Diskussion über winzige Teilchen

29.02.2008 | Stand 03.12.2020, 6:06 Uhr

Chancen und Risiken: Ethische Fragen standen im Mittelpunkt des Jugendforums in Ingolstadt, das sich kürzlich mit der Nanomedizin beschäftigte. Manuel, der die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe präsentierte, zählte zu den 25 Ingolstädtern im Alter von 16 und 25 Jahren, die nun ein Laiengutachten für das Bundesforschungsministerium erstellen werden. - Foto: Stadik

Ingolstadt (DK) "Nicht bejubeln und nicht verdammen", lautete das Fazit der 25-jährigen Krankenschwester Aylin, die derzeit mit anderen Ingolstädter Jugendlichen und Heranwachsenden ein Laiengutachten über den medizinischen Einsatz von Nanotechnologie erstellt.

Saal 502 im Neuen Rathaus ist normalerweise Schauplatz von Aufsichtsrats- oder Stadtratssitzungen. Vergangene Woche nutzten jedoch 25 Ingolstädter im Alter von 16 und 25 Jahren den repräsentativen Saal über den Dächern der Altstadt, um ungestört und ausführlich über die Nanotechnologie, ihre Chancen und Risiken zu diskutieren. Zu dem Jugendforum in der Schanz hatte das Bundesforschungsministerium zufällig Jugendliche und Heranwachsende geladen. Neben der Ingolstädter Gruppe beschäftigen sich derzeit auch junge Damen und Herren aus Germering und München mit den modernen Heilmethoden, die auf allerkleinsten Partikeln basieren. Zum Vergleich: Ein Nanometer verhält sich zu einem Meter wie der Durchmesser eines Tennisballs zu dem der Erde.

Die Dimensionen sind zwar winzig (griechisch Nano: Zwerg), aber die Auswirkungen auf das Leben im 21. Jahrhundert immens. Bereits seit Jahrzehnten werden Produkte entwickelt, die wie zum Beispiel der Computer mit Elementen in kleinsten Größenordnungen arbeiten. Doch nun sollen Nanopartikel auch in der Medizin gezielt eingesetzt werden, um bei bestimmten Krankheiten zu helfen. Ethische Fragen stehen dabei – ähnlich wie bei der Entwicklung der Gentechnologie – neben den rein technischen Aspekten im Vordergrund. "Es gibt viele Chancen, kostengünstig und schnell neue Erkenntnisse zu erreichen", betont denn auch der Ingolstädter Gymnasiast Anton. "Aber die Risiken können nicht abgeschätzt werden", warnt der 16-Jährige und verweist auf die Kernfrage, ob Menschen künstlich optimiert werden dürfen.

In der Tat räumen auch Experten ein, dass etwa die Verbesserung der Hirnleistung mithilfe von Nanotechnologie humanistische Traditionen und das Menschbild in Frage stellt. Um den künftig Betroffenen frühzeitig die Chance zu Kritik einzuräumen, hat daher das Forschungsministerium das Jugendforum ins Leben gerufen. Unter Anleitung von Katharina Zöller, Münchner Projektgruppe für Sozialforschung, der Co-Moderatorin Maren Schüpphaus und der Journalistin Petra Thorbrietz werden die drei bayerischen Jugendgruppen ein Laiengutachten für die Politik über Nanomedizin erstellen. Dazu findet am 14. März eine Diskussionsrunde der Jugendlichen mit Experten im Neuen Rathaus statt.

"Dieses Angebot ist sehr, sehr positiv", bewertet die Ingolstädter Krankenschwester Aylin das Jugendforum. Die 25-Jährige lobt zudem die Organisation und das schnell entstandene Gemeinschaftsgefühl unter den Jugendlichen, die sich zumeist zuvor nicht gekannt hatten. Die Krankenschwester findet das Thema nicht nur als Staatsbürgerin interessant: "Die Nanomedizin betrifft mich auch beruflich", sagt Aylin und verweist auf den Operationsroboter "Da Vinci", der seit kurzem im Klinikum den Chirurgen zur Hand geht.