Neuburg
Das Wohnhaus als kleines Kraftwerk

Fachtagung in Neuburg: Neue Bauformen und Herausforderungen der Zukunft

16.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:13 Uhr
Kritischer Blick auf Neuburg; Professor Manfred Norbert Fisch gehörte zu den Referenten bei der sechsten Fachtagung in der Kreisstadt. Am Nahwärmenetz der Stadt ließ er dabei kein gutes Haar. −Foto: Janda

Neuburg (sja) Die Zukunft des Wohnungsbaus steht wohl ganz im Zeichen der Energieerzeugung.

Bei der sechsten Fachtagung in Neuburg beschäftigten sich Experten daher mit sogenannten Plusenergiesiedlungen. Mehrere Hundert Gäste von Fachfirmen und Behörden sowie aus der Politik waren gekommen.

Einfacher wird der Bau des Eigenheims in Zukunft sicherlich nicht werden. Das lässt sich nach der Fachtagung im Neuburger Marstall definitiv sagen. Statt dem relativ einfachen Prinzip mit vier Wänden und einem Dach sollen Wohngebäude künftig eher kleinen Kraftwerken ähneln - samt Tankstelle für E-Autos. Was für Laien recht utopisch klingt, ist zum Teil bereits Realität, nämlich in Form der sogenannten Plusenergiehäuser. Dabei handelt es sich um Gebäude, die mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen. "Angesichts unseres heutigen Verbrauchs ist es unglaublich wichtig, dass wir Energie sparen", erklärte Birgit Bayer-Kroneisl von der städtischen Stabsstelle für Umwelt, die mit ihrem Team die Tagung organisiert hat. Die Expertin geht davon aus, dass solche Plusenergiehäuser in Zukunft zum Standard werden könnten. Daher sei es naheliegend gewesen, diese Bauform als Thema für die mittlerweile sechste Fachtagung in Neuburg zu wählen.

Das Interesse dazu war erneut groß. Neben mehreren stellvertretenden Bürgermeistern aus der Region sowie Experten aus Verwaltung und Energiebereich waren auch zahlreiche Architekten gekommen, um den Vorträgen zu lauschen. In deren Fokus standen neben dem Prinzip eines Plusenergiehauses auch erste Beispiele aus der Nachbarschaft sowie konkrete Anwendungsmöglichkeiten für die öffentliche Hand.

In Neuburg ist das Thema längst auf der Tagesordnung. "Die Stadt fördert den Bau von Plusenergiehäusern", so Bayer-Kroneisl. Gleichzeitig würde ein Bauherr mit einem solchen Gebäude bereits einen großen Teil der Voraussetzungen erfüllen, um billiger an ein städtisches Grundstück zu kommen. Laut Oberbürgermeister Bernard Gmehling geht es dabei beim Kaufpreis immerhin um eine Ersparnis von 20 Euro pro Quadratmeter - ein stattlicher Anreiz, fand der CSU-Politiker in seiner Begrüßungsrede.

Bei der Energiewende sieht Gmehling seine Stadt auf dem richtigen Weg. "Wir sind mit dem Ausbau der Nahwärme gut unterwegs", so der OB, der dadurch eine deutliche Einsparung beim CO2-Verbrauch erwartet. "Daher müssen wir diesen Weg weitergehen", so Gmehling.

Das könnte im geplanten Baugebiet im Heckenweg tatsächlich der Fall sein. "Wir haben das Thema auf dem Schirm", erklärte der Dritte Bürgermeister Johann Habermeyer (FW), zugleich Baureferent des Stadtrats. Neben dem Anschluss an die Nahwärmeversorgung - womöglich auch für eine Einspeisung - ist aus seiner Sicht auch ein Konzept denkbar, das die Energiegewinnung dort optimiert. "Im Laufe des Verfahrens müssen wir sehen, was genau funktionieren kann. "

Ob der Neuburger Weg mit einem gut ausgebauten Nahwärmenetz der richtige ist, bezweifelte allerdings schon der erste Fachreferent. Manfred Norbert Fisch, Professor für Bauphysik und Gebäudetechnik an der Technischen Universität in Braunschweig, gilt als ausgewiesener Experte für Plusenergiehäuser und ist als solcher davon überzeugt, dass Wärmegewinnung schon in einigen Jahren eine überholte Technik sein wird. "2050 werden wir alles nur noch über Strom betreiben", so seine Einschätzung. Die Ziele der Bundesregierung zur Einsparung von Kohlenstoffdioxid in den nächsten Jahren seien auf diese Weise nicht zu erreichen. "Da wird euch die Wärme in eurer schönen Stadt nicht helfen", so Fisch.