München
Corona beutelt die Kommunen

Angesichts der Zusatzbelastungen muss heftig gespart werden. Nur wo - außer bei Bauprojekten?

22.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:36 Uhr
Die Schlüsselzuweisungen für die Kommunen stehen fest. In den Kreis Neuburg-Schrobenhausen fließen 32 Millionen Euro. −Foto: Janda

München - Bayerns Kommunen befinden sich finanziell auf einer Rutschpartie nach unten.

Insgesamt sinken heuer ihre Einnahmen laut einer Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Landtag wegen Corona um 3,15 Milliarden Euro. Zwar kompensieren Bund und Freistaat davon 2,4 Milliarden, trotzdem bleibt ein Loch von 755 Millionen Euro. Für 2021 wachse das Defizit laut Ministerium auf 1,5 Milliarden Euro, für 2022 sogar auf 1,8 Milliarden Euro. Wie viel Ressortchef Albert Füracker (CSU) dann noch erstatten wird - ungewiss.

Das wird nicht ohne Einsparungen abgehen. Sowohl Städtetagsvorsitzender Markus Pannermayr wie Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (beide CSU) kündigten dies an und verwiesen vor allem auf die Sozialausgaben, die in den vergangenen Jahren stark gestiegen seien. Manches davon werde man sich künftig wohl nicht mehr leisten können. Nun sind Sozialausgaben aber in der Regel sogenannte Pflichtaufgaben - das heißt, die Kommunen sind verpflichtet, sie zu gewähren. Dazu gehören beispielsweise die Personalkosten - die aufgrund des jüngsten Tarifabschlusses mit Einkommenssteigerungen von bis zu 4,5 Prozent ohnehin ein harter Brocken für die Kämmerer werden. Nicht gestrichen werden darf auch bei den Kosten der Unterkunft für Empfänger von Hartz-IV-Leistungen.

Diskutiert wird nun in den kommunalen Spitzenverbänden vor allem, Angehörige von Pflegeheimbewohnern stärker zur Kasse zu bitten. An den bisherigen, aus ihrer Sicht zu hohen Freibeträgen hatten sich viele Kommunalpolitiker schon länger gestört - unter anderem Christian Bernreiter (CSU), der Präsident des Bayerischen Landkreistags. Möglich wären noch Streichkonzerte bei diversen, gesetzlich nicht vorgeschriebenen Vergünstigungen - etwa der kostenlose Eintritt ins Freibad oder die freie Fahrt mit dem ÖPNV, wie es vielerorts Arbeitslose und andere Bedürftige noch genießen. Auch Unterstützungen für die zahlreichen Vereine sind als Ausgaben nicht in Stein gemeißelt.

Freilich finden nicht alle Rathauschefs Streichungen bei den freiwilligen sozialen Leistungen gut - unter anderem der Ingolstädter OB Christian Scharpf (SPD): "Der gesellschaftliche Schaden wäre größer als der finanzielle Nutzen", glaubt der Schanzer.

Vielerorts geht es deshalb zunächst an die diversen Bauprojekte. Allerdings können da auch nicht alle Maßnahmen herangezogen werden. Kita-Neubauten etwa lassen sich nicht aussetzen, weil die Eltern einen Rechtsanspruch auf Betreuungsplätze haben und es dafür eben neue Gebäude braucht. Bleibt nur das Nice-to-have.

Bis 2024 wird sich der Schuldenstand der Landeshauptstadt auf 5,7 Milliarden Euro erhöhen. München muss in seinem Nachtragshaushalt für 2020 mit einem Minus von 726 Millionen Euro zurechtkommen. Dadurch fällt laut Kämmerei etwa das geplante Isarflußbad weg, ebenso der Bau der Tunnel der Landshuter und der Schleißheimer Straße und die Sanierung der Olympia-Regattaanlage. Bis auf weiteres geschoben wird die geplant 156 Millionen Euro teure Sanierung des Stadtmuseums. Obendrein soll die Hälfte der jährlich durch Fluktuation wegfallenden 2500 Stellen nicht wieder besetzt werden. Die Feuerwehr wiederum muss mit rund fünf Millionen Euro weniger auskommen.

Nicht viel erfreulicher schaut die Lage in Augsburg aus. Die Sitzungssäle im Rathaus sollten eigentlich saniert und umgebaut werden. Damit verknüpft ist auch eine Verlagerung der Seminarräume der Stadt- und Führungsakademie (bisher im Rathaus) sowie der Umbau eines sogenannten Fürstenzimmers im Rathaus - zusammen rund 6,3 Millionen Euro teuer. Das soll nun um drei bis vier Jahre verschoben werden, so Kämmerer Roland Barth. Ebenfalls verschoben wird in der Fuggerstadt die 3,2 Millionen Euro teure Sanierung des Römischen Museums/Dominikanerkirche um vier Jahre.

Nürnberg wiederum muss auf den geplanten neuen Konzertsaal verzichten - 200 Millionen Euro sollte dieser kosten, die Hälfte davon hätte die Frankenmetropole selbst stemmen müssen. Diese Mittel habe man nicht mehr, so Oberbürgermeister Marcus König (CSU). Ob und wann das Mega-Autobahnprojekt Frankenschnellweg fertig wird, dürfte jetzt auch fraglich sein. Vermutlich ist man in Nürnberg heimlich ganz froh darüber, dass zumindest aus dem teuren Renommee Kulturhauptstadt Europas 2025 nichts geworden ist.

DK

Andre Paul