Titting
Die richtige Mischung aus Linsen und Gerste

16.04.2021 | Stand 16.04.2021, 18:52 Uhr
Linsen können nur zusammen mit Gerste gesät werden, das Getreide soll die dünnen Stängel der Linse stützen. −Foto: Bader

Titting - Im März und je nach Witterung noch Anfang April steht die Saat von Sommergerste an.

 

Dafür müssen die Maschinen für die Aussaat eingestellt und der Ackerboden so vorbereitet werden, dass die Saat einen guten Nährboden findet.

In seiner Lagerhalle auf dem Tittinger Berg ist Jakob Bösl schon vor Wochen gewesen, um seine Sämaschine so einzustellen, dass die optimale Saatmenge auf den Acker kommt. "Bei der Gerste sind das je nach Keimfähigkeit rund 320 Körner pro Quadratmeter", sagt Bösl. Da man an der Sämaschine aber nur den Durchfluss und nicht die Körnerzahl einstellen kann, muss das der Landwirt übernehmen. "Sind die Körner größer und schwerer, würde zu wenig auf dem Acker landen, sind sie kleiner, wären es zu viel. "

 

Die "Sämaschine abdrehen", nennt sich das bei den Landwirten. "Und das muss bei jedem angehenden Landwirt für die Prüfung sitzen", so Bösl. Bei diesem Abdrehen landet eine bestimmte Menge in einem Auffangbehälter, bei dem Bösl dann das Tausendkorngewicht, also das Gewicht von 1000 Körnern, bestimmen muss. Bei seiner Sommergerste sind das dieses Mal 51,2 Gramm.

Doch nicht nur die Sämaschine, auch der Boden will vorbereitet sein. Und da haben Gerste und Weizen unterschiedliche Ansprüche. "Gerste neikiehrn, Weizen neischmiern", haben die alten Landwirte deshalb immer gepredigt. Heißt: Die Gerste möchte einen leichten, trockenen Boden und das Weizenkorn darf auch im feuchten oder sogar nassen Acker landen.

 

Deshalb fährt Jakob Bösl über die Äcker, auf denen Gerste gesät werden soll, erst einmal mit der Egge, bei der Stahlzinken durch die Erde gezogen werden. "Beim Abeggen wird der Boden rund fünf Zentimeter aufgelockert", sagt er. Dadurch wird die Oberfläche nicht nur feinkrümeliger und gleichmäßiger: "Die obere Schicht trocknet schneller ab und der Aufstieg von Kapillarwasser, also die Austrocknung des Bodens, wird verhindert", so Bösl.

Und nur durch diese optimale Vorbereitung des Bodens hat die Saat auch Aussicht auf Erfolg. "Die Gerste ist beim Boden sehr anspruchsvoll und empfindlich. Darum bekommt sie gern einen Frauennamen", sagt Bösl und grinst. Ganz im Gegensatz zum pflegeleichten Weizen. "Der ist ein Unkraut. " Bei Weizen und Raps bereitet der Landwirt den Boden deshalb nur mit dem Grubber vor.

 

Eine besondere Aufgabe hat Jakob Bösl heuer auf dem Pfleimberg oberhalb von Titting. Hier bewirtschaftet der 52-Jährige insgesamt zehn Hektar nach den Vorgaben der Kulturlandstiftung. Das erst vor einem guten Jahr aus der Taufe gehobene Feldflorenreservat soll zudem zahlreichen Wildkräutern und damit vielen Insekten einen neuen Lebensraum bieten. Doch auch alten Feldfrüchten möchte man bei diesem Programm wieder auf die Beine helfen.

Jetzt sollen dort nach Jahrzehnten wieder einmal Linsen wachsen. "Alleine das Saatgut dafür zu bekommen, war nicht leicht", sagt Bösl. "Über den normalen Saatguthandel ist hier nichts zu machen. " Helfen konnten schließlich die Spezialisten für den Ökolandbau in Weihenstephan. Doch allein die Linsen auszusäen, hilft wenig. Die Pflanzen würden schlicht umfallen beziehungsweise einknicken. "Deshalb kommen hier auf 60 Kilogramm Linsen 50 Kilogramm Gerste - die dient dann einfach als Stützfrucht", erklärt Bösl. Wenn beides reif ist, wird es wie Getreide gedroschen. Wie gut es sich dann allerdings trennen lässt, weiß er noch nicht. Und er hat auch noch niemanden, der ihm die Linsen später abkaufen würde. "In der Not kann ich daraus immer noch einen Linseneintopf machen. "

Ein weiteres Problem: "Bei der Ernte sind die Linsen noch feucht und müssen erst getrocknet werden", sagt Bösl. Da er nach seiner aktuellen Schätzung nicht einmal einen Hänger voll Linsen bekommt, wird sich die Fahrt in eine Trocknungsanlage nicht lohnen. "Ich werde versuchen, sie in der Halle auf einer Folie auszubreiten, und so an der Luft trocknen. "

Im Moment muss Bösl auch genau schauen, wie es dem Raps geht, den er schon im August des vergangenen Jahres gesät hat. Bei ihm zeigen sich laut Bösl die deutlichen Unterschiede des Bodens: "Der ist inzwischen rund 15 Zentimeter hoch, aber hier auf dem Tittinger Berg schon deutlich weiter als auf meinem Acker in Großnottersdorf. " Bei beiden muss er prüfen, inwieweit sie vom Rapsglanzkäfer oder dem Rapsstängelrüssler befallen sind. "Hier habe ich Gelbschalen aufgestellt, auf die die Schädlinge fliegen. " Durch schlichtes Nachzählen weiß er dann, ob die Schadensschwelle überschritten, also die Zahl der Schädlinge zu hoch ist. "Sobald die Belastungsgrenze erreicht ist, muss ich spritzen", sagt er. Damit nicht genug, stehen die nächsten Aufgaben schon an: "Kartoffeln und Mais müssen demnächst noch raus, aber hier braucht der Boden eine Temperatur von mindestens acht Grad. " Während Jakob Bösl sich jetzt täglich um seinen Acker kümmern muss, ist der Stoffladen seiner Frau Irene coronabedingt geschlossen. So bleibt ihr mehr Zeit für ihre Leidenschaft: die Lederarbeiten.

HK