Essing
"Das muss raus, sonst z'reißt's mich"

Essinger Autorin Marion Stadler veröffentlicht Heimatkrimi

27.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:10 Uhr
Realität trifft Fiktion: Die Schauplätze, an denen sich Marion Stadlers Romanfiguren tummeln, gibt es wirklich. So etwa auch die Bank mit Blick auf Altessing, die in ihrem neuen Heimatkrimi "Preißnmörder" eine wichtige Rolle spielt. −Foto: Schmied

Essing (DK) Eine Tote, die niemand vermisst, ein Zugezogener, den keiner leiden kann, und eine resolute Kommissarin, die ihre Schäfchen zur Räson bringen muss: Das sind die Zutaten für Marion Stadlers Heimatkrimi "Preißnmörder". Die Essinger Autorin veröffentlicht damit bereits ihr zweites Buch - und weitere Teile liegen schon in der Schublade.

Es ist ein Wort, das schon beim Lesen für Verwirrung sorgt. Ein Fachausdruck, den man im Alltag wohl kaum benutzt. Eine Buchstabenfolge, bei der man beim Schreiben höllisch aufpassen muss, dass man sich nicht verhaut: Ösophagusvarizen. Marion Stadler kommt der Begriff flugs über die Lippen, geradeheraus, ohne Zögern. Kein Wunder, hat sie Ösophagusvarizen in den vergangenen Wochen doch ziemlich oft gesagt. Dabei kennt sie das Wort selbst erst ein paar Monate. In der Verwandtschaft hat die Autorin aus Essing einen Mediziner, dem sie einige Abschnitte ihres zweiten Romans "Preißnmörder" zum Lesen gegeben hatte. Besonders jenen, in dem die Protagonistin, Kommissarin Mary Spangler, mit ihrem Kollegen beim "Leichendok" ist und es um den Obduktionsbericht geht. "Ich habe mir viele Bücher über Gerichtsmedizin gekauft und mich eingelesen, weil mich das wahnsinnig interessiert." Und auch, weil sie ihren zweiten Heimatkrimi noch authentischer gestalten wollte als ihr Erstlingswerk "Bayernhymne". Und dann kam der Tipp des Arztes aus dem Familienkreis: Krampfadern in der Speiseröhre, verursacht durch regelmäßigen, übermäßigen Alkoholkonsum, die mitunter dazu führen, dass der Betroffene innerlich verblutet. Wegen der Ösophagusvarizen halt.

Eben jene stellt der Gerichtsmediziner beim Opfer fest: Barbara Bögerl, wohnhaft in Essing, in einem heruntergekommenen Haus in zentraler Lage, gemieden von den Nachbarn, Alkoholikerin. Über ihr Ableben wundert sich die Dorfgemeinschaft im Heimatkrimi Stadlers daher nicht sonderlich. Früher oder später hätte es die Betti eh erwischt bei ihrem liederlichen Lebenswandel. Und doch: Es war Mord. Kommissarin Spengler muss ein zweites Mal in ihrem Heimatort ermitteln. Vier Männer geraten dabei ins Visier, jeder hätte ein Motiv. Auch der Nachbar von der Betti, ein Zugezogener, der von den Ortsansässigen nur als "der Preiß" betitelt wird.

"Es fühlt sich total gut an", antwortet Marion Stadler auf die Frage, wie es ist, nun bereits ihr zweites eigenes Buch in Händen zu halten. In ihrem Erstlingswerk "Bayernhymne", das im vergangenen Jahr erschien und sich bereits über 1000-mal verkauft hat, hatte sie den Essinger Babymord aus dem Jahr 2000 literarisch aufgearbeitet. Mitte September schickte sie dann das Manuskript für die Fortsetzung an den Verlag. "Zwei Tage später kam die Zusage." Die Altessingerin freut sich noch immer, dass es so schnell gegangen ist. Damit habe sie nicht gerechnet. Gemeinsam mit ihrem Lektor ging es dann an den Feinschliff, dann in den Druck, dann Mitte März auf den Markt. Über Weihnachten saß sie darum viel vorm Computer, verrät die Autorin. "Am 1. Januar sollte das Buch zum Setzen" benennt sie ihren Ansporn.

Aber warum muss eigentlich die Betti dran glauben? "Sie habe ich schon im ersten Buch als Figur eingeführt, darum war sie noch so präsent", sagt Marion Stadler. Die ersten Gedanken für einen neuen Fall drehen sich um die Frage, wer denn ein geeignetes Opfer abgibt, meint die Autorin mit einem Augenzwinkern. Ist das Urteil gefallen, überlege sie, wie das Umfeld des oder der Auserwählten aussieht, welche Beziehungen es gibt, welche Lebensumstände. "Und dann denke ich darüber nach, wie der Mord passieren könnte." Zu diesem Zeitpunkt habe sie oft noch keine Idee, wer der Mörder ist. "Das ergibt sich beim Schreiben aus dem Bauch heraus. Da überlege ich viel hin und her, fange an, füge ein und schmeiße wieder um." Überhaupt sei der Fall sehr wichtig, betont Marion Stadler, aber: "Meine Protagonistin soll nicht nur funktionieren, sondern auch ein Mensch sein. Darum geht es auch um ihre Geschichte. Das macht sie für den Leser sympathisch."

Ecken und Kanten sind ihr bei der Gestaltung ihrer Figuren wichtig. "Jeder Charakter hat etwas anderes, über das sich der Leser amüsieren kann", beschreibt Marion Stadler. Kommissarin Mary Spangler etwa hat nicht nur die Bayernhymne als Klingelton, sondern flucht auch mit Leidenschaft vor sich hin. Ihre Schwester flirtet für ihr Leben gern. Ihr Schwiegervater, von allen Opa genannt, stellt täglich seinen Hang zum Tratsch und seine Sturheit unter Beweis. Verwoben ist ihr Schicksal mit Orten, die es nicht nur im Buch, sondern auch tatsächlich in und rund um Essing gibt.

Ständig schwirren ihr neue Ideen im Kopf herum, die sie dann zu Papier bringt, sagt Marion Stadler. "Das muss raus, sonst z'reißt's mich", meint sie und lacht herzlich. Kein Wunder, dass noch viele weitere Teile in der Schublade schlummern. Wobei: "Der dritte liegt schon im Verlag. Aber ich hab gesagt, sie können sich jetzt ruhig Zeit lassen mit der Veröffentlichung", meint sie mit einem Zwinkern. Rohversionen gebe es bei ihr daheim für weitere Bücher, verrät die Autorin. Sie würde sie aber gerne noch etwas ruhen lassen, bevor sie weiter daran feilt. Ihr Lektor habe ihr bestätigt, dass ihr Schreibstil aber schon gereift sei, freut sich Marion Stadler. "Mir ist wichtig, dass sich Mary und ihr Privatleben weiterentwickeln, dass es keinen Stillstand gibt."

Still wird es bei ihr selbst die nächste Zeit wohl ebenfalls nicht werden. Einige Lesungen hat Marion Stadler schon gegeben, etwa in Kelheim oder Breitenbrunn. Mit dem "Preißnmörder" kommt sie am Dienstag, 28. Mai, nach Kösching ins ehemalige Klostergebäude. Beginn ist um 19.30 Uhr. Der Heimatkrimi, ISBN 978-3-95587-753-8, ist im SüdOst Verlag erschienen und für 16,90 Euro in allen Kelheimer Buchläden sowie online erhältlich.

Kathrin Schmied