Nürnberg
David besiegt Goliath im Nürnberger Rotbier-Streit

Mit seiner Altstadthof-Brauerei hat Reinhard Engel gegen Tucher einen Sieg vor Gericht errungen

03.08.2021 | Stand 23.09.2023, 20:07 Uhr |
Reinhard Engel gönnt sich zum Erfolg über Tucher natürlich ein Rotbier aus seiner Hausbrauerei Altstadthof. − Foto: Pelke

Nürnberg - Paukenschlag im Rotbier-Streit: In der Auseinandersetzung um die Nürnberger Bierspezialität hat die kleine Altstadthof-Brauerei im Schatten der Kaiserburg gegen die große Tucher-Brauerei offensichtlich einen klaren Sieg vor Gericht errungen. Im Namen des Volkes hat die vierte Kammer für Handelssachen am Landgericht Nürnberg-Fürth durch den Vorsitzenden Richter Jörg Eichelsdörfer nun entschieden, dass Tucher sein Rotbier nicht mehr unter der Bezeichnung "Original Nürnberger Rotbier" anbieten oder in Verkehr bringen darf.

Reinhard Engel strahlt nach dem Urteil über beide Ohren. Zur Feier des Tages gönnt sich der Nürnberger Brauereichef ein "Original Nürnberger Rotbier" aus seiner Altstadthof-Brauerei . "Ich will keinen ewigen Kampf führen. Ich wollte das nur gerade rücken. Nach zwei Jahren reicht es mir auch mit dem Streit. Jetzt nach dem Urteil können wir uns hoffentlich wieder auf andere Dinge konzentrieren", sagt Engel.

"Ich wollte einfach eine traditionelle Bier-Spezialität schützen", sagt Engel über den Streit mit dem großen Konkurrenten. Er erklärt, dass man das Nürnberger Rotbier mit seiner jahrhundertealten Tradition nur schützen könne, wenn mit der Bezeichnung kein Schindluder betrieben werde. Das eigentliche Problem sei seiner Meinung nach gewesen, das sich die Tucher-Brauerei werbemäßig auf die Tradition berufen, aber in Wahrheit das Gegenteil getan habe. Er wolle Tucher beim Bierbrauen keine Vorschriften machen, sagt Engel. Er habe sich "nur" darüber geärgert, dass die vielversprechenden Angaben zum Bier hinten und vorne nicht gestimmt hätten. Mit dem Rechtsstreit habe er verhindern wollen, dass dem Bierkunden "falsche Fakten" suggeriert werden.

"Das macht man einfach nicht", sagt der selbstbewusste Brauer. Der kleine Metzger an der Ecke könne schließlich auch keinen Etikettenschwindel betreiben und Supermarkt-Wurst hinter die Theke in seinen Laden legen. Gegen die seiner Meinung nach falsche Behauptung ist Engel vor Gericht gezogen und hat in dem ungleichen Kampf fast wie bei David gegen Goliath nun Recht bekommen. Neben der Verwendung des strittigen Namens darf die Tucher-Brauerei laut dem aktuellen Urteil auch keine Werbung mehr unter der strittigen Bezeichnung machen. Dass das Tucher-Rotbier "traditionell" hergestellt wird, dürfe der Braukonzern ebenfalls nicht mehr wörtlich oder sinngemäß behaupten. Dagegen wird Tucher nicht explizit verboten, die Herstellung des Rotbiers als "handwerklich" zu bezeichnen. Dieses "Fass" mit der heiklen Frage "Was bedeutet Handwerk heute?" hat das Gericht wohl aufmachen wollen. Allerdings ist die große Tucher-Brauerei dazu verurteilt worden, binnen vier Wochen alle unter der offensichtlich irreführenden Bezeichnung "Original Nürnberger Rotbier" in den Handel gebrachten Produkte aus den Vertriebswegen zurückzurufen. Der Streitwert der Klage wegen irreführender Wettbewerbshandlungen ist auf stolze 450.000 Euro festgelegt worden.

Ein Sprecher der Tucher-Brauerei teilt auf Anfrage, dass man den Richterspruch "selbstverständlich" das Urteil zur Kenntnis genommen habe. "Dazu werden wir uns nun erst noch einmal beraten, ob wir in Berufung gehen möchten oder auch nicht", erklärt der Sprecher weiter. Die Beratungen hierzu seien noch nicht abgeschlossen.

Luftsprünge will Reinhard Engel nach dem relativ eindeutigen Urteil aber trotzdem nicht machen. Durch den Erfolg vor Gericht verkaufe er kein einziges Bier mehr, sagt Engel. Er wolle ebenfalls nicht verhindern, dass andere Brauereien auch das Nürnberger Rotbier brauen. Davon hätte seine kleine Brauerei auch nichts, so Engel. Ihm sei es allein ums Prinzip, Redlichkeit, Qualität und Tradition gegangen. Bleibt abzuwarten, wie die Tucher-Brauerei auf das Urteil reagiert und der Streit womöglich in der nächsten Instanz weitergeht.

HK

Nikolas Pelke

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