissen", sagt Dollinger. "Kinder haben aber das Bedürfnis, draußen und bei den Tieren zu sein und Landwirtschaft zu erleben." Seit 2014 betreiben die Dollingers eine Solidarische Landwirtschaft, "bei uns gibt es fast alle Betriebszweige, die es auf einem Bauernhof früher auch gegeben hat", erklärt die Bäuerin. Erfahrung mit kindgerechter Wissensvermittlung hat man ebenfalls. Während Menath Erzieherin gelernt und Frisch Umweltbildung studiert hat, leitet Schleehahn die Jahreskindergruppe, die alle sechs Wochen den Hof kommt.

Diesen dürfen die zukünftigen kleinen Landwirte nun besichtigen. Zuerst gibt es aber ein paar Regeln mit auf den Weg. Diese präsentieren einige der Kinder auf Karten den Besuchern, um dann gemeinsam zu überlegen, was mit den Bildern gemeint ist. Auf den Bauern hören, veranschaulicht ein Ohr etwa und der Radlader verdeutlicht, dass man auf die landwirtschaftlichen Geräte nicht einfach so klettern darf. Die letzte Karte kommt gleich zum Einsatz: Freundlich zu den Tieren sein und im Stall nicht rumschreien. "Die Mütter säugen die Kälber vier Monate selbst", erklärt Dollinger im Stall, dann werden sie entwöhnt. Die Bullen werden nicht in die Mast gegeben, sondern kommen auf eine eigene Weide, bis sie geschlachtet werden. "Ein Stall mit 19 Milchkühen kann nicht wirtschaftlich betrieben werden", sagt die Bäuerin, das gehe nur durch die Solidarische Landwirtschaft, bei der eine Gruppe von Verbrauchern auf lokaler Ebene mit einem Hof kooperiert.

Vom Stall geht es weiter aufs Feld. Tomaten und Gurken wachsen im Moment zwar nicht, aber die Erzieherinnen Frisch und Menath haben sich etwas anderes für die Kinder überlegt: Sie sollen tasten und riechen, was in kleinen Säckchen versteckt ist. "Eine Zwiebel", stellt ein kleines Mädchen fest, andere finden Thymian, Erde und Getreidekörner.

Über Letztere würden sich auch die Hühner freuen. Dollinger zeigt den Kindern, wo diese ihre Eier ablegen und erklärt anschließend, dass der Parkplatz unterhalb des Hühnermobils angelegt wird. "Das wird der Bringplatz sein, an dem die Erzieherinnen die Kinder abholen." Gemeinsam geht es heute wie auch in der Zukunft an Bullenstall und Hühnermobil vorbei zu einer Wiese nahe am Wald, wo das Blockhäuschen für den Kindergarten entstehen soll. "Dort wartet eine Überraschung auf euch", sagt Dollinger zu den Kindern, "eine schwarz-weiße". Das freut ein Mädchen: "Ein Zebra!"

Zwar ist auf der Wiese kein Steppenbewohner zu sehen, sondern zwei Schafe, was den Streicheleinheiten aber keinen Abbruch tut. Währenddessen nutzen die Eltern die Gelegenheit, um Fragen zu stellen, etwa nach den Kosten. Diese sollen sich an den Kindergärten in Thalmässing orientieren, erklärt Dollinger. "Als Sozialpädagogin bin ich der Meinung, dass sich Bildung jeder leisten können muss. Wir wollen keine exklusive Einrichtung sein, die Kinder ausschließt, weil es sich die Eltern nicht leisten können." Träger des Kindergartens werde ein Verein sein, der durch Mitgliedschaften und Spenden unterstützt werden soll. Die erste Hilfe hat man schon erhalten. "Den Bauantrag haben wir vom Architekturbüro Tarnai aus Offenbau gesponsert bekommen", sagt die Bäuerin.

Ob man auch wie im normalen Kindergarten Basteln und Malen würde, wollten die Eltern wissen. Malsachen, Puzzles, Spielzeug, all das soll angeschafft werden, antwortete Dollinger. "Wir werden viel mit Naturmaterialien machen, der Fokus soll aber aufs Draußen gelegt werden" - auf die Erlebnisse auf dem Bauernhof.