Fürth - Nicht nur die Spielvereinigung gehört zu Fürth.
Neben den umjubelten Aufstiegshelden zählt auch die Gustavstraße zu den absoluten Wahrzeichen der Kleeblattstadt. Während die weiß-grünen Kicker sensationell den Sprung in das Oberhaus geschafft haben, warten die Wirte in der malerischen Kneipenmeile noch auf den Anpfiff.
Wegen der hohen Corona-Zahlen dürfen selbst Traditionshäuser mit gigantischer Geschichte wie der "Grüne Baum", in dem vor mehreren Jahrhunderten schon Schwedenkönig Gustav Adolf gespeist haben soll, immer noch nicht aufmachen. "Ein solcher Holzhammerlockdown geht nicht spurlos an einem vorbei", gesteht Markus Binder vom "Grünen Baum", der erst 2019 nach einer aufwendigen Renovierung aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst worden ist.
Die offizielle Aufstiegsparty in der Gustavstraße ist trotzdem ins Wasser gefallen. Stattdessen haben sich rund 750 Fans nach dem Spiel mehr oder weniger illegal in der Gustavstraße zur spontanen Aufstiegsfeier getroffen. Laut Polizei sei es immer wieder zu Verstößen gegen die Corona-Regeln gekommen. Mit Lautsprecherdurchsagen habe die Polizei die Fans aufgefordert, sich an die geltenden Bestimmungen zu halten.
Weil es den Beamten ab 21.30 Uhr wohl zu bunt geworden ist, haben die Einsatzkräfte die Feiernden schließlich zum Verlassen der Gustavstraße aufgefordert. Weil einige Fans auf diese Bitte mit Flaschenwürfen geantwortet hätten, sei die Polizei kurz nach 22 Uhr mit den robusten Einsatzkräften des "USK Mittelfranken" angerückt und hätte die Gustavstraße geräumt. Hierauf hätten die Fans laut Polizeibericht "überwiegend kooperativ" reagiert.
Schuld an der geplatzten Aufstiegsfeier in der Gustavstraße sind diesmal ausnahmsweise keine Kleinkriege um Kneipenlärm vor Gericht gewesen. In dem juristischen Dauerscharmützel um den angeblich unerträglichen Krach in der bilderbuchverdächtigen Kneipenzeile hat sich die Stadt zuletzt endgültig zum Sieger gegen die Langzeitbeschwerdeführer erklärt. Schuld an der ausbleibenden Aufstiegsfeier sind vielmehr die Corona-Zahlen, die trotz des dreifachen Torjubels am Sonntag im Ronhof beim entscheidenden Last-Minute-Sieg gegen Düsseldorf nur langsam in der Kleeblattstadt nach unten gehen. Am Montag nach dem Spiel des Jahres meldet die Stadt einen Inzidenzwert knapp unter 80. Am Tag des Aufstiegs hat die wichtige Corona-Marke noch knapp darüber gelegen. Genauso wie die große Nachbarstadt im Norden hat Fürth zuvor mit galoppierenden Infektionszahlen zu kämpfen gehabt. Erst am Freitag vor dem Anstoß hat das Fürther Amt für Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz mitgeteilt, dass die verschärften Corona-Regeln bis zum 30. Mai verlängert werden.
Erst wenn der Inzidenz-Wert fünf Tage in Folge stabil unter der 100er-Marke liegt, dann könnten auch für die frischgebackene Bundesliga-Stadt die ersehnten Lockerungen der Corona-Maßnahmen in Kraft treten. Rechtzeitig vor dem Spielbeginn auf dem Rasen hat die Stadt deshalb eindringlich an alle Kleeblattfans appelliert, besonders "im Falle eines direkten Aufstiegs in die Erste Bundesliga die derzeitigen gesetzlichen Regelungen" zu beachten. Weil das neben einem strikten Ansammlungs- und Feierverbot eine ganze Menge sind, hat die Stadt gleich die Empfehlung an die Fans ausgesprochen, am besten gleich ganz zu Hause zu bleiben und dort mitzufiebern. Einige Fans wie die rund 750 Feierwütigen am Abend nach dem Spiel in der Gustavstraße haben sich im Siegestaumel freilich freiwillig nicht daran halten wollen, sondern säumten bereits vor, während und nach dem Spiel den Laubenweg vor dem Sportpark Ronhof.
Im Traditionshaus in der Gustavstraße gibt man sich nach dem Aufstieg mit Blick auf die Zukunft nun optimistisch. "Der Grüne Baum blickt auf eine über 400-jährige Geschichte zurück. Dieses ehrwürdige Haus hat vom Dreißigjährigen Krieg bis zur Corona-Pandemie alles mögliche an Krisen überstanden und hatte immer seinen Platz im Herzen Fürths und der Fürther gefunden. Ich bin der festen Überzeugung, dass dies auch in den nächsten Jahrhunderten so sein wird", sagt Markus Binder, Geschäftsführer des "Grünen Baumes". Trotz Corona und den schweren Folgen für die Gastronomie sei es Binder eine Ehre, in der langen Tradition der Wirte zu stehen, die "den Baum" bewirtschaften dürfen. Für den Feiertrieb der Fans hat Binder durchaus Verständnis. "Die Spielvereinigung steigt nicht jedes Jahr auf. Dieser Aufstieg ist für die ganze Stadt toll und ein super Signal. "
HK
Nikolas Pelke
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