Ingolstadt
Der Nachfrageboom und seine Kehrseite

20.05.2011 | Stand 03.12.2020, 2:48 Uhr

Ingolstadt (DK/kf) Ingolstadt als Wohnort ist beliebt. Zur Freude von Maklern und Bauträgern. Wer hingegen ein Haus kaufen will, braucht einen langen Atem, darf nicht allzu wählerisch sein und muss finanziell gut dastehen. Auch auf Mieten wird sich der begehrte Standort auswirken: Sie werden steigen.

Manchmal liege es auch an der fehlenden Entscheidungsfreudigkeit, gibt Isabel Bald (Name von der Redaktion geändert) unumwunden zu. "Aber eigentlich liegt es daran, das man bei dem Kauf eines Hauses in Ingolstadt extrem viele Kompromisse eingehen muss."

Seit drei Jahren suchen die 42-Jährige und ihr Mann Markus ein Einfamilienhaus. Bislang vergeblich. Auch wenn sie sich einige Objekte angesehen, Immobilienmakler eingeschaltet, auf Anzeigen in der Zeitung und im Internet reagiert haben. Mal hatte der Garten Handtuchgröße, dann war das Haus für den veranschlagten Preis allzu renovierungsbedürftig, die Nachbarhäuser zu nah. Oder aber schon absehbar, dass die Wiese hinter dem Haus, der Blick ins Grüne bald mit neuen Häusern verbaut werden würde.

"Aber es war meist das Preis-Leistungs-Verhältnis, was uns abgeschreckt hat. Ingolstadt ist einfach viel zu teuer für das, was dann geboten wird", erzählt sie. Weitersuchen wird das Paar auf jeden Fall. "Aber wir schätzen bis dahin auch unsere preisgünstige Wohnung in der Altstadt."

Stefan Winkler freut sich natürlich über das derzeit florierende Geschäft mit Häusern, Wohnungen und Grundstücken. Aber der Leiter der Immobilienabteilung bei der Sparkasse Ingolstadt sieht durchaus auch die Kehrseite des Nachfragebooms. "Wenn man gedanklich schon eingezogen ist und dann doch nichts bekommt, ist die Enttäuschung manchmal groß", sagt er. Denn immer öfter gibt es in der Region mehr als einen Interessenten für ein Objekt – und damit zwangsläufig Absagen für potenzielle Kunden. Zumal die Bauträger händeringend auf der Suche nach geeigneten Immobilien seien und dadurch die privaten Häuslebauer noch öfter das Nachsehen hätten.

Winkler steht nicht allein da mit seinem Luxusproblem. Auch Günther Maxien, Inhaber von Tuscher Immobilien in Ingolstadt, "könnte mehr vermitteln" als er hat. Ihm zufolge "können auch Objekte, die viele Jahre nicht verkauft werden konnten, nun wieder an den Mann gebracht werden – auch in schlechteren Lagen", wozu für ihn beispielsweise Immobilien an viel befahrenen Straßen zählen. Und speziell bei Grundstücken sei zumindest in Ingolstadt "kaum noch was Vernünftiges auf dem Markt".

Gründe für die große Nachfrage nach Eigenheimen und Wohnungen in und um Ingolstadt gibt es mehrere. Heinrich Vogl, Leiter der Ingolstädter Sparda-Geschäftsstellen, hat beispielsweise folgende ausgemacht: Das Preisniveau sei hier im Vergleich zu München doch noch etwas niedriger, aber das Einkommensniveau vor allem wegen Audi gleichzeitig ähnlich hoch. "Mehr Substanz für weniger Geld" bedeutet dies für Vogl. Die ICE-Verbindung habe außerdem die Bevölkerung der Region mobiler gemacht, ein Arbeitsplatz in München oder Nürnberg sei damit schnell erreicht, nennt er einen weiteren Grund.

Und als Folge dieses Wachstums seien wiederum die Lücken zu den Vororten oder Ortsteilen Ingolstadts geschlossen worden, so Vogl. Damit seien "die gefühlten Entfernungen kürzer" und die betroffenen Ortsteile beliebter geworden. Nachteil: In der "Zuzugsstadt Ingolstadt" hinke deswegen "die Durchdringung mit Objekten" hinten nach.

Walter Maier, Leiter Immobilien der Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte, ist deshalb überzeugt, dass in Zukunft höhere Preise durchzusetzen sind. Und diese Entwicklung scheint für ihn auch "nachhaltig" zu sein. Neben dem knappen Angebot und den allgemein gestiegenen Kosten begründet er seine Einschätzung auch mit einem Nachholbedarf für Preis- und Mieterhöhungen.

"Die Mieten werden kräftig steigen", schließt sich Vogl dieser Meinung an und liegt damit auch auf einer Linie mit den Aussagen im "Immobilienkompass 2011" des Wirtschaftsmagazins "Capital" (06/11). Dort werden für Ingolstadt in den nächsten zwölf Monaten zumindest für das Westviertel, die Altstadt sowie die Ortsteile Gerolfing, Friedrichshofen, Etting und Haunwöhr, das "Trendviertel im Süden", um zwei bis fünf Prozent steigende Mieten prognostiziert.

"Ingolstadt ist beliebt, und die Nachfrage zieht weiter an", fasst "Capital" zusammen. Davon hat auch Mario Schneider profitiert. Er ging mit seiner Wohnhausbau Schneider GmbH in Buxheim (Kreis Eichstätt) vor zwei Jahren an den Start und ist – nach anfänglichen Schwierigkeiten, Fuß zu fassen – nun voll im Geschäft. Während er in den ersten eineinhalb Jahren acht Objekte im Bereich zwischen Altmühltal, Manching und Vohburg fertiggestellt hat, waren es in diesem Jahr bisher schon sechs.