Ingolstadt
Drogen, Gewalt, Knast - Nein, danke!

Verein Maria Help geht mit dem Aussteiger Matze an Schulen und Jugendtreffs, um vor Sucht zu warnen

01.08.2019 | Stand 02.12.2020, 13:22 Uhr
Wollen Suchtkranken helfen: Nicole Brunner und Aussteiger Matze, Vorstände des Vereins Maria Help. −Foto: Eberl

Ingolstadt (tib) Drogen, Gewalt und Kriminalität bestimmen das Leben von vielen suchtkranken Menschen, die den Absprung aus dieser Szene nicht schaffen.

Aber nicht nur auf der Straße ist Sucht ein Thema. Es kann jeden treffen, sagt die Vereinsvorsitzende des regionalen Hilfsvereins Maria Help, Nicole Brunner. Für Jugendliche, die unbedacht mit Einstiegsdrogen, wie Cannabis, Haschisch oder Alkohol, experimentierten, sei es oft eine schmale Gratwanderung zwischen Spaß und dem Abrutschen in die Abhängigkeit - oder gar in die Kriminalität. Vor allem verschreibungspflichtige Medikamente gerieten schnell in Umlauf, die Dunkelziffer der Abhängigen - auch in der Region - ist hoch, so Brunner.

Deswegen unterstützt Maria Help Menschen mit Drogen- oder Medikamentensucht sowie deren Angehörigen. Mit dem neuen Projekt "Straßenabitur - Nein, danke! " will er vor allem Jugendliche erreichen. Die Schirmherrschaft übernimmt der Schauspieler, Arzt und Autor Joe Bausch, der 32 Jahre als Amtsarzt im Gefängnis gearbeitet hat (siehe Interview).

Einer, der das sogenannte Straßenabitur "abgelegt" und Erfahrungen mit Drogen und Knast gemacht hat, ist Aussteiger Matze. Er selbst ist Gründungsmitglied bei Maria Help und möchte seine Erfahrungen über das Leben mit der Sucht teilen. Die Thematik totschzuweigen, ist für ihn keine Option. Denn die Sucht hätte ihn fast das Leben gekostet. "Ich hatte die Wahl: entweder eine Therapie oder eine Überdosis. Das Leben war so nicht mehr zu ertragen", sagt er heute.

Erst kamen "weichere" Drogen, Medikamente, dann das "härtere Zeug". "Angefangen habe ich im 17. Lebensjahr, komplett weg davon bin ich seit drei Jahren", sagt der 35-Jährige. Um seinen Konsum zu finanzieren, fing er zu klauen an. Erst kleinere Diebstähle, dann folgten größere Einbrüche und Drogenhandel, bis im Gefängnis landete. "Irgendwann waren alle weg. Freunde, Frau, Kind", erzählt Matze. Das war der Punkt, als er beschlossen hat, es mit der Therapie "voll durchzuziehen". Mit Erfolg.

Brunner hat von Matze viel gelernt. Begriffe aus der Szene, die Sprache der Straße: "Matze sagte immer zu mir, ?Du hast ja keine Ahnung, Du hast kein Straßenabitur. '" So entstand die Idee, Drogenprävention aus der Innenansicht direkt an Jugendliche heranzutragen. Damit gehen sie an Schulen und zu Jugendtreffs und klären auf. "Wir waren an der Mittelschule Auf der Schanz. Matze hat dort seine Geschichte erzählt", sagt Brunner. Unverblümt schilderte er, wie "cool" es damals war verschiedenes "Material" zu probieren. Genauso direkt berichtet er auch von den Folgen. Nachdem die Jugendlichen ihn zum Jugendtreff einluden und von eigenen Problemen erzählten, wussten beide, dass sie die Schüler erreicht hatten. "Einige der Kids fragten mich, ob ich bestimmte Drogen kenne, da war klar, die kennen das Zeug", sagt Matze.

Handlungsbedarf bestehe auf jeden Fall. Man dürfe das Wissen der Jugendlichen um Drogen und die Möglichkeiten, über das Darknet an die Substanzen heranzukommen, nicht unterschätzen. "Es gibt ein Lied auf Platz eins der Chart. Der Rapper preist in dem Song Tilidin an. Das ist ein Opiat, mit dem ich damals auch angefangen habe", erzählt er. Das verherrliche Drogen, für Matze heute nicht tolerierbar. "Ich will niemanden belehren, ich will sagen, wie es laufen kann, wenn man mit Drogen experimentiert. "