Neuburg
''Descartes war ein Superheld"

Josh Goldberg über sein Philosophen-Drama Premiere in Neuburg

13.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:55 Uhr

Der Autor mit zwei Darstellern: Josh Goldberg (Mitte) steht nach einer Aufführung seines Descartes-Stücks auf der Bühne. - Foto: Abacus Pictures

Neuburg (DK) 1750 trifft René Descartes sich zu einer Liebesnacht mit der jungen Königin Kristina Wasa von Schweden - und durchkämmt im Eiltempo die Philosophiegeschichte. Davon etwa handelt das Stück "Kristina und Descartes" von Josh Goldberg, das heute, 11.30 Uhr, im Neuburger Descartes-Gymnasium als Gastspiel aus Hamburg auf die Bühne kommt.

Im Interview spricht der Autor und Produzent über philosophisches Theater. Goldberg ist promovierter Philosoph und hat als Drehbuchautor und Filmproduzent in Deutschland und den USA gearbeitet. Er schrieb unter anderem Scripts für die Serie "Die Rettungsflieger".

 

Herr Goldberg, nichts ist papiertrockener als Philosophie. Was hat Sie dazu gebracht, ausgerechnet ein Stück über den Philosophen Descartes zu produzieren?

Josh Goldberg: Weil Descartes eben nicht papiertrocken ist. Weil er als Musketier, als Liebhaber der schwedischen Königin und auch sonst ein sehr illustres Leben geführt hat. Ein Leben, das ganz anders ist als das des sprichwörtlichen Philosophen Immanuel Kant, der nur in Königsberg herumhockte. Descartes war ein Superheld, allerdings einer, der tatsächlich gelebt hat. Er hat den Rationalismus begründet, und das ist das Denkmodel, nach dem wir alle heute vorgehen.

 

Wie erreichen Sie, dass so ein Stück gleichermaßen intellektuell anspruchsvoll und gutes Entertainment ist?

Goldberg: Bei Descartes ist das eigentlich kein Problem. Aber wir haben noch andere philosophische Stücke im Programm, etwa über Darwin. Da würde ich einfach ganz selbstbewusst sagen: Ich verlasse mich auf meine Erfahrung aus dem Film- und Fernsehbereich. Tatsächlich habe ich übrigens dieses Stück auch zunächst als Filmdrehbuch geschrieben.

 

Sie führen Ihr Stück nun in Neuburg auf, genau der Ort, an dem Descartes seine berühmten Träume hatte, mit denen ihm klar wurde, dass er eine universale Methode finden würde, die Wahrheit zu ermitteln. Hat dieser Umstand eine Bedeutung für Sie?

Goldberg: Unbedingt. Der Satz "cogito ergo sum" - ich denke, also bin ich - stammt aus Neuburg, wo er vor einem noch warmen Kamin sitzend auf diese fundamentale Weisheit gekommen ist. Damals war er als Musketier im Dreißigjährigen Krieg im Dienste des Herzogs von Bayern dort einquartiert.

 

Hat Descarte noch eine Bedeutung heute, in Zeiten von Trump und Brexit, im Zeitalter des Postfaktischen?

Goldberg: Ja. Der Rationalismus allerdings hat mit Trump und Brexit wenig zu tun, denn Descartes Denkschule ist kontinentaleuropäisch, während die angelsächsischen Länder dem Empirismus folgten. Im Kern sind wir allerdings Rationalisten geblieben.

 

Was hat Sie bewogen, gleich mehrere Stücke über wichtige Denker zu schreiben?

Goldberg: So gerne ich in der Film- und Fernsehindustrie arbeite, so stark bedauere ich auch, dass philosophische Gedanken dort wenig gefragt sind. Um meine Passion für die Philosophie weiter zu verfolgen, bin ich aufs Theater gekommen. Denn dort kann ich nach meinem Gusto arbeiten. So sind inzwischen fünf philosophische Stücke entstanden.

 

Das Interview führte

Jesko Schulze-Reimpell.

 

Kartentelefon: (0 84 31) 6 78 60.