Ingolstadt (DK) Ruhig blickt Franz Joseph I. aus seinem goldenen Rahmen in den Spiegelsaal der Kolping-Akademie. Er ist Zeuge von unzähligen Hochzeiten, Tagungen, Vorträgen und feierlichen Empfängen in der Schanz geworden. Was aber hat der österreichische Kaiser mit Ingolstadt zu tun
In dem Saal, dessen herrschaftliches Ambiente heute für gediegene Feiern aller Art genutzt wird, speisten einst hochrangige Soldaten. Im Jahr 1873 war die zweistöckige Kapelle des Gebäudes in der Johannesstraße 11, das im 17. Jahrhundert als Priesterseminar gebaut wurde, für diesen profanen Zweck umgebaut worden. Neben dem Kaisergemälde schmückt ein Fries mit Adlern den Raum. Er sollte die bayerischen Soldaten an den Sieg im deutsch-französischen Krieg 1870/71 erinnern und wohl ein bisschen auch die Niederlage gegen die Preußen im Jahr 1866 vergessen machen.
Mit am Tisch im herrschaftlichen Speisesaal saßen stets auch die Offiziere des „Königlich Bayerischen Infanterieregiments Nr. 13, Franz Joseph I., Kaiser von Österreich und Apostolischer König von Ungarn“. Der Habsburger war der so genannte Inhaber des in Ingolstadt stationierten Truppenverbandes. Freilich hieß das nicht, dass der österreichische Kaiser die bayerischen Soldaten ins Feld führte. Tatsächlich ist Franz Joseph I. wohl nie in Ingolstadt gewesen. Allerdings wurde bei feierlichen Anlässen am österreichischen Kaiserhof eine Delegation der „Dreizehner“ aus der Schanz an die Hofburg nach Wien gesandt.
„Mit der Namensgebung wurde der engen Verbindung zwischen den bayerischen Monarchen und dem österreichischen Kaiserhaus Ausdruck verliehen“, erklärt Stadtheimatpfleger Tobias Schönauer. Schließlich war die Frau des Kaisers, die berühmte Sisi, eine bayerische Prinzessin – und die Cousine von Franz Joseph I. Das zweite in Ingolstadt stationierte 10. Infanterieregiment war König Ludwig von Bayern gewidmet. In der Schanz unterschied man deswegen zwischen dem „Apostolischen“ und dem „Königlichen“ Regiment.
Das Ingolstädter Kaisergemälde aus dem Jahr 1901 ist etwas Besonderes. Signiert ist es von dem bekannten Porträtmaler Wilhelm Vita, der viele Habsburger gemalt hat. Ernst Aichner, der einstige Leiter des Bayerischen Armeemuseums, vermutet, dass das Gemälde im Spiegelsaal das einzige ist, auf dem der österreichische Kaiser eine bayerische Uniform trägt. Eben die des Regiments, das seinen Namen trägt. Aichner weiß, dass seine Majestät selbst es in Auftrag gegeben hat, um es den Ingolstädter Soldaten zu schenken. Sogar wo die bayerische Uniform des österreichischen Kaisers abgeblieben ist, hat Ernst Aichner parat. „Die kann man sich im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien anschauen.“
Einst hingen im Spiegelsaal noch zwei weitere Gemälde. Eines zeigte die bayerische Herzogin Anna und das andere den Prinzregenten Luitpold. Die Herzogin wurde allerdings nach München in die staatliche Gemäldesammlung umgezogen, der Prinzregent fiel nach einem Malheur beim Umhängen aus dem Rahmen und harrt jetzt der Restauration.
Wer mit offenen Augen durch Ingolstadt geht, wird weitere österreichische Spuren in der Schanz entdecken. So ist im Münster etwa das rot-weiß-rote Bindenschild zu finden. „Es haben auch einige österreichische Prinzen hier studiert – zumindest waren sie eingeschrieben“, sagt Aichner. Kurzzeitig war er selbst Gastgeber für den Kaiser. Als der Spiegelsaal vor zwölf Jahren umgebaut wurde, war das Gemälde im Armeemuseum zwischengelagert, berichtet Raimund Egger, der Geschäftsführer der Kolping-Akademie. Die ist seit den 1950er Jahren in dem historischen Gebäude in der Johannesstraße 11 untergebracht und koordiniert die Vermietungen des Saales. Der Raum wird gerne für Feste angemietet, für die das Stadttheater zu groß oder die Reitschule zu klein ist.
Aichner hätte das ungewöhnliche Bild damals am liebsten für sein Museum behalten. Dem konnte die Kolping-Akademie allerdings nicht zustimmen. „Das gehört zum Spiegelsaal wie das Amen in die Kirche“, betont Vizevorsitzender Johann Stachel. Er hat eine persönliche Verbindung zu dem Bild. Vor bald 47 Jahren hat er in dem Prunksaal geheiratet. Kaiser Franz Joseph ist damit für ihn also fast ein Trauzeuge.
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