Ingolstadt
"Diese Stadt muss anders geführt werden"

Verbindlich im Ton, offensiv im Urteil: Kampfansage des SPD-Kandidaten Christian Scharpf an die CSU

13.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:33 Uhr
Sein Wahlkampf hat begonnen: SPD-Kandidat Christian Scharpf stellte am Freitag seine Ziele vor. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Am Ende seiner Herausforderungsrede regt er sich dann doch ein bisschen auf.

Auf der Basis von sechs Seiten hat Christian Scharpf, OB-Kandidat der Ingolstädter SPD, am Freitag dargelegt, was in der Stadtpolitik alles im Argen liege, und was er ändern würde, sollte er OB Christian Lösel (CSU) 2020 ablösen. Obwohl Scharpf in seinen Beurteilungen sehr offensiv zu Werke geht, vermeidet er persönliche Angriffe. Auf eine Stichelei aus der CSU angesprochen - Albert Wittmanns Satz, der SPD-Kandidat sei "ein Import aus München" -, wird es doch persönlich: "Eine völlig unnötige Äußerung! ", erwidert Scharpf, ein Ingolstädter, der als stellvertretender Leiter des Direktoriums der Stadt München amtiert und zuvor persönlicher Mitarbeiter von OB Christian Ude (SPD) war. "Es ist doch unwichtig, wo wer herkommt! Ich würde es Christian Lösel nie vorhalten, dass er in München geboren ist und in Stein an der Traun zur Schule gegangen ist. Man darf es nie jemandem zum Vorwurf machen, wenn er auch mal woanders Erfahrungen gesammelt hat. "

Das "Rumgehacke" der Ingolstädter CSU auf München sei für ihn irrelevant, sagt der 48-jährige Verwaltungsjurist. "Ich will OB in Ingolstadt werden! Und deshalb interessiert mich auch nur die dortige Situation. "

Der SPD-Kandidat, mit 100 Prozent nominiert, formuliert deutlich: "Diese Stadt muss anders geführt werden! " Obwohl die Wirtschaft blühe, und es vielen Bürgern sehr gut gehe, "hat die jahrelange CSU-Herrschaft zu einem Politikstil geführt, den nicht wenige als Gutsherrenart und Arroganz der Macht bezeichnen". Das habe er auf den zahlreichen Festen, Vereinsfeiern und Veranstaltungen, die er in diesem Sommer besucht hat, oft gehört, erzählt Scharpf.

Seine wiederholte Kritik am "miserablen Klima in der Stadtpolitik" trägt er mit der schweren rhetorischen Artillerie vor, spricht von der "Dominanzattitüde der CSU, die ein Miteinander auf Augenhöhe im Stadtrat schwierig macht", von "Angstkultur und Entscheidungslähmungen in der Verwaltung", ja von "Seilschaften, verkrusteten Strukturen und Affären nach fast 50 Jahren CSU-Dominanz" in seiner Heimatstadt. "Das muss aufhören! "

Scharpf erinnert an den Prozess gegen Alfred Lehmann. "Es wird Zeit, dass sich die Ingolstädter Stadtpolitik nicht mehr ständig mit den Fehlern und Versäumnissen der CSU-Herrschaft beschäftigen muss! Die Stadt hat wichtigere Aufgaben. "

Auch der Ingolstädter SPD-Chef Christian De Lapuente macht deutlich, dass es mit dem gereizten Klima so nicht weitergehen könne: "Im Stadtrat werden sogar Handschläge verweigert. Wir wollen da eine ganz andere Kultur reinbringen. "

Hier eine Auswahl von Christian Scharpfs Wahlkampfpositionen in Kurzform:

Vierte Donauquerung: "Das ärgert mich! ", sagt Scharpf. "Die CSU versucht, sich ein grünes Mäntelchen umzuhängen. Sie spricht von Nachhaltigkeit, die aber nichts kosten darf. Sie will eine Million Bäume pflanzen, die nicht einmal alle im Stadtgebiet liegen, aber gleichzeitig den geschützten Auwald für die Donauquerung zerstören. " OB Lösel stehe hinter diesem harten Eingriff in die Natur. "Der Donau-Auwald ist ein FFH-Gebiet! " Hier eine Trasse durchzutreiben, "ist baurechtlich nur als ultima ratio zulässig, also wenn eine Stadt völlig im Verkehr erstickt, was aber in Ingolstadt trotz der Staus im Berufsverkehr nicht der Fall ist". Städtische Verkehrsexperten hätten festgestellt, dass eine vierte Donauquerung "keine maßgebliche Entlastung" für das Ingolstädter Verkehrsnetz bringt, so Scharpf. Ein Tunnel, wie ihn CSU und FW anvisierten, würde mindestens eine halbe Milliarde Euro kosten. "Tunnelpreise kenne ich", sagt er. "Denn München hat schon einige gebaut. "

