Demontage

Von Christian Fahn

16.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:13 Uhr

Das ist kein würdiger Abschied: Horst Seehofer, der große Volkstribun, lässt ein paar dürre Zeilen verfassen und sie dann von der Pressestelle seiner Partei verlautbaren.

Am 19. Januar wird er nicht mehr Parteichef der CSU sein. Er hält es offenbar nicht einmal mehr für nötig, selbst vor die Kameras zu treten, um seine Partei und die Öffentlichkeit zu informieren. Das ist ein Zeichen dafür, wie tief die Verletzungen sind - und dafür, dass Seehofer längst nicht mehr Herr des Verfahrens ist. Er wird Stück für Stück demontiert.

Es ist wenig geblieben von dem einstigen Strahlemann und dem erfolgreichen Politiker, der vor gerade einmal fünf Jahren eine "Koalition mit den Bürgern" eingegangen ist, der einmal als das soziale Gewissen in der Union galt, der wusste, was die Menschen bewegt.

Die Art des Abschieds beschädigt natürlich auch seine Partei und die Bundesregierung. Die Frage, welchen Schaden er in der Bundespolitik noch anrichten wird, lässt sich erst beantworten, wenn klar ist, wann Seehofer auch dem Sessel des Bundesinnenministers räumt. Das wird wohl nicht so bald sein, hat er doch mehrfach anklingen lassen, dass er sich nicht vor dem Abgang seiner Erzfeindin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, zurückziehen würde.

Für die CSU wird der Neuanfang nach dem 19. Januar möglich. Ob es allerdings ein echter Neuanfang wird, darf bezweifelt werden. Im Augenblick läuft alles auf Markus Söder als neuen CSU-Chef zu. Und auch wenn der alles daran setzt, sich von Seehofer zu unterscheiden, ist er seinem Widerpart in vielen Dingen ähnlicher als er glauben macht: Auch Söder gibt sich als der, der dem Volk ganz genau zuhört und dann in dem Sinn agiert, wie er glaubt, dass die Wähler es erwarten. Das gleiche Modell, mit dem Seehofer so grandios gescheitert ist.

Politik lebt eben nicht nur davon, das zu tun, von dem man glaubt, dass es bei den Bürgern ankommt. Es geht auch um Haltung, um Werte und - auch wenn das schwülstig klingen mag - um Verantwortung für dieses Land.