"Der Notrufknopf war unerreichbar"

26.02.2009 | Stand 03.12.2020, 5:10 Uhr

Vergeblicher Griff nach dem Notrufknopf. Diese nachgestellte Aufnahme ist nur symbolisch, in der Klinik Kösching soll es einer 76-jährigen Patientin aber genau so ergangen sein. - Foto: Rössle

Kösching (DK) Günther Füchsl aus Gaimersheim erhebt schwere Vorwürfe gegen die Klinik Kösching. Jedes Mal, wenn er seine pflegebedürftige Mutter, die Anfang Februar ins Krankenhaus musste, besucht habe, sei der Notrufknopf außer Reichweite der alten Dame gewesen.

Die 76-Jährige leidet an Alzheimer und Parkinson. Sie ist vollständig auf Pflege angewiesen. Als bei seiner Mutter ein Krankenhausaufenthalt nötig wurde, habe er sich für die Klinik Kösching entschieden, erzählt der Sohn. "Weil ich mir in einem kleineren Umfeld eine bessere Versorgung erhoffte." Doch nach seiner Darstellung kam es anders. Füchsl: "Was meine Mutter da erleiden musste, grenzt schon an Körperverletzung." So sei die hilflose, alte Frau nicht nur unzureichend gepflegt worden, auch der Notrufknopf sei immer wieder so hoch gehängt worden, dass ihn seine Mutter nicht habe greifen können. Eine Bettnachbarin soll dem Angehörigen bestätigt haben, dass, wenn man nach der Schwester klingele, es "durchaus zwei Stunden dauern kann, bis sich jemand zeigt".

Privatdozent Dr. Matthias Breidert, Chefarzt der Medizinischen Klinik I des zu den Kliniken im Naturpark Altmühltal gehörenden Köschinger Krankenhauses, weist die Kritik Füchsls als "unangemessen" zurück. Aus der Pflegedokumentation gehe nicht hervor, "dass es irgendwo Probleme gegeben hat". Auch eine offizielle Beschwerde des Sohnes liege der Klinik nicht vor. Alle pflegerischen Maßnahmen seien ergriffen worden. "Die Frau wurde versorgt, wie es sich gehört", sagt Breidert.

Gerade in Kösching hätten Patientenbefragungen immer wieder ergeben, das die Pflegekräfte sehr schnell reagierten. Das Notrufsystem sei unmittelbar mit der Dienst habenden Schwester verbunden. Zwar leide auch Kösching unter den schlechten Rahmenbedingungen und habe, wie alle bundesdeutschen Kliniken, in den letzten Jahren Pflegepersonal abbauen müssen, das Haus unternehme jedoch nicht zuletzt aufgrund der steigenden Belegungszahlen in Sachen Personaleinsatz erhebliche Anstrengungen. 2008 wurden knapp 7800 Patienten stationär in Kösching behandelt, zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Bei Patienten wie der Mutter des Gaimersheimers, die erheblich verwirrt gewesen sei, sei die Frage nach dem Klingelknopf zweitrangig. Denn viele demente Patienten könnten ihn gar nicht betätigen. Die Schwester sehe regelmäßig nach den Patienten.

Der Sohn Günther Füchsl will davon nicht viel mitbekommen haben. Nach vier Tagen hat er seine Mutter nach Hause geholt. Auf die Köschinger Klinik ist er nicht gut zu sprechen: "Dort ist man kein Patient zweiter Klasse, sondern schon klassenlos."