Zweiter Grünring: "Er muss planungsrechtlich abgesichert werden. Die Salami-Taktik, da und dort ein Stück abzuzwacken, muss aufhören! "

Öffentlicher Personennahverkehr: "Wer Auto fahren will, soll Auto fahren", sagt der SPD-Kandidat. "Ich will niemanden bekehren oder bevormunden. Es geht darum, Angebote und Wahlmöglichkeiten zu schaffen, damit die Bürger weniger Stau haben. " Schritt eins: Taktverdichtung bei den Bussen. 15-Minuten-Takt werktags, 30 Minuten am Wochenende. "Das Thema alternative Massenverkehrsmittel wie eine Stadtbahn, Trambahn oder Seilbahn ist komplett verschlafen worden! "

Wirtschaft und Arbeitsplätze: Scharpf spricht sich für die Wiedereinführung eines Wirtschaftsreferenten aus, "der sich gezielt für den Mittelstand einsetzt". Hier fügt er ein Lob für Christian Lösel ein: "Das Bemühen der Stadtführung, die Stadt zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Stärkung der Wirtschaft als Wissenschafts- und Technologiestandort zu profilieren und auszubauen, erkenne ich ausdrücklich an! "

Theatersanierung / Bau der Kammerspiele: Für Scharpf ein "gutes Beispiel für die Entscheidungsschwäche der Stadtführung und dafür, dass sie an Kultur kaum Interesse hat". Die CSU wolle das Thema bis nach der Wahl verschleppen. "Es fehlt am politischen Willen! "

 

Scharpf mit Wahlkampfteam auf Tour

Personell tut sich die Ingolstädter SPD eher schwer. Ihre Attraktivität hält sich bei der Mitgliedergewinnung in Grenzen: Ca. 420 Genossen mit Parteibuch gibt es in Ingolstadt. Allein der VdK-Ortsverband Ingolstadt-Südwest hat gut doppelt so viele Mitglieder. Immer wieder ziehen fähige Nachwuchskräfte der Jusos aus Ingolstadt weg, weil sie zum Beispiel geisteswissenschaftliche Fächer studieren wollen. Und da gibt es noch Personalien wie die mit Christoph Spaeth, SPD-Landtagskandidat 2018, der wenige Wochen nach der Wahl zu den Grünen wechselte.

Christian Scharpf, OB-Kandidat der SPD, ist mit Blick auf sein Wahlkampfteam sehr zuversichtlich: "Ich bin vollkommen glücklich! ", sagte er am Freitag. Rudi Wagner, ein bekannter und langgedienter SPD-Mann, wird der Organisator im Hintergrund sein und zugleich auf der achtwöchigen Kandidatentour durch die Stadt - "Scharpf vor Ort" - an den Ständen als "Ansprechpartner Anregungen der Bürger aufnehmen". Start ist am Dienstag, 17. September, ab 17 Uhr vor dem Stadtteiltreff Piusviertel (Pfitznerstraße).

Vivian Seidel koordiniert das ehrenamtliche Social-Media-Team der SPD. Die junge Wahl-Ingolstädterin promoviert gerade in Zeitgeschichte. "Das Ziel ist ein Dialog unseres Kandidaten mit den Bürgern", erzählt sie. Das ist über Facebook, Twitter, Instagram und die Seite www. christian-scharpf. de möglich. Ferner im Team: Der Journalist Martin Schwarzott und die Künstlerin Bettina Krugsperger.

nUde unterstützt Scharpf vor Ort: Der Münchner Alt-Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) engagiert sich für den Ingolstädter SPD-OB-Kandidaten Christian Scharpf im Wahlkampf. Am Mittwoch, 9. Oktober, ist ein "Kommunales Gespräch zwischen drei Generationen" geplant. Der SPD-Ortsvereinsvorsitzende im Ingolstädter Süden, Quirin Witty (21), diskutiert dabei mit Scharpf (48) und Ude (71) über aktuelle Kommunalpolitik. Weitere Termine mit Christian Ude in Ingolstadt sind am 13. November sowie am 22. und 26. Februar 2020 geplant. Auch der amtierende Münchner OB Dieter Reiter (SPD) soll für eine Wahlkampfveranstaltung nach Ingolstadt kommen. Ein Termin steht noch nicht fest.

Christian Silvester