Die Serie zur Krise

Comedy und Corona? ZDFneo zeigt mit "Drinnen - Im Internet sind alle gleich", wie das funktioniert

28.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:27 Uhr
  −Foto: ZDF, btf GmbH

Berlin - Gerade wollte Charlotte ihr Leben umkrempeln: Der Job in der Werbeagentur nervt sie schon lange.

Und die Eheprobleme mit Markus versucht sie mit Tinder-Datings zu kompensieren. Ausgerechnet jetzt verhindert Corona einen harten Schnitt. Denn jetzt sitzt Charlotte in ihrer Berliner Wohnung fest, wo sie im Homeoffice Konferenzen per Videochat organisiert, Facetime-Telefonate mit der Familie führt, sich zum Online-Besäufnis mit der besten Freundin verabredet und dabei selbst von Infektionsängsten geplagt ist. Stress auf allen Kanälen also. "Drinnen - Im Internet sind alle gleich" heißt die witzige und charmante kleine Serie, mit der ZDFneo rasend schnell auf die Krise reagiert. In der Hauptrolle: Lavinia Wilson.

"Drinnen - im Internet sind alle gleich" wird genau dort produziert, wo wir alle jetzt unsere Zeit verbringen: zu Hause. Wie ist das für Sie, im Homeoffice zu arbeiten, Frau Wilson?
Lavinia Wilson: Es ist mit einem normalen Filmdreh überhaupt nicht zu vergleichen. Es gibt zwar viele tolle Menschen, mit denen ich den ganzen Tag per Video verbunden bin. Aber ich bin komplett alleine in der Wohnung - und muss dementsprechend mehrere Jobs auf einmal übernehmen. Von Maske, Kostüm über das Catering bis zur Technik. Vor allem Letzteres verlangt mir einiges ab.

Hatten Sie Bedenken, die Rolle anzunehmen? Schließlich wird in Ihren privaten Räumen gedreht?
Wilson: Ich kenne den Regisseur Lutz Heineking Jr. gut von unserer gemeinsamen Arbeit an der Comedyserie "Andere Eltern" und vertraue ihm sehr - die Bildundtonfabrik (Filmproduktion) macht immer tolle Sachen und "ZDFneo" ist auch eine gute Adresse. Es geht ja nicht um den Blick durchs Schlüsselloch, der Ausschnitt meiner Wohnung ist mit Bedacht gewählt. Das ging alles rasend schnell, am Anfang war das alles ein großes Experiment, keiner von uns wusste, ob das funktioniert, logistisch und technisch - und wohin die Geschichte führen wird. Aber alle hatten großen Spaß am Risiko und es ist wirklich faszinierend wie perfekt alle Gewerke zusammen spielen ohne sich jemals in einem Raum getroffen zu haben.

Das eigentliche Thema der Serie ist ja nicht unbedingt Corona, sondern die Tatsache, dass man plötzlich auf sich selbst zurückgeworfen wird. Sie haben einen Abschluss in Philosophie. Was haben Sie über sich herausgefunden?
Wilson: Wenn ich etwas im Philosophiestudium herausgefunden habe, dann, dass Kontrolle eine Illusion ist. Genau das passiert Charlotte im Laufe der Folgen auch - und dafür ist die aktuelle Situation ja auch ein krasses Beispiel.   Ja, sie ist auf sich selbst zurückgeworfen - aber statt das auch nur eine Sekunde auszuhalten, reibt sie sich völlig auf in ihrem Laptop, dem Fenster nach "draußen". Und kommuniziert wahrscheinlich mehr als sonst. Ich fand die Idee, eine Comedy zu machen, die Corona als Ausgangspunkt hat und extrem aktuell ist, aber eigentlich von moderner Kommunikation und deren Scheitern erzählt, großartig.   Was mir aber auch jeden Tag vor Augen geführt wird, wenn ich zwischen Kabel strecken, Bild einrichten, Dateien hochladen, umziehen, Pakete auspacken, irgendwie zwischendurch was kochen und dann noch seitenweise Text lernen und spielen  hin und her hetze, ist, wie sehr die anderen Gewerke am Set fehlen. Man kann das mal ein paar Wochen durchziehen, aber ich hoffe sehr, dass es bald wieder anders wird.

Fördert der Ausnahmezustand eigentlich die Kreativität oder den Stress?
Wilson: Beides. Bleibt einem ja nix anderes übrig. Aber wie gesagt, ich hoffe doch sehr, dass es ein Ausnahmezustand bleibt.

Etwa zehn Minuten dauert jede der 15 Episoden. Wie lange dauert es tatsächlich, bis eine fertig gedreht und geschnitten ist?
Wilson: Wir drehen einen Tag an einer Folge, dann wird nochmal eine Nacht und einen Tag postproduziert. Der ganze Desktop, der ja eine große Rolle spielt, muss ja auch erschaffen werden, der Blick in Charlottes Seele. Oft kommen aus dem Schnitt auch noch kurzfristige Nachforderungen, wenn was nicht funktioniert oder ein tagesaktueller Bezug rein soll.

Können Sie eigentlich eigene Ideen in die Serie einbringen?
Wilson: Spontan passiert das ständig, da sind alle sehr offen. Klingt irgendwie kitschig, aber die beste Idee gewinnt und keiner ist beleidigt.

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn es wieder mehr "Normalität" gibt?
Wilson: Vieles wird bestimmt anders werden. Aber mit Leuten zu kommunizieren ohne Bildschirm dazwischen, das kommt hoffentlich wieder.

DK

Die Fragen stellte Anja Witzke.