Ingolstadt
Der Traum von der Urbanität

Maria Bentz hat eine Galerie eröffnet – und will damit den Grundstein zu einer Ingolstädter Kunstmeile legen

15.02.2013 | Stand 03.12.2020, 0:29 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Galerie am Kunstpark? Welcher Kunstpark? Nicht wirklich am Faktischen orientiert ist der Name eines neuen Ingolstädter Ausstellungsraums in der Tränktorstraße. Dafür aber ist er visionär. „Wir kämpfen für eine Kunstmeile hier“, sagt die frischgebackene Galeristin Maria Bentz, wie sie da zwischen großformatiger Malerei, Keramikobjekten, Papierkunst und Computeranimationsausdrucken in ihren neuen Räumen steht, strahlend.

Die Vision: In wenigen Jahren soll die gesamte ehemalige Donaukaserne, die sich rechter Hand der Tränktorstraße von der Donaubrücke bis zum Theater zieht und die momentan neben allerhand Geschäftsbüros das Museum für Konkrete Kunst beherbergt, komplett aus kleinen Galerien für Kunst und Kunsthandwerk bestehen. Soll schöngeistiges Publikum auch von außerhalb die Straße auf und abflanieren. Und sollen rückwärtig, zur Donauseite hin, Bildhauer öffentlich arbeiten, Malworkshops abgehalten, womöglich in einem neuen Kunstcafé Diskussionen gestartet werden. Als einen ersten Schritt zum Kunstpark versteht Bentz ihre Galerie.

Zu ihr kam die gebürtige Ingolstädterin übrigens eher durch Zufall. Weil sie, Malerin aus Leidenschaft, ein neues Atelier suchte, besichtigte sie die eben leer gewordenen Räumlichkeiten – um prompt festzustellen: „Das ist doch viel zu schade für ein Atelier!“ Und weil Bentz außerdem einer Gruppe von Ingolstadtfans angehört, die sich der Würdigung ihrer (Wahl)heimatstadt verschrieben haben und zu diesem Zweck ein eigenes Magazin mit dem Titel „Wir!“ herausgeben wollten, war die gemeinsame Idee, was mit solchen qualitätvollen Leerständen zu machen sei, schnell geboren. Schon in seiner ersten Ausgabe veröffentlichte „Wir!“ eine Zeichnung der künftigen Kunstmeile, kurz darauf eröffnete Bentz ihre Galerie – mit Ingolstädter Kunst und einem Publikumsandrang sondergleichen. „Wir haben so viele gute Künstler hier, die brauchen sich nicht zu verstecken!“, sagt Bentz. Und wenn dann irgendwann das ganze Gebäude von Kunstgewerken und Ateliers, von Goldschmieden, Bildhauern, Fotografen und Malern aus der Region belegt sein werde, sei das ein Aushängeschild für die gesamte Stadt, Künstler-Attraktion „wie das holländische Viertel in Potsdam“.

Es klingt so naiv wie überzeugend, wenn Bentz von der Weiterentwicklung der Straße und des Kunstparks spricht. „Es ist eine große Vision, aber eine realistische“, sagt sie. Die Tränktorkaserne gehört dem Freistaat – warum sollte er sich nicht, auch mittels günstiger Mieten für die Künstler, an so einem Vorzeigeobjekt beteiligen? Es gibt viel Fluktuation unter den Mietern – also könnte man ad hoc zügig einen Laden nach dem anderen aufnehmen ins Konzept. Das, findet Bentz, ginge problemlos, weil „die Räume als Galerien schon fix und fertig“ sind: hochwertig saniert – und jede Einheit mit Schaukästen an der Rückseite zur Donau hin. Überhaupt die Rückseite: „Wir haben ja schon einen Kunstpark hier, nur sieht das keiner!“ ruft die Galeristin und deutet durch ihre Fenster auf den offenen Garten des Museums für Konkrete Kunst mit seinen großen Plastiken und Skulpturen. Und wenn das Museum 2015 aufs Gießereigelände umgezogen ist? „Könnte der Berufsverband Bildender Künstler die Räume übernehmen“, sagt Bentz. Und das klingt wieder so einfach wie bezwingend logisch.

„Das ist von uns momentan überhaupt nicht angedacht“, meint allerdings Richard Gruber, der Vorsitzende des Berufsverbands. „Die Harderbastei ist und bleibt erst mal unser Stammsitz!“ Idee und Einsatz für die Kunstmeile findet er trotzdem „toll, denn eine Ecke, in der Kunst ist, nutzt der anderen Ecke, in der Kunst ist. Und wenn die Maria den Leuten zeigt ,Hey, in Ingolstadt gibt’s was anderes außer Autos und Konsum!‘, dann ist das für alle positiv.“ Gerne werde sein Verband, sagt Gruber, deshalb auch mit Bentz und der „Wir!“-Gruppe kooperieren.

Absolut als Gewinn für Ingolstadt sähe auch der Kulturreferent die Kunstmeile. „Natürlich wäre das eine schöne Sache für die Stadt“, sagt Gabriel Engert, „die Idee finde ich einfach gut!“ Weil das Gebäude aber nicht in städtischer, sondern in staatlicher Hand ist, gehe es nun darum, Gespräche mit dem Freistaat zu führen, von dem letztendlich alles abhänge; gerne, sagt Engert, greife er hier unterstützend ein. Einen offenen Brief an Ministerpräsident Horst Seehofer haben Bentz und ihre „Wir!“-Mitstreiter indes schon geschrieben; gespannt wartet man nun auf die versprochene Antwort.