Eichstätt
Ein Chor der Spitzenklasse

"Crescendo" überzeugte mit tiefer Emotionalität und starker geistlicher Erbauung

14.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:55 Uhr |

Gab ein eindrucksvolles Konzert in der Eichstätter Erlöserkirche: das Vokalensemble "Crescendo" unter Leitung von Volker Hagemann. - Foto: Mayer

Eichstätt (EK) Zwölf Sänger und zehn Sängerinnen betreten in eindrucksvoller und nachhaltiger Stille den Kirchenraum der evangelischen Erlöserkirche. Achtsame Ruhe, gepaart mit dem Fokus auf den Chorraum macht sich im Zuhörerraum des Gotteshauses breit. Sphärisch anmutende, dichte Glasschalenklänge, allesamt fein und brillant abgestimmt, klingen wie Himmelsgeigen, es schließen sich gesummte Cluster und fast romantisch anmutende Klangpassagen an. Das avantgardistische Stück "Stars" stammt aus der Feder des zeitgenössischen lettischen Komponisten Eriks Esenvalds, das sich der Crescendo-Chor zu Beginn seines Konzertes ausgesucht hat.

Der Chor ist bekannt für hervorragende Aufführungen außergewöhnlicher und anspruchsvoller Chorwerke. Dies ist dem Leiter des Chores, Volker Hagemann, zu verdanken, der bei der Liedauswahl darauf achtet, exklusive Komponisten beziehungsweise anspruchsvolle Kompositionen für seinen Chor auszuwählen. Was da unter Leitung des gebürtigen Obereichstätter Chorleiters das Publikum in seinen Bann zog, waren musikalische Darbietungen von allerhöchster Güte, von tiefer Emotionalität und von starker geistlicher Erbauung.

Der Crescendo-Chor, 2007 von einem "sangesbegeisterten Freundeskreis" in Eichstätt gegründet, hat sich zu einem Chor der Spitzenklasse gemausert. Der Chorklang ist nicht nur beim ersten Stück weich und ausgewogen. Hagemann dirigiert seinen Chor ruhig, unaufdringlich, mit seinem eigenen Alphabet, stets jedoch so, dass die Sänger und Sängerinnen wissen, worauf es ankommt. Eleganz und Präzision zeichnen sein Dirigat aus. "I know, I'm honored to be witness of so much majesty", heißt es am Ende des Introitus.

Der Chor bleibt im gesamten Verlauf des Konzertes seiner Linie treu, wagt sich nach einem Ave Maria von Heitor Villa-Lobos erneut an ein junges Werk des Letten Eriks Esenvalds: Magnificat.

Als zentrales Werk steht "A Boy was born" von Benjamin Britten im Mittelpunkt des Konzerts. Die virtuosen A-cappella-Variationen für Chor und Knabenstimmen hat Britten als 19-jähriger junger Mann für seinen Vater komponiert. Neben Jesu Geburt hat Britten das tröstende Gespräch zwischen Jesus als infans und seiner Mutter sowie den Kindermord in Bethlehem und die Flucht Marias und Josephs nach Ägypten vertont. Im Finale wird die Ankunft des Messias gefeiert - ein Stück mit enormem musikalischen Anspruch. Crescendo meistert diesen höchst anspruchsvollen Chorpart mit Bravour, ausdrucksstark deklamierend. Ein voller, satter, nie angestrengt wirkender Klang, durchweg in allen Stimmen; große Intonationssicherheit und Homogenität zeichneten den Auftritt des Chors aus. Mit klarer Artikulation und Sicherheit in den äußerst fordernden Tonhöhen verleiht der Chor der Botschaft von Britten eine strahlende Pracht.

Als starker Kontrast folgt nach dem Britten-Werk geistliche Musik von Gottfried Homilius (1714 - 1785) "Sehet, welch eine Liebe". Das Besondere dieser empfindsam getönten vierstimmigen Weihnachtsmotette ist ihr Charakter als Choralbearbeitung: Im Mittelteil intoniert der Bass abschnittsweise die vierte Strophe des Liedes "In dulci jubilo", während die drei Oberstimmen die Melodie in kleineren Notenwerten und mit dem für diese Motette charakteristischen punktierten Dreierrhythmus umspielen.

Adventliche Werke aus den geistlichen Gesängen des Oberpfälzer Lehrersohns Max Reger wie "Und unser liebe Frauen Traum" beziehungsweises "Es kommt ein Schiff geladen" wirken auf Grund der ausdrucksstarken Harmonik spannungsgeladen, in der Gesamtwirkung unprätentiös und daher wunderschön anzuhören.

Bei "Virga Jesse" nach Anton Bruckner liefern die Sängerinnen vor dem Altar den Grundton, auf dem sich wie auf einem Teppich langsam der Gesang der üppigen Männerstimmen ausbreitet. Gegen Ende erhebt sich ein majestätisches "Halleluja" aus diesem Geflecht, um dann wieder in der Weite des Kirchenschiffs zu verebben.

In den hohen Norden geht es nochmals beim aus Schweden stammenden Lied "Nu tändas tusen juleljus" aus der Feder der schwedischen Lyrikerin Emmy Köhler (1858 - 1925), zu dem Volker Hagemann das Arrangement geschrieben hat. Die Lichtsymbolik als Herzstück des nordischen klangvollen Liedes beschreibt, wie die dunkle Erde durch das Weihnachtsfest beleuchtet wird.

"Hark! The herald angels sing!" Die jetzige Melodie des festlichen Liedes geht auf Felix Mendelssohn Bartholdy zurück. Sie war ursprünglich Teil des Lobgesangs zum Gutenbergfest, das Mendelssohn 1840 zur "vierten Säcularfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst" in Leipzig schrieb. Ja, man darf froh sein, dass es heute die (Noten-)Druckkunst gibt, denn sonst wären solche innigen und warmen Einstimmungen auf das nahende Weihnachtsfest nicht möglich.

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