Geisenfeld (GZ) Mit einem Schokobonbon hat Rektorin Gabriele Bachhuber gestern den Erstklässlern der Grundschule Geisenfeld den Start in einen neuen Lebensabschnitt „versüßt“. Für so manche Eltern war dieser Schritt sichtlich schwieriger als für den hoch motivierten Nachwuchs.
Papa Bernd Fronius indes fühlt sich ganz positiv an seinen eigenen Schulstart erinnert. „Ich freue mich für meine Tochter“ sagt er. Die sechsjährige Sarah, die stolz demonstriert, wie sie ihren Namen schreiben kann, antwortet auf die Frage, ob sie denn aufgeregt sei, mit einem eindeutigen Kopfschütteln. Gleich neben ihr wirft Julian einen prüfenden Blick in seinen Ranzen, „ob auch alles drin ist“. Mama Martina Kirstein sieht im Schulanfang „wieder eine neue Erfahrung in Sachen Loslassen“. Marvin, der neugierig das Schulhaus erkundet, ist in den vergangenen Tagen „schon allein zum Hort gegangen“. Seine Mutter Katja Schunke hat mit ihm das Selbstständig-Werden geprobt. „Für die Mama ist das Loslassen schwerer als für ihn“, gesteht sie mit einem Schmunzeln.
Rektorin Gabriele Bachhuber zeigt in ihrer Begrüßungsrede Verständnis. „Wir teilen die Sorge mit Ihnen“, beteuert sie, betont aber: Um den Kindern Freude, Bildung und eine gute Erziehung zu vermitteln, brauche man zwischen Schule und Elternhaus nicht nur gegenseitig Geduld, Vertrauen und Verständnis. Es sei von den Eltern die Gabe gefragt, ihrem Kind etwas zuzutrauen“.
Wie schön und „wunderbar“ es in der Schule zugeht, davon kündete der Schulchor mit seinen Liedern und Gedichten. Jede Lehrerin habe so ihre eigene Methode, den Schulstart zum freudigen Ereignis zu machen, erklärt die Schulleiterin. Seitens der Kinder gebe es ohnehin kaum Schwierigkeiten mit dem „Loslassen“. Die meisten von ihnen waren ja schon bei der Einschulung dabei und haben bereits im Rahmen der Vorschule eine Schulstunde lang „geschnuppert“, wie es so zugeht in einer Klasse.
Man setze alles daran, die Schule zu einem „geschützten Raum zu machen, der Geborgenheit vermittelt“, betont Bachhuber. Und man sehe „sehr genau hin“, wenn es Anzeichen seelischer oder sonstiger Probleme gebe. „Wir suchen dann sofort das Gespräch mit den Eltern.“ Im Regelfall aber sei ein Kind spätestens bis Ende Oktober so weit, dass es sich im Schulhaus allein zurechtfindet. Ab dann gelte für die Erziehungsberechtigten: „Bitte warten Sie draußen.“
Väter oder Mütter, die es nicht schaffen „mit unangemessenen Ängsten umzugehen“, finden bei der Erziehungsberatung der Caritas Hilfe. „Eltern hinken den Fortschritten ihrer Kinder oft hinterher“, weiß deren Leiter, Diplom-Psychologe Markus Kotulla, aus Erfahrung. Will heißen: Sie trauen den Kindern weniger zu, als diese zu meistern in der Lage sind. Ein Prozess, „der sich in der Pubertät fortsetzt“. Dass die Zahl verunsicherter Eltern wächst, führt der Experte auf mehrere Ursachen zurück. Zum einen seien Vater und Mutter heute oft älter „und damit weniger risikobereit“.
Zudem herrsche in unserer Gesellschaft „ein ausgeprägtes Sicherheitsbestreben“. Und dies, obwohl objektiv betrachtet Fälle von Gewalt, Missbrauch und Verkehrstod in den vergangenen Jahrzehnten drastisch zurückgegangen seien. Die Bedeutung des einzelnen Kindes sei überdies „enorm gestiegen “, man möchte es „in Watte gepackt, vor Schaden bewahren.“ Aber: „Zur gesunden Entwicklung gehören, altersgemäß angemessen, eigene Erfahrungen“, betont Kotulla. Und zwar auch negative, die – einmal allein gemeistert – „das Selbstvertrauen steigern“.
Artikel kommentieren