Ingolstadt
Das ist die Höhe

Eigentümer will Miete wieder massiv erhöhen – Bewohner eines Blocks wehren sich

22.03.2013 | Stand 03.12.2020, 0:21 Uhr

Die Mieterfluktuation in den Wohnblöcken an der Rheinbergerstraße ist laut Anwohnern sehr hoch. Viele wollen die zweite 20-prozentige Mieterhöhung in drei Jahren nicht mitmachen. Bezahlbare Wohnungen finden sie aber auch woanders derzeit kaum - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Seit ein neuer Eigentümer ihre Hochhaussiedlung im Ingolstädter Nordwesten übernommen hat, sollen die Mieter nach drei Jahren nun erneut 20 Prozent mehr für ihre vier Wände zahlen. Sie fühlen sich über den Tisch gezogen und wehren sich mit einer Unterschriftenliste.

Die Kaffeerunde ist ausgelassen. Die vier Damen an dem großen Esstisch reichen sich Teller mit Kuchen und lachen. Man kennt sich seit Jahren. In einem großen Wohnblock, wie ihrem im Ingolstädter Nordwesten, ist das längst nicht mehr selbstverständlich. Doch sie schwören auf die gute Nachbarschaft. Mehr denn je vielleicht. Man müsse zusammenhalten.

Wer genau hinhört, der wird in dem vermeintlich lustigen Gespräch schnell entdecken, dass es kein Klatsch und Tratsch ist. Mit viel Ironie versuchen die Frauen zu beschreiben, was ihren Familien als Mieter in den vergangenen Jahren widerfahren ist. „Wenn bei uns im Bad eine Fliese einfach von der Wand fällt, bekommen wir eine Neue. Eine! Ich habe schon drei verschiedene Farben“, erzählt eine Mieterin. Und fügt an: „Das lässt sich nur mit Galgenhumor verarbeiten!“

Ihren Namen möchte sie wie die anderen lieber nicht in der Zeitung lesen. Unter dieser Bedingung waren die Frauen bereit, ihr Herz auszuschütten. Auch die anderen haben Geschichten wie die Fliesenepisode erlebt: von schimmelnden Ecken unter dem undichten Flachdach bis hin zu anlaufenden Fenstern. Und immer seien sie selbst schuld – sage zumindest die Hausverwaltung des neuen Eigentümers. „Davor hat es aber nie was gegeben“, sagen die Frauen wie aus einem Mund.

Sie leben seit Jahrzehnten in dem Block mit rund 350 Parteien, die auf die Hausnummern 1 bis 23 verteilt sind. Von der Neuen Heimat über die WSB Bayern sind sie bei einem Stuttgarter Immobilienkonzern als Eigentümer gelandet. Seit dem Verkauf 2007 flattere ihnen unangenehme Post ins Haus. Nach dem 1. Januar 2010 sollten zum 1. Januar 2013 erneut die Mieten um 20 Prozent steigen, wie es Paragraf 585 BGB unter bestimmten Bedingungen erlaubt. „Aber nicht mit uns! Die übertreiben es!“ Die vom Eigentümer – mangels eines offiziellen Mietspiegels – angeführten „Vergleichswohnungen“ in der Nachbarschaft mit höherer Miete seien keinesfalls vergleichbar (weil zum Beispiel modernisiert), hätten sie vom Mieterbund erfahren. In kürzester Zeit seien nun rund 150 Unterschriften gesammelt worden, die mit der Bitte um Unterstützung im Rathaus landeten. Doch das Antwortschreiben des OB fiel für sie ernüchternd aus: Er sei nur für die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft zuständig, nicht für private Immobilienträger.

Die für sie „überzogene Mieterhöhung“ wollen die Frauen aussitzen, wie ihnen auch der Mieterbund geraten hat. „Wir zahlen normal weiter.“ Dabei sehen sie höhere Mieten durchaus ein. „2009 ist die Außenwand gedämmt worden, danach mussten wir rund 40 Euro mehr im Monat zahlen. Aber das ist okay. Es ist ja was gemacht worden. Das hilft uns auch“, sagt eine Mutter von drei Kindern. Ansonsten sei die Wohnung auf dem Stand von vor 40 Jahren. „Jeden Hahn, jede Spülung, jeden Boden haben wir selbst gekauft. Sonst wäre noch PVC drin.“