Hilpoltstein
"Der Wahlkampf wird sehr, sehr schwer"

Freie Wähler streben mit dem Direktkandidaten Hartwig Kohl aus Hersbruck erstmals in den Bundestag

17.02.2013 | Stand 03.12.2020, 0:29 Uhr

Mit diesem Team ziehen die Freien Wähler in den Wahlkampf: Armin Kroder, Andreas Tiedtke, Hartwig Kohl, Walter Schnell, Joachim Lang, Hermann Kratzer (von links) und Angelika Feisthammel (vorn). Mit auf dem Foto Hartwigs Ehefrau Monika Kohl. - Foto: Meyer

Hilpoltstein (HK) Neuland betreten die Freien Wähler: Sie wollen auch auf Bundesebene politisch mitreden. Mit dem Urologen Hartwig Kohl (56) aus Hersbruck als Direktkandidat ziehen sie erstmals in den Bundestagswahlkampf.

Für den stellvertretenden Rother Landrat und Bezirksrat Walter Schnell ist das eine „demokratische Notwendigkeit. Unsere Wähler brauchen auch auf Bundesebene eine Alternative“. Auch wenn die Freien Wähler bisher in erster Linie den Kommunen verpflichtet seien, wolle man „der Chaostruppe der Piraten“ und den „Lobbyisten von der FDP“ nicht länger das Feld überlassen. „Was die zammbringa, bringa mir allaweil zamm“, verkündete Schnell in breitestem Fränkisch.

Die Wahl von Kohl schien dann nur noch Formsache. Denn man hatte sich im Vorfeld abgesprochen, ein Gegenkandidat war nicht in Sicht. Bis die Nominierungsversammlung der Kreisverbände Roth und Nürnberger Land am Freitagabend in Allersberg eröffnet wurde. Plötzlich erklärte auch der Wendelsteiner Ortsverbandsvorsitzende Siegfried Frank (52) seine Ambitionen auf die Kandidatur.

Die Überraschung war komplett, als einer der Freien Wähler aus dem Nürnberger Land auch noch den Namen einer potenziellen Kandidatin aus Erlangen ins Spiel brachte. „Sie wohnt nicht in unserem Wahlkreis und kann deshalb nicht antreten“, sagte der Kreisvorsitzende Hermann Kratzer aus Greding amüsiert.

Die beiden verbliebenen Kandidaten stellten anschließend den knapp 40 Freien Wählern im Kolpinghaus ihr Wahlprogramm vor. Der eine kurz und schlagwortartig (Frank), der andere detailreich mit sehr viel Fachwissen, aber auch weitschweifend (Kohl).

„Gesundheit ist meine Profession“, sagte Kohl, der seit 1991 als Urologe in Hersbruck praktiziert. „Gesundheit soll nun auch Gegenstand meines gesellschaftspolitischen Engagements werden.“ Bei den Freien Wählern ist Kohl ein Neuling. Aber er verwies auf seinen Aktivitäten bei verschiedenen berufspolitischen Gremien, unter anderem beim ärztlichen Kreisverband im Nürnberger Land. Zudem wolle er sich den Themen Soziales, Familie und Bildung widmen, sprach von „Schlüsselqualifikationen für die globalisierte Welt von morgen“, von „einheitlichen Notenmaßstäben“, der „Inklusion als sozialpolitischem Konzept“.

Doch das Herz des Urologen schlägt für die Gesundheit. Haarklein listete er am Ende seiner Rede viel zu ausführlich einen Forderungskatalog von 17 Punkten auf. Als er von „Kontrahierungszwang für Zusatzversicherungen“ und über eine „Gebührenordnung in Euro und Cent mit gesetzlich fixierten Aktualisierungszeiträumen“ angekommen war, beschäftigten sich die Freien Wähler im Saal mit ihrem Handy oder dem Sitznachbarn.

Er rüttelte sie erst wieder auf, als er verkündete, dass die Freien Wähler „quicklebendig, fantasie- und ideenreich“ seien, „hochkompetent in der pragmatischen Lösung unserer gesellschaftlichen Probleme“. Und das nicht nur auf kommunaler Ebene.

An Stelle von komplizierten Details setzte der zweite Kandidat Siegfried Frank plakative Schlagworte. Als gelernter Bankkaufmann wisse er um die Probleme mit den Geldinstituten, sagte er in Hinblick auf die Finanzkrise. „Man muss die Zockercasinos austrocknen und an die Kandare nehmen. Man darf die Verluste nicht mehr auf die Bürger abwälzen.“ Er sprang in seiner Rede von der Wertschöpfung, die man in der Region lassen müsse, zum Lohndumping. Von dort zur Bankenkrise und dann zur Privatisierung des Wassers, ohne Detailwissen zu präsentieren.

Kaum hatte er seine Vorstellung beendet, stand der Thalmässinger Anton Nagel auf und wandte sich an Hartwig Kohl: „Bitte setzen Sie sich für unsere niedergelassenen Ärzte ein.“ Eine klare Wahlempfehlung für den Hersbrucker. Der entschied das Rennen dann mit 25:9 Stimmen klar für sich.

„Für uns ist Hartwig Kohl ein guter Kandidat“, stellte Kreisvorsitzender Hermann Kratzer fest. „Weil er mitten im Leben steht und durch seine Fachkenntnis gute Akzente in die Bundestagsarbeit reinbringen kann.“

Kohl zählt bis zur Bundestagswahl im September auf die Ortsverbände in den Landkreisen Roth und Nürnberger Land. „Der Wahlkampf wird sehr, sehr schwer. Ich will, dass wir als Team zusammenarbeiten.“ Was er brauche, sei Popularität. Deshalb brachte er gleich seine Visitenkarten unters Freie-Wähler-Volk. „Melden Sie sich bei mir.“