Der falsche Mann

02.02.2009 | Stand 03.12.2020, 5:14 Uhr |

Hilpoltstein/Schwabach (luf) Der Triathlonsport birgt durchaus Risiken. Schnell knickt ein Läufer mal um und holt sich einen Bänderriss oder fährt einen Platten in seine Rennmaschine, von Erschöpfungszuständen ganz zu schweigen. Einziger Trost: Es gibt immer eine nachvollziehbare Ursache. Völlig grundlos fand sich dagegen ein Finisher des Rother Quelle Challenge auf der Anklagebank im Schwabacher Amtsgericht wieder. Zum Glück für ihn sahen Staatsanwalt und Gericht den Irrtum schnell ein und stellten das Verfahren ein – zu Lasten der Staatskasse.

Der 39 Jahre alte Würzburger wurde beschuldigt, beim Überholen auf der Radstrecke das Vorderrad eines anderen Athleten touchiert zu haben. Der stürzte und verletzte sich mittelschwer, unter anderem brach er sich den Ellenbogen. Unfallflucht warf Staatsanwalt Rüdiger Haspl dem Sportler vor, er habe zwar den Sturz seines Kontrahenten bemerkt, aber nicht angehalten und sich auch nach dem Rennen nicht gemeldet. Erst nach langwierigen Ermittlungen sei man auf seine Spur gekommen.

Die führte jedoch völlig in die Irre: Denn ein weiterer Triathlet aus Nürnberg war der einzige Belastungszeuge. Auf einem Zeitungsbild hatte er den Angeklagten wiedererkannt, als Fan am Straßenrand beim Triathlon in Erlangen. "Können Sie ihn heute identifizieren", fragte die Amtsrichterin Birgit Eckenberger – worauf der Zeuge nur ein lang gezogenes "Puh" hören ließ. Der Unfallverursacher habe damals Helm und Sonnenbrille getragen, sagte er entschuldigend. Und eine orangefarbene Jacke, das wisse er genau. Auch wie es passiert ist: in Weinsfeld an einer Engstelle, die gleich eine ganze Gruppe Triathleten passieren wollte. "Das Problem sind die Staffeln beim Quelle Challenge", erklärte er. "Die Radfahrer müssen sich ihre Kräfte nicht einteilen." Und rasen deshalb zum Teil wie die Wilden. Nach dem Sturz sei er wie der Unfallverursacher weitergefahren – "es ist schließlich ein Wettkampf" – doch habe er ihn angesprochen. Der Mann sei daraufhin umgekehrt, habe ihn erst später wieder überholt. Danach tauchte der Mann ab.

So lange, bis das ominöse Bild in der Zeitung auftauchte, die einzige Verbindung zwischen dem Angeklagten und dem Unfall beim Quelle Challenge. Zeuge, Staatsanwalt, Richterin und Verteidiger diskutierten darüber, ob das Foto wirklich den Angeklagten zeigt – bis dieser mit seiner einzigen Wortmeldung der Schmierenkomödie ein Ende setzte. "Ich war an diesem Tag zwar in Erlangen", sagte er, "aber als Sportler." Er habe gefinisht, "das kann man in den Meldelisten nachlesen".

Ratlos schauten sich Eckenberger und Staatsanwalt Haspl an. Dann fragte Eckenberger den Verteidiger des Angeklagten. "Ich nehme an, dass Sie einen Freispruch wollen, oder" Der bejahte – und bekam ihn.

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