Beilngries
"Die Jammerkultur bringt uns nicht weiter"

Wirtschaftsdialog mit Finanz- und Heimatminister Albert Füracker in Beilngries

03.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:19 Uhr
Zu regionalen Themen hat sich der Finanz- und Heimatminister Albert Füracker (Mitte) bei einer von Bürgermeisterkandidat Heiko Siegl (links) und Landratskandidat Alexander Anetsberger moderierten Wirtschafts-Diskussion geäußert. −Foto: F. Rieger

Beilngries - Nachdem er sich am Sonntagnachmittag in Velburg an der Seite von Horst Seehofer noch mit Bauernprotesten konfrontiert gesehen hatte, stand für den bayerischen Finanz- und Heimatminister Albert Füracker am Abend eher ein "Wohlfühl-Termin" an. Die Beilngrieser CSU hatte zum Wirtschaftsdialog in ein örtliches Autohaus geladen. Begrüßt wurde der Minister mit Blasmusik der Eckbanklmusi - und von all seinen Parteifreunden, die in der Region Rang und Namen haben.

 

Dementsprechend beschwingt erntete Füracker nach der Vorstellung seiner Person durch die Ortsvorsitzende Pauline Hirschberger auch schnell die ersten Lacher aus dem Publikum, das neben Parteimitgliedern auch aus Vertretern der Beilngrieser Geschäftswelt sowie aus interessierten Bürgern bestand. Nur der netten Stimmung wegen war Füracker aber freilich nicht zu diesem Wahlkampftermin nach Beilngries gekommen. Er ging bei seiner Ansprache auf diverse Themen der Wirtschaftspolitik ein - und formulierte dabei auch einige Spitzen in Richtung des Koalitionspartners der Union auf Bundesebene. So betonte der Redner beispielsweise, dass die CSU im Bund Steuersenkungen anstrebe, um nicht zuletzt auch die mittelständischen Unternehmer zu unterstützen. Mit den Sozialdemokraten verstricke man sich diesbezüglich aber regelmäßig in Debatten. "Wenn wir eine Steuer senken wollen, fallen der SPD zwei Steuern ein, die wir erhöhen könnten", monierte Füracker. Dabei sei er davon überzeugt, dass es für einen Staat besser und lukrativer sei, wenn zunächst einmal größere Finanzmittel bei den Bürgern und Unternehmern verblieben. Damit würde dann investiert und konsumiert, wodurch das Geld letztlich ja doch auch zum Teil in der Staatskasse lande.

Deutliche Wort fand der Finanz- und Heimatminister in Sachen Automobilbranche. Er stelle sich schon die Frage, wie man dazu kommen könne, tagtäglich ausgerechnet den Industriezweig schlecht zu reden, für den man auf der ganzen Welt bewundert werde. "Da muss man als Volk schon verrückt sein." Er lehne es entschieden ab, so zu tun, als ob künftig kein Auto mehr mit Dieselantrieb verkauft werden könne, so Füracker.

Dennoch dürfe man nicht verschweigen, dass derzeit in Regionen, die von der Autoindustrie abhängig sind, schwierigere Zeiten angebrochen sind. Die Politik müsse darauf mit zwei Grundüberzeugungen reagieren, so der Minister. Zum einen sollte man nicht so tun, als gebe es keine Probleme. Vielmehr müsse man sich mit ihnen auseinandersetzen. Zum anderen werde er aber definitiv nicht in ein permanentes Wehklagen und Schwarzmalen einstimmen. Die Deutschen würden zu sehr in eine "Jammerkultur" verfallen, "die uns nicht weiter bringt". Denn bei all den Herausforderungen, denen man zweifellos gegenüberstehe, sei die Lage in der Bundesrepublik und insbesondere in Bayern immer noch sehr gut, egal ob bei der Bildung oder bei den Lebensverhältnissen.

Zwei konkrete Ansatzpunkte, die auch in der Beilngrieser Lokalpolitik seit Jahren eine Rolle spielen und vielen Bürgern ein Dorn im Auge sind, beleuchtete Füracker genauer. Zum einen ging es dabei um den Breitbandausbau. Der Minister argumentierte dabei wie bei einem Wasserglas, das man entweder halbvoll oder halbleer sehen könne. 2013 hätten in Bayern 23 Prozent der Bürger Zugang zu schnellem Internet gehabt, inzwischen seien es 88 Prozent. "Jetzt kann man sagen: Das sind ja immer noch nicht alle. Man kann aber auch sagen: Wir haben schon viel geschafft." Und man werde auch noch die restlichen weißen Flecken schließen. Deutlich komplizierter sei dies in Sachen Mobilfunk, das müsse er offen einräumen, so Füracker. "Unser Handynetz ist nach wie vor nicht tragbar." Der Ansatz könne nur sein, den Kommunen Gelder zur Verfügung zu stellen, damit diese einen Masten bauen und dann an Mobilfunkanbieter vermieten.

Im Format einer Diskussionsrunde stellten Bürgermeister und Landratskandidat Alexander Anetsberger sowie Bürgermeisterkandidat Heiko Siegl dem Finanz- und Heimatminister dann Fragen. Zu Themen wie dem zweiten Abschnitt der Umgehungsstraße oder den Kliniken im Landkreis Eichstätt antwortete Füracker eher allgemein, in Sachen Breitbandausbau kündigte er ganz konkret ein weiteres Förderprogramm an, das flächendeckend die Glasfaser bis ins Grundstück bringen soll. Diskutiert wurde auch das Thema Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV). Füracker betonte, dass ein solcher nur "bedarfsorientiert" funktionieren könne. Es nütze nichts, noch mehr Geld in ein Linienbus-System zu stecken, bei dem dann immer noch keiner mitfährt. Vielmehr sei hier Kreativität gefragt.

Aus der Zuhörerschaft gab es nur eine Wortmeldung. In der ging es darum, dass der Förderantrag einer neu gegründeten Firma in einer Zukunftsbranche schon seit über einem Jahr beim Wirtschaftsministerium liege. Er werde die Sache weitergeben, so die Zusage des Ministers. Davon abgesehen stellten sich noch die CSU-Kandidaten für verschiedene Ämter und Gremien vor, ehe die gemeinsam gesungene Bayernhymne in den geselligen Teil des Abends überleitete.

DK

Fabian Rieger