"Die Essenz von Filmkunst"

Von 12. bis 21. November findet das Internationale Kurzfilmfestival 20minmax statt - Corona-bedingt als Online-Ausgabe

10.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:20 Uhr
  −Foto: Comte, Celestin, Gensler, Nieminen

Ingolstadt - Mit den "Corona Short Films" startet am Donnerstagabend das 14. Kurzfilmfestival 20minmax.

Wegen des ersten Lockdowns im März war es auf den Herbst verschoben worden - und bereits als Hybridfestival geplant. Schließlich war von den Veranstaltungsorten nur mehr das Audi-Programmkino übrig geblieben und auch dort herrschten eingeschränkte Zuschauerzahlen. Der erneute Lockdown für den Kulturbetrieb hat aus dem Hybridfestival ein reines Online-Festival gemacht. Von 12. bis 21. November kann man sich mit dem Festivalpass (9,99 Euro) insgesamt 69 Filme aus 26 Ländern ganz bequem zu Hause auf der Couch ansehen.

"Kurzfilm ist wie die Essenz von Filmkunst, die ganz besonderen Geschichten, Filmhandwerk auf höchstem Niveau, Berührendes, Packendes, Erschütterndes, Lustiges und Albernes. Und dabei frei von formalen oder wirtschaftlichen Vorgaben", sagt Festivalleiter Marcel Aigner. Der Name des Kurzfilmfestivals ist dabei Programm: Gezeigt werden nämlich nur Filme bis zu einer Gesamtlänge von 20 Minuten. Veranstaltet wird 20minmax vom "Verein zur Förderung der Filmkultur - Von der Rolle e. V. " und dem Stadttheater Ingolstadt in Kooperation mit dem Kulturreferat der Stadt Ingolstadt.

Weil einige Preisträger schon im Frühjahr gekürt wurden, gibt es neben den verschiedenen Reihen auch die Preisträgerfilme in einem Extra-Programm. Als Bester Kurzfilm (dotiert mit 2000 Euro) wurde "The Cut" von Chloé Cinq-Mars ausgezeichnet. Er erzählt von einer Geburt - und dem tiefen Einschnitt, der dieser Vorgang im Leben der Eltern hat. Die Regisseurin ist selbst Mutter von zwei Kindern und nimmt den Zuschauer mit in ein emotionales, zuweilen verstörendes Chaos.

Die beste Kurzfilmkomödie ist mit "°28" ein Animationsfilm, der von einer Straßenbahnfahrt erzählt, die außer Kontrolle gerät. Die reale gelbe Tram Nummer 28 in Lissabon verbindet Martim Moniz mit dem Campo Ourique, fährt durch Touristenviertel und ist für Besucher ein Klassiker. Diese Fahrt, die sich das sechsköpfige französische Kreativteam um Produzent Philippe Meis ausgedacht hat, entpuppt sich als wilde, gefährliche und äußert komische Jagd durch enge Gassen - und wartet natürlich mit einem Happy End auf.

Der mit 1000 Euro dotierte Preis der Jugendjury geht an den kanadischen Kurzfilm "Fauve" von Jérémy Comte. Ein Film über eine Freundschaft zwischen zwei Jungen, die durch die Landschaft streifen und tödliche Spiele spielen. Ein intensiver Film, der einem fast den Atem raubt.

Beeindruckend ist auch der Gewinner der "Mobile Shorts 2020": In "Home Stream" von Giulia Gandini und Lily Blackham lässt eine Obdachlose den Zuschauer teilnehmen an ihrem Leben in den Straßen Londons, zeigt Plätze, wo sie bettelt, schläft, mit ihrem Hund Misty herumtollt - und ihr Freund gestorben ist. Oft zeigt die Handykamera ihre Perspektive: vorbeihastende Füße.

Der ebenfalls mit 500 Euro dotierte Preis der Kinderjury geht an Dani Holzers "Smartagers". Eine witzige, kleine Sommergeschichte über die Nutzung von Smartphones, über Handydiebe und Handyliebe, über spannende Begegnungen und verpasste Gelegenheiten.

Der beste Experimentalfilm (Preisgeld: 1000 Euro) stammt von Arttu Nieminen. "Awareness" entführt den Zuschauer mit hypnotischem Sog in ein winterliches Finnland, das Schauplatz für ein Märchen oder einen James-Bond-Film sein könnte. Für sein Grußwort hat sich der Filmemacher an den Schauplatz seiner Inspiration begeben und bietet Einblick in seine Arbeitsweise.

Auch wenn die meisten Preise schon vergeben wurden, so hat das Publikum dennoch die Möglichkeit über drei weitere Preise online abzustimmen. Wer den "Southern Film Award" und den "Weird Movies Award" erhält und wer sich über die Auszeichnung "Best Corona Short Film" freuen darf, entscheidet das Publikum ab Donnerstag.

Die letzte Kategorie wurde nach der Verlegung des Kurzfilmfestivals auf den Herbst neu ins Programm aufgenommen. Und liegt deshalb Festivalleiter Marcel Aigner besonders am Herzen. Denn alles dreht sich um die Frage: "Was passiert, wenn Filmemacher zu Hause bleiben müssen? "

Auf jeden Fall werden sie ziemlich kreativ. 400 Einreichungen haben das Organisationsteam erreicht. Daraus wurden 14 Filme ausgewählt, die nun zum Auftakt in einem Extra-Programm gezeigt werden. Jannik Gensler nimmt etwa in seinem knapp vierminütigen Animationsfilm das Thema "Klopapier hamstern" sehr wörtlich - und zeigt so komisch wie erhellend die Auswirkungen dieses Verhaltens.

Die Franzosen Laurent Ardoint und Stephane Duprat haben eine abgründig-skurrile Detektivstory im besten Film-Noir-Genre entwickelt. "A Case During Confinement" handelt von erschwerten Ermittlungen im Homeoffice unter Corona-Bedingungen. Große Chancen auf den Preis hat sicherlich Katharina Dietl für ihr Projekt "Isolation Art", in der sie Meisterwerke der Kunstgeschichte von Picasso über Emil Nolde bis zu Caravaggio und Edvard Munch zu Hause nachstellt und dabei gleichzeitig als Model und Fotografin auftritt, für Kostüme, Make-up und das heulende Elend zuständig ist. Das ist große Show im allerkleinsten Format!

Insgesamt gibt es zwölf verschiedene Programme, jeweils mit einem anderen Mix aus Spiel-, Dokumentar-, Animations- und Experimentalfilmen, unterschiedlichen Macharten und Themen. Grundsätzlich kann man aus jedem Programm einzelne Filme anschauen oder das ganze Programm durchlaufen lassen. Letzteres dauert so lange wie ein Kinoabend. Wenn man an den Online-Abstimmungen teilnehmen will, muss man einmal das ganze jeweilige Programm gesehen haben.

DK


Anja Witzke