Neuburg
Ein hartes Stück Arbeit

SPD Neuburg-Schrobenhausen geht der Frage nach, wie Integration für alle gelingen kann

06.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:43 Uhr

Weitgehend unter sich waren die Genossen der SPD auf ihrer Veranstaltung "Wie kann Integration für uns alle gelingen". Referenten waren Carola Burkert (r.) vom IAB und Arif Tasdelen integrationspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion (l.). - Foto: Hammerl

Neuburg (SZ) Nicht nur die Ankommenden, auch die angestammte Bevölkerung müsse Anpassungsleistungen erbringen, damit Integration gelinge, schickte SPD-Kreisvorsitzender Werner Widuckel den Referaten zum Thema "Wie kann Integration für uns alle gelingen" voraus.

Die Gesellschaft wandele sich und es sei wichtig, Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen zu einem guten Miteinander in der Gesellschaft zu bringen. "Über Gelingen oder Scheitern von Integration wird am Arbeitsmarkt entschieden", unterstrich Carola Burkert vom IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) vor rund 25 Zuhörern. Davon hingen Zukunft und Zusammenhalt unserer Gesellschaft ab. "Den Flüchtling" gebe es nicht, verwies die Soziologin auf die große Heterogenität der Migranten, was unter anderem auf unterschiedlichen Herkunftsländern beruhe. Zur Bildung erklärte sie, etwa zehn Prozent hätten einen Hochschulabschluss, berufliche Bildung gebe es kaum, viele hätten keine abgeschlossene Ausbildung. Deutlich höher als bei Arbeitsmigration seien die Hürden bei der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen, vor allem aufgrund fehlender schulischer, sprachlicher und beruflicher Qualifikation, kulturellen Unterschieden und rechtlicher Unsicherheit. Da im ersten Jahr weniger als zehn Prozent der Ankommenden in Arbeit kämen, werde die Arbeitslosigkeit spätestens ab Sommer deutlich ansteigen, prognostizierte Burkert. Während die Arbeitslosigkeit bei Deutschen im vergangenen Jahr gesunken ist, steigt sie bei Flüchtlingen deutlich an und liegt derzeit bei 43 Prozent. "Jetzt vergleichen Sie mal mit der Quote in Ihrem Landkreis, wie groß die Diskrepanz ist", so Burkert. In Deutschland liegt die Arbeitslosenquote durchschnittlich bei sechs, im Landkreis bei 1,7 Prozent. In Arbeit sind 66,3 Prozent der Deutschen, 45 Prozent der Ausländer, 55 Prozent der hier lebenden Osteuropäer, aber nur 15 Prozent der Flüchtlinge, bei Syrern liegt die Quote bei nur 6,9 Prozent. 100 000 Flüchtlinge sind im vergangenen Jahr in Hartz IV gegangen, 72 000 in die Arbeitslosigkeit, aber nur 20 000 in Arbeit. Die Zahlen stammen vom März. Sie verhehlte auch nicht die immensen Belastungen für die Sozialsysteme, warnte vor einem Verdrängungswettbewerb für Geringqualifizierte, meinte aber langfristig könne sich bei gelingender Integration ein Nettogewinn ergeben.

"Die Kosten für Prävention sind auf jeden Fall geringer als die Folgekosten der Nichtintegration", betonte Burkert. Daher lautete ihr Fazit: Asylverfahren verkürzen, Sprache fördern, vor allem in Kombination mit berufsfördernden Maßnahmen, Investition in Bildung, Schulen und Hochschulen, Qualifikationsfeststellung und Anerkennung ausländischer Abschlüsse sowie Aufnahmefähigkeit und -bereitschaft der Arbeitgeber steigern. "Ich kann mir in punkto Arbeitsmarktintegration alles leisten, nur keine Blauäugigkeit", kommentierte Widuckel den knapp einstündigen Vortrag. Er habe sich lange überlegt, ob jemand mit Migrationshintergrund unbedingt integrationspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion werden soll, begann Arif Tasdelen seinen Vortrag. Er berichtete von eigenen Erfahrungen und kritisierte den Entwurf des neuen Integrationsgesetzes. Es bringe nur wenig zusätzliche Angebote und die ohne Rechtsanspruch - umgekehrt aber könne der Staat Geld für Sprachkurse zurückfordern, wenn Prüfungen nicht bestanden würden. Kein Problem habe er mit der Wohnsitzauflage für Flüchtlinge. Seine eigene, gelungene Integration führt er nämlich darauf zurück, dass er nicht in einem Ghetto, sondern in einem Viertel groß wurde, wo er nur mit deutschen Kindern spielen konnte. Er plädierte dafür, Flüchtlinge weniger nach München, sondern in die Oberpfalz zu schicken. "Natürlich werden wir Schlagzeilen lesen, die uns nicht gefallen, wenn Menschen aus Ländern hierher kommen, wo sie keine nackte Haut in der Öffentlichkeit kennen", sagte Tasdelen, "das ist normal". "Es wird verdammt schwer werden, die Bevölkerung für diese Lasten zu gewinnen", sagte Kreisvorsitzender Werner Widuckel abschließend, "aber es gibt keine Alternative".