Ein Herausforderer wird 75

06.03.2007 | Stand 03.12.2020, 6:59 Uhr

Schrobenhausen (SZ) Der Mann war angetreten, einen amtierenden CSU-Bürgermeister nach nur einer Amtszeit zu entmachten. In Bayern. Im tiefschwarzen Bayern. Wer tut so was ? Nur ein Don Quijote? Ein Realitätsfremder? Josef Höllbauer tat es.

"Rechnen Sie sich denn da überhaupt Chancen aus?", wurde er von einem aufstrebenden Nachwuchsjournalisten damals, anno 1984 gefragt. Der Kandidat lächelte und sagte nur: "Schau mer mal!" Nach der Wahl schauten die Schwarzen: Zum ersten Mal hatte Schrobenhausen einen Freien Wähler als Bürgermeister. Heute feiert Josef Höllbauer Geburtstag: Er wird 75 Jahre alt.

Höllbauer ist ein echter Münchner, und stolz drauf. Dennoch zog ihn die Arbeit Mitte der 50er Jahre von Untermenzing nach Schrobenhausen: Der junge Ingenieur kam in einer spannenden Zeit zur Firma Bauer, nämlich gerade, als der Injektionsanker erfunden werden musste. Später machte sich Höllbauer als Statiker selbstständig, längst mit seiner Martha verheiratet; die beiden bekamen zwei Jungs und zwei Mädchen.

1978 zog er auf der Liste der Freien Wähler, die damals in Schrobenhausen noch PWG hießen, in den Stadtrat ein; an der Seite von Michael Fleischmann erfuhr er erste politische Weihen. Als es 1984 eines K andidaten für das Bürgermeisteramt bedurfte, stellte sich Josef Höllbauer, mittlerweile Anfang 50, der Herausforderung.

Der Wahlkampf war extrem geradlinig: Andere entwickelten Slogans, schicke Grafiken; auf Josef Höllbauers Plakat stand nur: Wählen Sie Josef Höllbauer.

Das Volk gehorchte, und im Rathaus zog nicht nur ein neues Gesicht, sondern auch neuer Stil ein, denn Josef Höllbauer war es als Mann aus der freien Wirtschaft gewohnt, Grenzen gedanklich zu erweitern, neue Wege zu suchen, und sie auch zu gehen. Im kleinbürgerlich strukturierten Schrobenhausen Mitte der 80er Jahre war das für manche noch ungewohnt. So hatte Höllbauer einige Nüsse zu knacken, ehe er sich endlich freischwamm.

Im Gespann mit seinem Stellvertreter und Nachbarn Helmut Eikam , mit dem ihn bis heute eine innige Freundschaft verbindet, drückte er der Stadt nach und nach seinen Stempel auf. Es kam eine Phase, in der mutige Architektur ihren Platz bekommen sollte – freigeistiger als in der Gegenwart. Der rote Turm am Stadteingang ersetzte das unscheinbare Feuerwehrhaus. Am Stadthallenfoyer schieden sich die Geister. Das vhs-Haus samt Glasanbau wurde auf den Weg gebracht, Flachdächer saniert. Parallel wurde das Netz der Städtepartnerschaften gesponnen, das in der Bildung des europäischen Städtedreiecks Schrobenhausen-Thiers-Bridg?north mündete. Erstmals beschäftigte die Stadt sich mit ihrem Image. Die Leistungsbilanz der Ära Höllbauer ist lang.

Nach zwei Amtszeiten kandidierte er nicht mehr und widmete sich intensiv Themen wie ökologischem und energetisch sinnvollem Bauen. Und auch, wenn er gesundheitlich gehandicapped ist, so trifft man Josef Höllbauer nach wie vor auf vielen öffentlichen Veranstaltungen, wo er bis heute sein Interesse an Schrobenhausen bekundet. Hoffentlich auch noch viele Jahre über seinen 75. Geburtstag hinaus.