Wolnzach
Das letzte Puzzleteil fehlt immer noch

Heiße Spur verläuft im Sand: Suche nach dem Aufenthaltsort von Charles Deleporte geht weiter

25.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:09 Uhr
Als heiße Spur erschien dieses Foto, das auf dem "Lampnerhof" in Larsbach entstanden ist und Irmgard Ismann gehört. Ihrer Erinnerung nach hieß einer der Kriegsgefangenen in der vorderen Reihe Charles. Laut Rückmeldung der Familie handelt es sich aber nicht um Charles Deleporte. −Foto: privat

Wolnzach (WZ) Auf welchem Hof in oder in der Nähe von Larsbach hat sich zwischen 1940 und 1945 der französische Kriegsgefangene Charles Deleporte aufgehalten? Die Geschichte rund um diese Frage hat vor einigen Wochen unsere Zeitung veröffentlicht und sie hat offensichtlich viele Leser bewegt: Mehrere Rückmeldungen sind nach Erscheinen des Artikels in unserer Redaktion eingegangen, darunter versprach eine alte Schwarz-Weiß-Aufnahme sogar eine ausgesprochen heiße Spur. Dass diese letztlich nicht zum erhofften Ziel führte - nämlich zu dem Hof, auf dem Deleporte arbeitete - ist für die Suchenden zwar enttäuschend, aber kein Grund aufzugeben. Sie wollen immer noch das letzte fehlende Puzzleteil finden.

Mit diesem will der Franzose Philippe Deleporte eine Lücke in seiner Familienchronik schließen: Vor über einem Jahr hatte er sich auf die Suche gemacht, wollte wissen, wo genau in Bayern sein inzwischen verstorbener Vater Charles in Kriegsgefangenschaft lebte. Alles, was er hatte, waren bruchstückhafte Informationen und zwei alte Bilder, die seinen Vater mit anderen Kriegsgefangenen vor einer Gastwirtschaft zeigen. Es begann eine abenteuerliche Suche, bei der Deleporte in Deutschland das Ehepaar Gundula und Wilhelm Habelt aus der Nähe von Ansbach kennenlernte, das ihn seitdem tatkräftig unterstützt. Ihre Odyssee führte nach einigen Irrwegen im Sommer nach Larsbach (WZ berichtete). Dort sind vor dem Gasthaus Huber nachweislich die beiden Fotos entstanden.

Dass dort im Zweiten Weltkrieg tatsächlich französische Kriegsgefangene untergebracht waren, weiß die heutige Huberwirtin Rita Hölzl aus Erzählungen: "Die Franzosen haben bei uns oben im Saal geschlafen." Selbst gut daran erinnern kann sich Irmgard Ismann aus Niederlauterbach. Als die 83-Jährige den Bericht in unserer Zeitung gelesen hatte, fiel ihr sofort ein altes Bild aus dem Nachlass ihres verstorbenen Vaters ein. Er war damals auf dem "Lampnerhof" in Larsbach gegenüber des Huber-Wirts als Verwalter tätig. Morgens und abends musste er den Saal, in dem die Kriegsgefangenen schliefen, auf- und zusperren. "Und er musste zählen, ob alle da sind." Irmgard Ismann durfte als kleines Mädchen manchmal vor oder nach der Schule mitgehen und hat noch die vielen Schuhe, die vor dem Saal standen, vor Augen. Und an noch etwas kann sie sich erinnern: dass unter den Kriegsgefangenen ein Franzose namens Charles war. Dieser ist ihren Erinnerungen zufolge auch auf ihrem alten Foto. Entstanden ist es auf dem "Lampnerhof" (heute Familie Abeltshauser) in Larsbach, auf dem vermutlich drei Kriegsgefangene im Arbeitseinsatz waren. Ist einer der Männer auf dem Bild tatsächlich Charles Deleporte? Mit dieser Frage hat das Ehepaar Habelt das Foto umgehend an Philippe Deleporte weitergeleitet. Die Hoffnung, dass er einen der abgebildeten Kriegsgefangenen als seinen Vater identifizieren kann, sollte sich aber nicht erfüllen: Charles Deleporte sei nicht auf dem Foto, so die negative Antwort. "Da waren wir schon etwas enttäuscht", gibt Gundula Habelt zu. Zu schön wäre es gewesen, das Rätsel gelöst zu haben.

Auch andere Zeitzeugen haben Erinnerungen an die französischen Kriegsgefangenen in Larsbach, zum Beispiel Georg Haimerl. Der 90-Jährige, der heute in Förnbach lebt, arbeitete als Jugendlicher mit den Franzosen als Erntehelfer auf zwei Höfen und hat dabei auch einige Brocken Französisch gelernt. An Namen kann er sich aber nicht mehr erinnern. Besonders beeindruckt habe die Dorfkinder, dass die Franzosen sonntags Boule spielten und auch mal für eine Gaudi zu haben waren.

"Wir haben immer noch Hoffnung, dass der Hof gefunden wird", sagt Gundula Habelt und spricht damit im Namen von Philippe Deleporte. Was er aus den Erzählungen seines Vater weiß, ist, dass dieser auf dem besagten Hof sehr gut behandelt wurde. Außerdem sollen zwei, drei oder gar vier Männer der Familie dort gefallen oder gestorben sein. Die Suche geht also weiter, auch mit Unterstützung zweier erfahrener Geschichtsinteressierter und Heimatforscher, Ernst Rüttel aus Windsbach und Ludwig Lohr aus München, mit denen die Habelts in Kontakt kamen und die das Projekt bereits mit viel Fachwissen und guten Kontakten voranbrachten. Auch Rudi Pfab vom Historischen Cirkel Wolnzach wurde inzwischen ins Boot geholt.

Jetzt hofft das Ehepaar Habelt, in Archiven fündig zu werden. So könnten seiner Meinung nach vielleicht Listen Aufschluss geben, in denen die Arbeitskommandos der Kriegsgefangenen genauer mit Adresse beschrieben sind. Die Nummer von Deleportes Arbeitskommando ist bekannt, sie ist in einer Liste des damaligen Landratsamts Mainburg verzeichnet. Laut dieser hielt sich Charles Deleporte von 1941 bis 1945 in der damaligen Gemeinde Rudertshausen auf, zu der Larsbach vor der Gebietsreform gehörte - eine genaue Adresse ist daraus aber nicht ersichtlich. Auch alte Meldeunterlagen könnten zum Ziel führen, hoffen die Suchenden. Sollte jemand Hinweise geben können, kann er sich bei unserer Zeitung melden unter Telefon (08442) 9626012.
 

Katrin Rebl